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Wie verschuldet ist die Republik?

"Schulden wie ein Stabsoffizier" ist eine vernichtende Bezeichnung für jemanden, der hoffnungslos in der Hand seiner Gläubiger ist. Heute würde ein besitzloser Stabsoffizier freilich niemals mehr viel Kredit bekommen. Die Republik Österreich aber schon. Sie findet sogar Käufer für Anleihen mit hundertjähriger Laufzeit, weil ja 2,1 Prozent Zinsen immer noch mehr sind als alles Vergleichbare. Und die langfristige Kreditwürdigkeit schauen sich die Anleger beim Staat nicht an. So wie einst bei Stabsoffizieren.

Sie meinen: Die Republik ist zwar schwer verschuldet, aber sie schafft das schon, sie hat das ja schon ein Dreivierteljahrhundert geschafft.

Die Fakten sollten aber realistisch machen. Wie etwa:

  1. Laut IWF hat es in der Geschichte schon Hunderte Staatsbankrotte gegeben, wo also Staaten ihre Zahlungspflichten gebrochen haben.
  2. Alleine für Österreich werden fünf gezählt.
  3. Zwar geht derzeit die in Prozenten der jährlichen Gesamtwirtschaftsleistung, also des BIP, gemessene Staatsverschuldung leicht zurück. Dies aber allein als Folge der Negativzinspolitik der Zentralbank, und trotz jährlicher Staatsdefizite (was eine gigantische Umverteilung von den Sparern zu den Staatsbudgets bedeutet). Dennoch wird dieser Wert auch Ende 2017 deutlich über 80 Prozent liegen. Während er zehn Jahre davor noch 60 Prozent gewesen ist.
  4. Zwischen 2000 und 2007 hat er den einzigen echten Rückgang erlebt (von 68 auf 60 Prozent). Das war Folge einer eisernen Sparpolitik. Da aber heute echtes Sparen als unpopulär gilt – was wahrscheinlich gar nicht stimmt –, fehlt in den Wahlprogrammen fast jede konkrete Ansage dazu. Ganz im Gegenteil: Alle versprechen neue Wohltaten.
  5. Wer glaubt, Österreich würde in der Stunde der Not europäischen Beistand bekommen, der irrt. Schon jetzt ist nämlich klar: Eine Wiederholung der Griechenland-"Rettung" ist aus vielen Gründen unmöglich.
  6. Sollte die EZB ihre Negativzinspolitik zugunsten der Defizitpolitiker noch lange fortsetzen, dann droht eine Mega-Inflation. Was für Anleihe-Besitzer dasselbe bedeutet wie ein Bankrott des Schuldners.

Vor allem aber sollte man wissen: Die offizielle Quote von 84 Prozent misst nur einen Bruchteil der echten Staatsschulden. Diese liegen in Wahrheit weit über 300 Prozent. Sie bestehen vor allem in Pensionszusagen, die laut Verfassungsgericht durch den Staatshaushalt "garantiert" sind. Für diese millionenfachen Zusagen ist aber kein Cent rückgestellt.

Dabei weiß jeder Kaufmann, dass er in einer ähnlichen Situation zur Bildung von Rückstellungen sogar verpflichtet wäre, will er nicht im Gefängnis landen. Daran ändert es nichts, wenn diese Garantien nicht vom Kaufmann (dem Staat) selber gegeben worden sind, sondern von einer Tochterfirma, für die er voll haftet (der Pensionsversicherung).

Ebenso ist das Argument unseriös, dass ja auch in Zukunft Pensionsbeiträge fließen werden. Denn:

  1. Würde dieses Argument stimmen, wären ja auch die 84 Prozent kein Problem: Auch Steuereinnahmen werden weiterhin erhofft.
  2. Die Pensionsbeiträge decken wegen der steigenden Lebenserwartung jetzt schon immer weniger die Renten.
  3. Die Zahl der Beitragszahler ist total konjunkturabhängig.
  4. In Kürze gehen die Babyboomer in Pension - und überall fehlt qualifizierter Nachwuchs.
  5. Kein einziger Politiker seit Wolfgang Schüssel hat gewagt, von Pensionsreformen auch nur zu sprechen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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