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Berechtigter Jubel – notwendige Ausnüchterung

Sebastian Kurz kann jubeln. Und mit ihm die Volkspartei. H.C.Strache kann jubeln. Und mit ihm die FPÖ. Trotz Konditionsschwächen der ÖVP in den letzten Wahlkampftagen hat es zum Sieg gereicht, wenn auch nicht so hoch wie erwartet. Überaus eindrucksvoll ist aber auch das Ergebnis der FPÖ, die gleichauf mit der SPÖ liegt. Zum ersten Mal in der gesamten Nachkriegsgeschichte ist damit der Zweite einer Regierung bei Wahlen an die erste Stelle gekommen. Das ist ebenso wie der freiheitliche Aufstieg eine tolle Leistung, die eine Reihe von Ursachen hat, die vor allem ein Verdienst von Sebastian Kurz sind. Beides ist ebenso sensationell wie das magere Abschneiden der SPÖ und das katastrophale Ergebnis der beiden Grünparteien. Auch das Ergebnis der Neos ist nicht sonderlich überwältigend. Das alles hat aber auch eine Reihe von Konsequenzen und Folgen – die den Parteien wohl selbst vorerst nur zum Teil bewusst sind.

Gewiss, das endgültige Ergebnis wird noch Tage auf sich warten lassen und kann diesmal auf Grund der Rekordanzahl an Wahlkarten noch signifikante Unterschiede bringen. Vor allem wird erst dann klar, ob die Vierprozenthürde beiden Grünparteien zum Verhängnis wird. Klar ist aber schon, dass die Regierungsbildung einzig Angelegenheit der drei Großparteien werden wird, dass die Kleinparteien dabei in jeder Hinsicht überflüssig sind.

Aber dennoch kann sich am Hauptergebnis der Wahl, am Erfolg von Kurz, nichts mehr ändern. Die wichtigsten Ursachen dieses Ergebnisses:

  1. Kurz hat im total auf ihn zugeschnittenen Wahlkampf persönliches Charisma gezeigt.
  2. Die emotionale Ausstrahlung des VP-Chefs hat besonders gut auf die Frauen, auf die Jungen und die Pensionisten gewirkt (weniger auf die 30- bis 50-Jährigen, wo vor allem die Männer offenbar unterschwellig gefürchtet haben: "Zählt meine Generation jetzt etwa schon zum alten Eisen?" Sie haben lieber den gleichaltrigen Strache gewählt).
  3. Kurz hat für so einen großen persönlichen Erfolg die enorme physische wie psychische Stärke eines in Familie, Weltanschauung und Partnerschaft gut verankerten, hochbegabten und extrem disziplinierten Dreißigjährigen. Nur auf dieser Basis konnte er dieses letzte halbe Jahr ungebrochen durchstehen.
  4. Kurz hat in einem halben Jahr eine völlig marode Partei nicht nur wieder aufgerichtet, sondern sich diese in einem Ausmaß gefügig gemacht, wie das selbst die allerstärksten ÖVP-Chefs der Geschichte – Raab, Klaus oder Schüssel – nicht geschafft haben.
  5. Er hat sich zum Unterschied zur SPÖ und den drei Kleinparteien mit Erfolg ganz auf das für die Österreicher wichtigste Thema konzentriert, also auf den Komplex Völkerwanderung/Islamisierung/Sicherheit. Er hat dabei keine Scheu gehabt, die diesbezüglich als richtig erkannten FPÖ-Positionen zu übernehmen und sie selbst auszubauen. Er kann dabei aber überdies zum Unterschied von allen anderen Kandidaten auch konkrete Erfolge und Leistungen vorweisen, was natürlich besonders glaubwürdig macht (von der von ihm orchestrierten Balkansperre bis zur mehrfachen, zweifellos Mut erfordernden Kampfansage an Angela Merkel).
  6. Er hat sich im Gegensatz zur ÖVP der letzten zehn Jahre vom politmedialen Mainstream nicht nach links drängen lassen und im Gegensatz zu Merkel etwa Nein zur Schwulenehe gesagt, womit die ÖVP wieder für konservative Wähler wählbar geworden ist.
  7. Kurz hat auch international bei allen Konservativen ein enorm positives Echo ausgelöst – und entsprechend bei allen Linken überschäumenden Hass. Typisch für diesen Hass war, dass noch am Sonntagnachmittag offensichtlich türkische Hacker die ÖVP-Homepage lahmgelegt haben (nachdem Christian Kern als weitere Dummheit seines Wahlkampfes den letzten Termin ausgerechnet bei Milli-Görüs- und AKP-Anhängern absolviert hat, also bei der türkischen Diktatoren-Partei und Exponenten des politischen Islams!).
  8. Die ÖVP-Kampagne hat ein unglaubliches Echo ausgelöst. So hat Kurz selbst bei den Kleinspenden bis 3500 Euro doppelt so viel Geld sammeln können wie alle anderen Parteien zusammen.
  9. Die FPÖ hat einen fulminanten Endspurt hingelegt. Sie hat sich lange sehr ruhig verhalten, aber dann in den letzten Tagen alle elektronischen Plattformen mit ihren – exzellent gemachten – Spots überschwemmt.
  10. H.C. Strache hat es geschafft, vom scharfen Rechtsaußen-Oppositionellen zum wählbaren Konservativen zu werden, der auch deshalb Zulauf bekommen hat, weil er in Sachen Islam und Zuwanderung schon sehr lange gewarnt und jetzt Recht bekommen hat.
  11. Der Wahlkampf der ÖVP ist zuletzt nicht nur wegen des SPÖ-Schmutzes etwas ins Stocken geraten, sondern auch, weil er einzig und allein auf die Person Sebastian Kurz zugeschnitten war, wodurch der ÖVP ein wenig die personelle und inhaltliche Breite gefehlt hat. Auch ein dynamischer Dreißigjähriger kann sich selbst überschätzen.
  12. Die ÖVP hat auch wahlkampftechnisch mit Plakaten und Aussagen eine eher schwache Leistung geliefert. Sie hat sich offenbar zu sehr auf die optische und verbale Attraktivität ihres Spitzenkandidaten verlassen.
  13. Vor allem hat die ÖVP das traditionell für eine Mitte-Rechts-Partei wichtigste Thema links liegen gelassen, nämlich die Wirtschaftspolitik und die Sparsamkeit in Hinblick auf den Staatshaushalt (dieses Thema hat der CDU drei Wochen davor in Deutschland dank Wolfgang Schäubles einen noch tieferen Absturz erspart). Als Folge hat der Wahlkampf der ÖVP neben den Sünden der SPÖ fast nur jenes Thema aufgegriffen, wo die FPÖ seit langem Hausherr ist.
  14. Der Wahlkampf hat für die ÖVP zu lange gedauert. Hauptschuld daran ist Reinhold Mitterlehner, der völlig unabgesprochen im Mai plötzlich den Laden hingeschmissen hat. Zusammen mit der Sommerpause hat das einen fünfmonatigen Wahlkampf ergeben, in dessen Verlauf sich der Kurz-Effekt abgenützt hat.
  15. Der amtierende Bundeskanzler Christian Kern hat durch das Engagement des von Skandalen und Kriminalitätsverdacht umgebenen Dirty-Campaigning-Spezialisten Silberstein jeden moralischen Anspruch verspielt. Er hat darüber hinaus auch inhaltlich einen völlig chaotischen Wahlkampf geführt. Kern hat damit gezeigt, dass er zu unroutiniert für dieses Amt ist, war er doch der erste Bundeskanzler der Zweiten Republik, der vorher nie in einem anderen politischen Amt trainieren hat können, sondern nur in den geschützten Werkstätten von Staatsbetrieben. Und er hat bei jedem Auftritt noch stärker eine verbissen-zynische Arroganz ausgestrahlt. Daher sind am Schluss nur die geringer werdenden Stammwähler übergeblieben.
  16. Keine der drei Kleinparteien hat ein emotional positiv wirkendes Thema wirksam besetzen können. Alle drei haben im Gegensatz zu ÖVP und FPÖ die zentrale Herausforderung Migration gemieden. Die Grünen sind darüber hinaus wild zerstritten und als oberste "Welcome-Refugees"-Bewegung bei den meisten Wählern schwer diskreditiert.
  17. Zwar hat der ORF bis zur letzten Stunde eine krampfhafte Anti-Kurz-Kampagne betrieben. Aber diese war so überzogen, dass sie Kurz nicht sehr geschadet hat. Und bei den Zeitungen haben die Online-Krone und die Fellner-Medien einen überraschenden Wechsel von Kern auf Kurz vollzogen. Offenbar spüren gute Boulevard-Journalisten immer sehr schnell, wo und wie die Stimmung liegt.

Das sind die wichtigsten Faktoren des Erfolges der beiden Parteien. Der von Sebastian Kurz wird vor allem dann imposant, wenn man ihn mit der Lage der Volkspartei im Vorjahr vergleicht, als ihr Kandidat bei den Präsidentenwahlen nur 11 Prozent erreicht hat. Das Kurz-Ergebnis wird freilich deutlich relativiert, wenn man es mit dem von 2002 vergleicht, als Wolfgang Schüssel auf 42 Prozent gekommen ist.

Dabei war damals die SPÖ in deutlich besserem Zustand als heute. Der große Unterschied zu Schüssel ist zweifellos auf den viel besseren Zustand der heutigen FPÖ, aber auch die Tatsache zurückzuführen, dass der kleine linke Flügel der ÖVP – der von Journalisten immer maßlos überschätzt worden war – zu den Neos abgewandert war. (siehe Busek, Neisser & Co).

Was aber lässt sich zur Stunde schon als Folgen und Konsequenzen des Wahlergebnisses ableiten? Etliches, was spannend, positiv – aber auch sehr problematisch ist.

  1. Vor allem wird in der SPÖ jetzt ein Atomkrieg ausbrechen. Die Ära Kern wird wohl bald zu Ende sein. Aber was dann? Kann sich der Rechtsflügel um den Burgenländer Doskozil wirklich durchsetzen? Das ist zwar nicht auszuschließen, weil er die Partei wieder zurück ins Koalitionsspiel bringen würde. Das würde mich aber trotz allem überraschen. Denn das dürfte vor allem für die Wiener SPÖ eigentlich absolut unverdaulich sein. Aber dennoch ist auffällig, wie sehr Doskozil auf Distanz zu Kern geblieben ist, wie sorgfältig er jede Konfrontation mit Schwarz oder Blau vermieden hat.
  2. Das Beste für Österreich und einzig logische Ergebnis wäre zweifellos Schwarz-Blau. Aber will das die FPÖ überhaupt? Hat sie nicht ein ÖVP-Trauma, seit 2002 so viele Blau-Wähler zu Schwarz gewechselt sind?
  3. Noch gravierender ist die Frage: Will die FPÖ überhaupt in die Regierung? Sie weiß ja, dass sie viele Protestwähler hat, die durch die oft unpopulären Notwendigkeiten des Regierens sofort vertrieben würden. Andererseits würde die FPÖ durch den freiwilligen Gang in die Opposition mitschuldig daran, dass dann die SPÖ in der Regierung weiterhin eine wirklich effiziente Anti-Migrationspolitik sabotieren kann (vor allem auch in Hinblick auf die notwendigen EU-Maßnahmen).
  4. Was würde ein Zustandekommen von Schwarz-Blau inhaltlich bedeuten? Hier gibt es zwei große Hoffnungspunkte. Das eine ist eben die Migrationspolitik. Das Andere ist die Durchsetzung einer direkten Demokratie nach Schweizer Muster, die zumindest beide Parteien im Wahlprogramm stehen haben, und deren Einführung die FPÖ sogar zur Koalitionsbedingung gemacht hat.
  5. Auch in vielen weiteren Punkten sind positive Fortschritte zu erwarten: von der Deregulierung bis zu einem Stopp der stillen Progression.
  6. Aber in einer schwarz-blauen Regierung werden einander zwei fast gleichstarke Parteien gegenüberstehen. Wird das harmonisch funktionieren? Das gelingt nur selten – zuletzt etwa 2000 bis 2002 – was aber für Strache kein Vorbild ist.
  7. Freilich drohen auch Enttäuschungen im Fall von Schwarz-Blau: Weder Sebastian Kurz noch H.C. Strache haben eine sonderliche Ahnung von Wirtschaftspolitik, obwohl das neben dem Migrationsthema das Wichtigste für unsere Zukunft ist. Da tröstet es auch überhaupt nicht, dass Kern oder Doskozil noch viel weniger Ahnung davon haben. Die Aussichten sind daher gering, dass irgend jemand erkennen könnte, wie dringend beispielsweise eine echte Pensionsreform wäre.
  8. Wenig Begeisterung bei mir löst auch der Zug ins Autoritäre aus, den Kurz in den letzten Tagen gezeigt hat. Das Verlangen nach Richtlinienkompetenz für den Regierungschef verwechselt die Bedürfnisse einer demokratischen Republik mit dem, was in seiner Partei nötig war. In die gleiche Richtung geht auch der Hang von Kurz, ständig nach strengeren Strafgesetzen zu rufen. Das geht bei Gewaltdelikten zwar voll in Ordnung (einschließlich des Sicherheitspakets). Aber Kurz zeigte auch keinen Respekt vor Meinungsfreiheit. Er hat im Wahlprogramm allen Ernstes nach neuen Paragraphen zu deren Einschränkung gerufen. Und er hat jetzt nach Paragraphen im Kampf gegen Dirty Campaigning verlangt. Das ist ein gefährlicher Unsinn, da ja jetzt schon viel daran strafbar ist. Wenn der Staat anfängt, auch das Lügen an sich zu bestrafen, dann wird es gefährlich. Denn dann tut die politische Macht so, als ob sie und ihre Staatsanwälte wüssten, was Lüge und was Wahrheit ist. Dann steht die ganze Politik (und Medienwelt) ständig vor dem Strafrichter.

Gewiss: Nichts garantiert, dass es nicht in einigen Wochen oder Monaten doch noch zu einer anderen Regierungsformel als Schwarz-Blau kommt. Etwa zu Schwarz-Rot oder Rot-Blau.

Aber Tatsache ist, dass jede dieser Koalitionsvarianten nur unter gravierendem Bruch von eindeutigen Festlegungen vor der Wahl möglich sein wird. So müsste bei Rot-Bau beispielsweise eine der beiden Parteien alles vergessen, was sie zum Thema Erbschaftssteuer geschworen hat, oder die FPÖ zusätzlich ihre Festlegung auf eine verbindliche direkte Demokratie.

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