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Politik im Fach Ökonomie: Nichtgenügend, setzen!

Wenige Tage vor der letzten Wahl hatte der Nationalrat mit großer Mehrheit die Abschaffung des Pflegeregresses beschlossen. Es darf nun nicht mehr auf das private Vermögen gegriffen werden, um die Kosten der Pflege hereinzuholen. Heute zeigen sich die Folgen, wenn Politiker ohne Ahnung um das Wirken ökonomischer Anreize gutmenschlich oder wahlpopulistisch operieren.

Denn mittlerweile ist genau das eingetreten, was Ökonomen prophezeit haben: Die Kosten explodieren. Im Oktober hat die Politik noch primitiv kalkuliert: Wieviel Geld kommt bisher durch den Regress in die Kassen? So viel wird sein Auslaufen in etwa kosten, so viel ersetzen wir Gemeinden und Ländern. Hintergrund: Mit der Abschaffung des Pflegeregresses haben sich die Parteien auf Bundesebene schnell noch vor der Wahl beliebt zu machen versucht, während aber die fünf Milliarden Pflegekosten regional zu tragen sind; sie sind auch nicht von der ohnedies überforderten Krankenversicherung gedeckt.

Ländern und Gemeinden wurden damals von den drei großen Parteien 100 Millionen Euro Ersatz versprochen (wobei nicht einmal diese Summe noch budgetiert ist). Jetzt stellt sich heraus: Die Folgen der Abschaffung werden am Jahresende ein Vielfaches kosten, zwischen 200 und 500 Millionen jährlich.

Wie konnte man sich so verschätzen? Nun, man hat bewusst ignoriert, was alle Experten gesagt haben: Die Menschen reagieren immer auf Anreize, wenn etwas teurer oder billiger wird. Als logische Folge des Regresswegfalls wurden für viel mehr Menschen öffentliche Pflegeplätze verlangt. In Wien gibt es 25 Prozent mehr Anmeldungen. In Oberösterreich hat sich die Zahl sogar verdoppelt.

Das ist keine Folge einer kollektiv eingetretenen Vergreisung, sondern eines klaren Kalküls der Familien: Jetzt können wir unseren Opa, unsere Oma ruhig ins Pflegeheim abschieben. Jetzt brauchen wir sie nicht mehr privat zu pflegen. Jetzt gibt es ja keinen Regress mehr, der unser Erbe, Opas Eigentumswohnung oder Haus bedrohen würde. Jetzt zahlen die Steuerzahler. Und Opa oder Oma haben meist eh keine Chance, sich dagegen zu wehren.

Das Absurde: Das war die Abschaffung einer versteckten Erbschaftssteuer in jenen Fällen, wo jemand vor dem Tod langjährige Pflegeleistungen der öffentlichen Hand in Anspruch nimmt. Und es war ausgerechnet die SPÖ, die als erste die Abschaffung des Regresses verlangt hat, obwohl sie gleichzeitig die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer gefordert hat. ÖVP und FPÖ sind rasch aufgesprungen.

Gleichzeitig gibt es noch immer keine allgemeine Pflegeversicherung. Gleichzeitig ist völlig klar, dass der wachsende Mangel an Pflegerinnen zu einer raschen Erhöhung ihrer Gehälter führen wird müssen.

Und alles ist nur deshalb passiert, weil einerseits die Politik wieder einmal populistische Wahlzuckerl  verteilt hat. Und weil sie andererseits eben noch immer nicht begreift, dass eine Änderung der Anreize auch immer zu einer Änderung des Verhaltens führt.

Ökonomie, erstes Semester.

PS: In Deutschland hat man vor Jahren eine Pflegeversicherung über die Lohnnebenkosten organisiert; im Gegenzug zur Entlastung der Arbeitgeber wurde ein Feiertag gestrichen. Das war vor mehr als 20 Jahren, als noch die neoliberale Vernunft reagiert hat. Bei uns werden hingegen durch die Hintertür nun zunehmend auch islamische Feiertage eingeführt – die Moslems kommen an solchen Tagen einfach nicht …

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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