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Brandstetter, der Verfassungsgerichtshof und die Unabhängigkeit

Die gesamte Linke von Politik bis Medien hat nach (gekonntem) Ausquetschen eines alten Liederbuchs einer kleinen Provinzburschenschaft ein neues Thema gefunden: den ungeheuerlichen Skandal, dass der ehemalige Justizminister Brandstetter jetzt offenbar vor einem Einzug in den Verfassungsgerichtshof steht. Diese Aufregung hat – ähnlich wie die um das Liederbuch – zwar einen durchaus berechtigten Kern, ist aber zugleich unglaublich heuchlerisch und verlogen.

Denn es war gerade die SPÖ, die in den letzten Jahren mit eiserner Entschlossenheit alles getan hat, was sie konnte, damit Höchstgerichte von eigenen strammen Parteisoldaten besetzt werden. Sie hat damit die ÖVP weit übertroffen, die noch länger versucht hatte, die juristische Qualität vor die Parteitreue eines neuen Höchstrichters zu setzen.

So hat die SPÖ beispielsweise schon vor Jahren ihre Ministerin Berger als (einzige!) österreichische Richterin in den EU-Gerichtshof entsandt. Und die ÖVP hat dem wieder einmal problemlos zugestimmt, nur damit der sich als völlig unbedeutend erweisende Johannes Hahn EU-Kommissar werden kann. Diese EuGH-Position ist aber weitaus wichtiger und mächtiger als die eines Mitglieds des Wiener Verfassungsgerichtshofs. Überdies hatte Berger davor eine reine – und sehr exponierte – Parteikarriere hinter sich, während Brandtstetter sich vor der Ministerschaft nur als Universitätslehrer und Strafverteidiger betätigt hatte und nie Parteimitglied war.

So hat die SPÖ beispielsweise Johannes Schnizer, den Kabinettschef ihres damaligen Bundeskanzlers und Parteichefs, in den Verfassungsgerichtshof entsandt.

Beide Ernennungen sind natürlich von keinem einzigen der nun so erregten Linken kritisiert worden. Jetzt aber stänkern SPÖ, "Standard" & Co (und Armin Wolf wird mit Gewissheit bald folgen), dass Justizminister Brandstetter künftig im Verfassungsgerichtshof eventuell bei Entscheidungen über eigene Aktionen als Minister urteilen (oder sich für befangen erklären) müsse. Das stimmt zwar theoretisch. Aber mit absoluter Sicherheit sind Aktionen eines Bundeskanzlers und seines engsten Mitarbeiters zehnmal relevanter, um vor dem Verfassungsgerichtshof zu landen, als die eines Justizministers.

Das gilt dann umso mehr, wenn dieser Minister so feige und voller Rücksicht auf die SPÖ agiert hat wie Brandstetter während seiner ganzen Ministerzeit. Brandstetter hat sich nämlich geradezu als Vollstrecker der Wünsche der Faymann/Kern-Partei betätigt. Er hat in keiner einzigen Frage einen Dissens mit der SPÖ gewagt, obwohl er angeblich von der ÖVP nominiert worden war. Er hat die linken Wünsche bei der Verschärfung des Verhetzungs-Paragraphen voll erfüllt (der sich de facto nur gegen rechte Islam-Kritiker wendet). Er hat auch nichts unternommen, damit die kriminelle Medienbestechung durch hunderte Steuermillionen teure Inserate endlich einmal von einem unabhängigen Richter beurteilt werden kann. Und er war durchaus rollendeckend als letzter, ständig alles beschönigender Vizekanzler der hoffentlich letzten rot-schwarzen Koalition besetzt.

Jetzt bekommt er den offenbar wohlverdienten Dank für seine Gefügigkeit.

Aber keine Frage: Es wäre zweifellos positiv, wenn die Parteien den Zugriff auf die Höchstrichter verlieren. Nur ist es zweifellos noch notwendiger, wenn sich die Höchstgerichte – die ja mächtiger sind als das Parlament – in ihrer geistigen Weltsicht in etwa dort bewegen, wo auch die Bürger stehen. Diese stehen nämlich in ihrer Mehrheit sowohl in Österreich wie auch in Europa seit langem eindeutig nicht links. Die Gerichte hingegen schon.

Wenn aber die Justiz ein völlig anderes Welt- und Menschenbild entwickelt als die Bürger, dann ist mittelfristig der ganze Rechtsstaat, die ganze Legitimität des Staates bedroht. Das zeigt die nicht zuletzt von den Höchstgerichten verschuldete Migrationskrise ganz besonders drastisch.

PS: Brandstetter war in seiner Ministerzeit noch in ganz anderer Hinsicht problematisch, die aber nichts mit Parteipolitik zu tun hat, nämlich weil er früher Strafverteidiger in einigen sehr spektakulären Verfahren gewesen ist. Aus diesem Grund hat er sich als Minister durch einen im Hinterzimmer amtierenden Weisungsrat selbst entmachten müssen, der alle relevanten strafrechtlichen Entscheidungen getroffen hat. Sodass man am Schluss eigentlich nicht mehr gewusst hat, wozu wir überhaupt noch einen Justizminister brauchen.

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