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Und nur kan Stress

Bundespräsident Van der Bellen macht die Angelobung der neuen Regierung ganz zum Symbol seiner gesamten Tätigkeit. Ja, genau so ist er, wie diese Angelobung war.

Nämlich: freundlich und charmant, vergesslich und chaotisch – und nicht ganz ernst zu nehmen. Es hat irgendwie nur noch gefehlt, dass auch sein Hund beim wichtigsten Staatsakt der Präsidentenkarriere in der Hofburg herumläuft.

Besonders bezeichnend für Alexander van der Bellen war, was er der neuen Regierung wünschte; nämlich "nicht zu viel Stress". Genau das ist freilich schon seit vielen Jahren deutlich erkennbar sein zentrales Lebensmotto. Sein Wunsch wird – außer für ihn selber – für die Minister allerdings nicht in Erfüllung gehen: Auf jeden von ihnen wartet einer der stressreichsten Jobs des Landes. Negativer Stress, wenn alle von einem etwas wollen und man nichts weiterkriegt. Positiver Stress, wenn es gelingt zu gestalten.

Mindestens ebenso bezeichnend war aber auch die lockere Atmosphäre, in der die Angelobung ablief. Da wurde trotz der Würde des Augenblicks nett geplaudert und gelacht. Und das ist wiederum eindeutig ein Verdienst des gegenwärtigen Bundespräsidenten.

Was für ein Kontrast zur steifen Würde vieler früherer Angelobungen! Und erst recht zur hasserfüllten Widerwärtigkeit, die Thomas Klestil frustriert vor 17 Jahren abgespult hat!

Die neuen Angelobungs-Bilder haben es endgültig klar gemacht: Mit diesem Präsidenten wird es keine Probleme geben. Er ist Lichtjahre weg von seiner einstigen grünen Heimat. Er will ganz offensichtlich mit den Restatomen der Grünen und den paar Tausend linksradikalen Krawallmachern auf der Straße nichts mehr zu tun haben (denen die sozialistisch geführte Wiener Polizei widerstandslos erlaubt hat, trotz ihrer geringen Zahl praktisch die ganze Stadt lahmzulegen).

Van der Bellen demonstrierte bei der Angelobung aber auch seine ganze – altersbedingte? – Zerstreutheit: Er vergaß erkennbar auf die verfassungskonformen Unterschriften jedes neuen Ministers unter dessen Bestellungsdekret sowie auf das übliche Gruppenfoto und wollte gleich zum Sektempfang schreiten. Er wurde erst von den Herren Kurz und Strache über die Notwendigkeiten erinnert, die offenbar besser über die protokollarischen und verfassungsrechtlichen Abläufe Bescheid wissen.

Ja, so ist er. Macht aber nichts – solange sich der Ex-Grüne kooperativ als Teamspieler zeigt.

Überaus signifikant war noch ein weiteres Detail der Angelobung: Van der Bellen hat bei der Nennung der einzelnen Regierungsmitglieder bewusst alle akademischen Titel weggelassen. Er kündigte das mit der wörtlichen Begründung an: "Das ist mir zu umständlich."

Dieses Verhalten ist nicht nur ein Zeichen einer lockeren Grundhaltung. Er hat mit diesem Satz vielmehr auch etwas gesagt, was allen fanatischen Genderern und Genderinnen entgegengehalten werden kann und sollte. Denn all die ständige (und dem Duden widersprechende!) Aufzählung beider Geschlechter, all die Binnen-Is, Schrägstriche, Sternchen und Unterstriche sind ja nichts anderes als ein extrem umständliches Kaputtmachen der Sprache und ihrer Verständlichkeit. Sie sind noch viel mehr umständlich, als wenn man jemanden halt einmal formell mit (sogar gesetzlich vorgesehenen) Namensbestandteilen wie Doktor oder Magister anspricht, bevor man ihn als Minister angelobt.

Korrigiere: als Minister oder Ministerin, als Staatssekretär oder Staatssekretärin.

Aber vielleicht hat dieses "zu umständlich" des Bundespräsidenten heilsame Wirkung auf den gerade von den Grünen so übel beschädigten Umgang mit der deutschen Sprache. Ich könnte jedenfalls gerne auf jede Anrede mit "Doktor" oder "Magister" verzichten, würde dafür auch die sonstige Sprache wieder auf alle ständigen politideologischen Statements verzichten, die sie so hässlich gemacht haben.

PS: Oder sollte das Titel-Weglassen gar etwas mit sensibler Rücksichtnahme darauf zu tun haben, dass wir erstmals in der Geschichte eine Regierung haben, bei der weder Bundes- noch Vizekanzler einen solchen akademischen Titel haben? Das wäre aber wohl doch zu viel der Empathie. Es ist aber schon Tatsache, dass es in der zweiten Republik bisher einzig in Person eines gewissen Werner Faymann einen Kanzler ohne Abschluss gegeben hat (damals hatten aber zumindest die Vizes noch einen solchen). Und eine Parallele zu Faymann ist nun gewiss kein gutes Omen für den neuen Bundeskanzler Kurz …

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