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Der schockierende (und tiefe) Staat im Rechtsstaat

Was ist nur los in der Justiz? Vor allem die Staatsanwaltschaft wird zu einem Grundproblem des Rechtsstaates. Aber fast niemand traut sich das laut zu sagen, hat doch jeder Angst vor ihr. Können die Staatsanwälte doch völlig konsequenzenlos über viele Jahre Menschen ganz ohne Gerichtsurteil verfolgen und damit Existenzen de facto vernichten. Einen starken, mutigen und justizerfahrenen Minister, der da als einziger durchgreifen könnte, haben wir ja schon sehr lange nicht gehabt. So wird der tiefe Staat im Staat immer tiefer.

Wieder einige neue Beispiele, die einen besorgt den Kopf schütteln lassen.

  1. Etwa über die Vorgeschichte eines soeben zuende gegangenen Prozesses in Klagenfurt: Drei Jahre lang hat die Staatsanwaltschaft fünf Bankmanager wegen eines Formaldelikts verfolgt (sie haben dem Aufsichtsrat keinen Sonderbericht über die Kündigung einer Kreditlinie erstattet). Die Staatsanwaltschaft hat es dabei dennoch unterlassen, einen Sachverständigen beizuziehen. Sie hat durch die Verfolgung den Beschuldigten einen Riesenschaden zugefügt. Diese hatten in dieser Zeit keine Chance auf einen passenden Job. Sie haben zusätzlich gewaltige Verteidigungskosten, die sie nie zurückbekommen werden.
    Jetzt aber sind alle Angeklagten freigesprochen worden. Die Richterin (die sehr wohl einen Sachverständigen beigezogen hatte) fällte den Freispruch ausdrücklich nicht im Zweifel, sondern in "voller Überzeugung". Diese Formulierung ist wohl die lauteste Ohrfeige, die ein Richter einem Staatsanwalt geben kann.
    Die Staatsbürger sehen erneut eine verbreitete Einschätzung bestätigt: Während die Staatsanwälte wachsendes Desinteresse an Gewalttätern zeigen, bei diesen immer öfter auf Untersuchungshaft verzichten, forcieren sie zugleich voll Eifer einen ideologischen Klassenkampf. Sie setzen dabei die überaus scharfen Waffen der Strafprozessordnung gegen alle Wirtschaftstreibenden ein, die das Pech einer schlechten Geschäftsentwicklung hatten. Seit Karl Marx bekanntes Motto: Unternehmertum ist Verbrechen.
    Freilich: Woher sollen es Staatsanwälte auch anders wissen? Sie kriegen ja auch ohne unternehmerisches Risiko jeden Monatsersten ihr sicheres Gehalt. Und sie haben in ihrer ideologischen – oder nur weltfremden? – Gesinnung zugleich fast unbegrenzte Mittel, um Existenzen zu vernichten, ohne dass ein Richter jemals das Wort "schuldig" sprechen müsste.

  2. Die Staatsanwälte sind auch oft seltsam selektiv bei der Verfolgung von potenziellen Wirtschaftsdelikten. Da hat man beim Buwog-Prozess ein erstaunliches Vorhaben mehrerer Involvierter erfahren. Es war – zumindest – geplant, dass die Stadt Linz das Genehmigungsverfahren für ein Bauprojekt der Buwog zwei Jahre verzögert, damit das Konkurrenzprojekt der (nicht gerade SPÖ-feindlichen) Porr einen unaufholbaren Vorsprung bekommt. Das wäre immerhin das Verbrechen des Amtsmissbrauches. Das Porr-Projekt (bei dem Schmiergeld geflossen sein soll) war in der Tat binnen sechs Wochen genehmigt.
    Gewiss ein wilder Vorwurf. Aber vorsichtig ausgedrückt kein ganz absurder. Haben doch schon viele Österreicher erlebt, wie Magistrate ein Bauverfahren unendlich in die Länge ziehen, wenn es nicht gelingt, sie – sagen wir: freundlich zu stimmen.
    Jedoch: Im Gegensatz zu allen Vorwürfen, die bürgerliche Politiker oder Institutionen treffen, gibt es keinerlei Hinweise, dass die Staatsanwaltschaft in acht(!) Jahren Erhebungen dem Vorwurf gegen die (zufälligerweise SPÖ-regierte Stadt) irgendwie nachgegangen wäre. Sicher nur ein Versehen …

  3. Auch in einem weiteren Fall ist ein unglaubliches Agieren der Staatsanwaltschaft zum Glück an einem energischen Richter zerschellt. Die StA hat einen Justizwachebeamten vor Gericht geschleppt, weil er unerlaubt im Justizvollzugssystem die Daten und das Photo einer flüchtigen Verbrechers nachgeschaut hat, um Ausschau nach ihm zu halten. Das war dessen ganzes "Delikt". Der Richter hat völlig zu Recht erkannt: "Wenn der Geflüchtete tatsächlich mit Hilfe des Inspektors geschnappt worden wäre, wäre er das Aushängeschild eines Beamten, der über den Tellerrand blickt."
    Dieser Prozess ist leider in seiner Absurdität nicht untypisch: Er hat trotz des nunmehrigen Freispruchs große finanzielle und vor allem emotionale Kosten für den Angeklagten ausgelöst – und noch größeren Kosten für die Republik, wenn man all die dafür sinnlos aufgewendeten Arbeitsstunden wirtschaftlich berechnen würde. Zugleich dröhnen uns die Justizmitarbeiter die Ohren voll, dass sie unmöglich etwas einsparen können.
    Wie wäre es mit dem Verzicht auf solche Prozessführungen?

  4. Absolut kein Interesse hat die Staatsanwaltschaft hingegen an vielen Vorgängen rund um die Gemeinde Wien.
    - Da gibt es keinerlei Aktionen der Strafverfolger rund um die zum Himmel stinkende Genehmigung des Hochhauses neben dem Konzerthaus.
    - Da haben die "Spenden" der Bauindustrie an Vereine des Planungssprechers der Wiener Grünen keinerlei wahrnehmbare staatsanwaltliche Aktivitäten ausgelöst.
    - Da wird jetzt ein städtisches Bauprojekt in der Donaustadt bekannt, vor dessen Baubeginn 100.000 Euro für eine "Mediation" ausgegeben worden sind. Jedoch sind die Aktivitäten der Mediatorin nur einen Bruchteil dieses Betrags wert gewesen (Höhepunkt war eine einzige Veranstaltung mit 50 Teilnehmern). Aber das sollte man nicht so eng sehen, ist die Mediatorin doch die Tochter einer SPÖ-Gemeinderätin. Was ja auch einen Wert darstellt …

  5. Noch ein Staatsanwalt macht einen derzeit sprachlos, allerdings ist es in diesem Fall ein amerikanischer. Der US-"Sonderermittler" Robert Mueller führt eine Monstererhebung gegen Donald Trump weiter, obwohl er jetzt offiziell eingestehen hat müssen, keine Beweise gegen Trump zu haben. Obwohl von Anfang an die Absicht Trumps, die unter Vorgänger Obama völlig verfahrenen Beziehungen zu Russland wieder zu verbessern, eigentlich nicht als verbrecherisch, sondern als sehr vernünftig einzustufen war. Obwohl – und das ist das Allerschlimmste – die Aktionen gegen Trump seit mehr als einem Jahr die USA halb lahmgelegt haben. Das ist absurd, auch wenn man Trump als zutiefst unsympathisch empfindet.
    Das zeigt uns aber irgendwie tröstlich, dass es auch anderswo einen tiefen Staat gibt.

  6. Zurück nach Wien zu einem Strafprozess, der – zumindest vorerst – nicht über die Staatsanwaltschaft, sondern über die drei Oppositionsparteien und den österreichischen Rechtsanwaltskammertag, staunen und schaudern lässt.
    Zufällig zur gleichen Zeit, da diese Front gegen das Überwachungspaket der Regierung hetzt, das der Polizei erstmals die Möglichkeit geben soll, im Verdachtsfall auch elektronische Dialoge ähnlich wie telefonische zu überwachen (mit richterlicher Genehmigung), findet in Wien ein spektakulärer Strafprozess statt. Dieser hat Einblick in unglaubliche und sich über einen längeren Zeitpunkt laufende Fern-Dialoge zwischen einem (damals) 12-Jährigen in Deutschland und einem 19-Jährigen in Wien verschafft.
    Die beiden haben mehrere ganz konkrete Terroranschläge zur Unterstützung des "Islamischen Staates" besprochen und sind offensichtlich nur durch eigene Blödheit bei dem Vorhaben gescheitert, Sprengkörper in Kirchen, Weihnachtsmärkten, Bussen und Krankenhäusern zur Explosion zu bringen, beziehungsweise dort mit einer Hacke ein Blutbad zu veranstalten.
    Nicht nur dieses Vorhaben lässt schaudern, sondern auch das Desinteresse der meisten Medien an solchen geplanten Terroranschlägen mit Österreich-Bezug. Noch mehr empören die drei Linksparteien, die verhindern wollen, dass die elektronische Überwachung (also nicht mehr nur die von Telefon und SMS) möglich wird. Dabei wissen Terroristen natürlich ganz genau, dass sie in bestimmten Bereichen derzeit unkontrollierbar kommunizieren können.
    Daher ist für die große Mehrheit der Österreicher klar: Sie wollen die Überwachungsmöglichkeit auch dieser Bereiche, damit Blutverbrechen verhindert werden. Aber sie wollen auch strenge Bestrafung, wenn diese Möglichkeit für andere Zwecke als Blutverbrechen genutzt werden sollte.
    Was die Staatsanwaltschaft aber bei der Telefonüberwachung schon getan hat – ohne deswegen bestraft worden zu sein (etwa im Fall Kampusch, wo man auf Grund einer Abhöraktion einen ehemaligen Richter angeklagt hatte, ganz offensichtlich aus Rache, dass ihr dieser massive Fehler und Versäumnisse nachgewiesen hatte. Auch dabei ist die Staatsanwaltschaft dann vor Gericht freilich wieder einmal jämmerlich gescheitert).

  7. Der gleiche Prozess macht noch aus einem anderen Grund schaudern: nämlich wegen der Nonchalance, mit der der jüngere der beiden Täter über all diese Projekte berichtet. Er weiß nämlich genau, dass er damals noch nicht strafmündig war. 
    Auch das schreit zum Himmel. Wir leben in einer Rechtsordnung, die Zwölfjährige für unfähig hält, das Verbrecherische eines Massenmordes zu begreifen, während Linkspolitiker sogar noch viel kleineren Kindern die Entscheidung über die angebliche religiöse Notwendigkeit eines Kopftuchs zubilligen wollen.

Gewiss: In etlichen der gezeigten, aber auch in vielen anderen Fällen werden exzedierende, unfähige oder ideologisch einseitige Staatsanwälte von guten Richtern gestoppt. Nur: Wenn ein Verfahren dann auf einen ebenfalls unfähigen oder ideologisch einseitigen Richter trifft, dann haben die Beschuldigten und der Rechtsstaat keine Chance mehr. 

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