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Uni-Reform und Migrationspolitik Marke Vorsicht

Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, den die SPÖ bisher immer blockiert hatte. Aber es ist nur ein überaus vorsichtiger Schritt und er ist von Zweifeln begleitet, ob ihm noch die anderen notwendigen folgen werden. Und er zeigt erneut das, was man seit Wochen sieht: Vorsicht, Behutsamkeit, ja vielleicht sogar Zaghaftigkeit sind – vorerst? – die dominierenden Leitlinien der neuen Regierung auf so gut wie allen Feldern.

An den Universitäten können künftig in drei weiteren Studienrichtungen – Jus, Erziehungswissenschaften, Fremdsprachen – die Studienplätze auch durch Aufnahmetests limitiert werden. In den weiterhin ungeregelten Studienrichtungen dürfen künftig (völlig unverbindliche!) Motivationsschreiben verlangt werden. Und es gibt deutlich mehr Geld für die Universitäten.

Dieses Paket hat zwar die üblichen Stänkereien durch SPÖ, Grüne und Hochschülerschaft ausgelöst, aber viel Beifall der Rektoren - die mehr Geld ohne viel Gegenleistungen bekommen. Es beweist vor allem, dass diese Regierung zumindest derzeit von der Generaldevise getragen ist: Nur keine zu hohen Wellen; das könnte ja bei Landtagswahlen schaden.

Angesichts des schwachen Zustandes der gesamten Opposition – der außer der Antifa-Keule bisher absolut nichts eingefallen ist – könnte diese Strategie auch aufgehen. Wie vorsichtig die Regierung ist, konnte man ja gleichzeitig auch rund um den Wien-Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban merken. Denn dabei sind zum großen gemeinsamen Thema – Migration und EU – absolut nur Phrasen zu hören gewesen.

Bloß ständig vom "Schutz der Außengrenzen Europas" zu reden, ist alles andere als eine Strategie. Denn es werden weiterhin alljährlich Zehntausende illegal nach Österreich einwandern, während sich Ungarn sehr effektiv schützen hat können. Denn es gibt weit und breit keine Anzeichen, dass sich Österreich irgendwo ernsthaft bemühen würde, der unglaublich immigrationsfreudigen Praxis der diversen Höchstgerichte gesetzlich Stoppsignale zu geben.

Und vor allem wird diese ständige Aussage "Schutz der Außengrenzen!" dadurch seltsam auffällig, wenn man sich bewusst macht, was seit Monaten in sämtlichen schwarzblauen Statements fehlt: Das ist der einst von Sebastian Kurz und der FPÖ intensiv erhobene Ruf nach dem "australischen Modell", also nach der hundertprozentigen Rückführung aller nach Europa gelangten illegalen Migranten in Lager außerhalb Europas.

Diese Rückführung wäre zwar nur im europäischen Gleichklang erreichbar – aber wenn man nicht einmal mehr davon redet, dann wird es nie zu diesem Gleichklang kommen. Sie ist die einzige Strategie, welche die Völkerwanderung stoppen könnte. Tausende Kilometer Seegrenzen an Europas Süden lassen sich hingegen nicht abriegeln, nicht "schützen" wie eine Landgrenze.

Solange es da keine entscheidenden Schritte gibt, ist der relative Rückgang der illegalen Migration gegenüber 2015/16 irrelevant. Die Schlepper werden neue Routen finden. Und Italiens Linksregierung hat zusammen mit der Kirche sogar jetzt schon mit dem Direktimport von Migranten begonnen.

Nun ja, warten wir noch das Frühjahr ab, bis die drei weiteren Landtagswahlen vorbei sind. Spätestens dann aber werden die Österreicher in ihrer großen Mehrheit unruhig werden. Sie werden es nicht akzeptieren, wenn die Regierung glauben sollte, dauerhaft Appeasement-Politik wäre die richtige Strategie, um zu überleben. Egal ob es um Migration oder Universitäten geht, um ORF oder Justiz, um Medienbestechung oder Budgetsanierung.

Eine solche Strategie wird spätestens dann zerschellen, wenn ORF, Falter & Co – wie vielleicht schon programmiert – "investigativ" aufdecken werden, dass Sebastian Kurz und H.C. Strache an einem Kaffeehaus vorbeigegangen sind, in dem sie sehen hätten müssen, dass dort jemand neonazistische Literatur liest. Oder andere ähnlich gravierende Verbrechen begangen haben.

Aber zurück zur harten Realität der Unis. Diesen stehen nach der jetzigen Minireform in den nächsten Jahren keine Änderungen mehr ins Haus – so ist jedenfalls der zuständige Minister zu verstehen. Die jetzigen Maßnahmen können jedoch den ständigen Rückfall der Universitäten in allen internationalen Rankings nicht umdrehen. Worum müsste es wirklich gehen?

  1. Es fehlt vor allem der Paukenschlag, der Universitäten, Forschung und Studenten zu den für die Zukunft Österreichs so entscheidenden MINT-Fächern, zu Naturwissenschaften, Mathematik, Technik, umlenken und von den überlaufenen (und zum Teil anforderungsfreien) Buch-Wissenschaften wegbringen würde. Aber selbst die Rektorenkonferenz wird von letzteren dominiert. Ein besonders wirksames Steuerungsinstrument wären Studiengebühren für Nicht-MINT-Fächer.
  2. Die letzte Universitätenreform der Ära Schüssel hat die Hochschulen zwar aus dem Würgegriff der Mitbestimmungsunis befreit. Aber es bräuchte unbedingt noch eine weitere klare Straffung. Diese müsste vor allem dazu führen, dass eine alleinverantwortliche Führung, ein Vorstand, eine ganz klar definierte Erfolgsverantwortung trägt. Dazu müsste freilich der Geldgeber zuerst eindeutig definieren, was eigentlich der Erfolg einer Universität ist.
  3. Die derzeitige Beurteilung einer Universität in Sachen Lehre nach den ECTS-Punkten ist völlig unzureichend. Das europäische ECTS-Punktesystem geht von der Zeit aus, die ein Durchschnittsstudent für die Absolvierung einzelner Lehrveranstaltungen braucht. Aber längst ist bekannt, dass viele Unis die ECTS-Werte ihrer eigenen Angebote krass überbewerten. In Wahrheit kann die Qualität der Lehre nur danach gemessen werden, wie erfolgreich die Absolventen nach der Universität sind, etwa wieviel Prozent nach sechs Monaten einen adäquaten Job gefunden haben. Die Quantität der Menschen, die durchgeschleust werden, um einen anforderungslosen Billigsttitel zu erlangen, sollte hingegen irrelevant sein. Denn Geldzuteilungen nach solchen Maßstäben verleiten geradezu dazu, die Leistungshürden zu senken.
  4. Auch in Sachen Forschung gibt es international gut etablierte Bewertungsmaßstäbe (Zahl der Publikationen in seriösen Zeitschriften usw.). Aber auch da hat man keinen großen Schritt gewagt.
  5. Die Universitäten müssten alleine nach Leistung in Lehre und Forschung gemessen werden, und von allem lähmenden Quoten-, Political-Correctness-, Gender-Firlefanz befreit werden.
  6. Statt den Unis nur bei drei weiteren Studienrichtungen Zugangsregelungen zu erlauben, hätte man das generell tun müssen.
  7. Es gibt keinen Grund, den Unis deutlich mehr Steuergeld zu geben, wenn knapp davor die Rektoren angekündigt haben, dass sie nicht einmal von jenen Langzeit-Studenten Gebühren einheben wollen, wo das ein Höchstgerichtsurteil jetzt ermöglicht hat.
  8. Geradezu peinlich ist, wenn  man jetzt auf 40 Jahre alte Scheinstrategien verfällt wie das Verlangen von Motivationsschreiben, die sich längst als sinnlos erwiesen haben. Gibt es doch längst schon perfekte Anleitungen, was man da halt hineinschreiben soll.
  9. In Sachen Qualität der Universitäten ganz besonders entscheidend ist freilich auch etwas, wofür die Unis selber nichts können, wo die Politik die Rahmenbedingungen legen müsste: Das ist die oft katastrophale Qualität der Maturanten, die als Folge einer jahrzehntelang rein quantitativ orientierten Bildungspolitik vom Rechtschreiben über die Grundrechnungsarten bis zu Fremdsprachen unakzeptable Schwächen haben. Gewiss nicht alle, aber viel mehr, als dass man nur von Einzelfällen reden könnte.

Das sind harte Rahmenbedingungen? Ja, gewiss. Aber dabei geht es auch um enorm viel. Um Österreichs Zukunft.

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