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Eine „Bildungsreform“ zum Lachen

Am Schluss ist das von einigen simplen Geistern zum Jahrhundertwerk hochgejubelte Bürokratengedöns „Bildungsreform“ nur noch Anlass zum Amüsement geworden. Und sonst nicht mehr viel.

Nur noch lächerlich ist es schon einmal, wie oft bereits eine „Einigung“ über diese sogenannte Bildungsreform verkündet worden ist. Und dass diese Einigung dann jedes Mal geplatzt ist.

Die Seltsamkeit eines maximalen Durchschnitts

Grotesk-lächerlich ist auch die offizielle Ankündigung, eine maximale Durchschnittszahl der Klassengröße pro Bundesland einführen zu wollen. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: ein maximaler Durchschnitt! Und so einen Schwachsinn brüten die für das Schulsystem Verantwortlichen aus. Sie haben wohl vergessen, dass zur Schule auch der Mathematikunterricht dazugehört ...

Oder um es auf Politikerniveau zu erklären: Einen Durchschnitt kann man nicht sinnvoll begrenzen. Wenn eine Klasse 100 Schüler hat und alle anderen nur 10, würde das einen niedrigen Durchschnitt ergeben.

Der seltsame Herr Walser

Nächster Grund zur Heiterkeit: Jetzt ist es wieder einmal der ganz weit links stehende grüne Bildungssprecher Walser, der nach zwei Tagen scheinbarer Zustimmung doch wieder vor der Zustimmung zum Reformkompromiss zurückzuckt. Der Mann dürfte nach diesen zwei Tagen erkannt haben, dass der von den Regierungsparteien vorgeschlagene Beschluss der „Modellregionen für die gemeinsame Schule“ zum Gegenteil führen würde – nämlich dass es diese „Modellregionen“ nie geben wird.

Das wäre zwar in der Sache hervorragend. Das wäre aber das Gegenteil dessen, was Rot und Grün seit vielen Jahren erzwingen wollen.

Laut der jüngsten Koalitionseinigung soll es die „Modellregionen“ jedenfalls nur geben, wenn in jeder betroffenen Schule sowohl Eltern wie auch Lehrer zustimmen. Die Region ist aber noch nicht erfunden, wo Eltern oder Lehrer mehrheitlich für eine solche Zwangsgesamtschule wären. Vor allem die von Gymnasien werden alles tun, dass diese nicht mit den Gesamtschulen zwangsfusioniert  werden. Sieht man doch jetzt schon, um wieviel schlechter die Absolventen der zwangsweise eingeführten Gesamtschulen sind als die der einstigen Hauptschulen mit ihren Leistungsgruppen. Deren exzellente Ergebnisse waren schon mit der vorletzten „Reform“ mutwillig zerstört worden.

Wenn die Volkspartei jetzt nicht doch noch (nach alter Mitterlehner-Manier) umfallen sollte, dann stehen die Grünen ziemlich blamiert da. Denn entweder fallen sie dann selber um. Oder sie blockieren den gesamten Schulreformkompromiss. Um diesen ist es zwar inhaltlich nicht sonderlich schade. Aber die Grünen haben dann nicht nur die rote Bildungsministerin desavouiert, die um ihren einzigen Erfolg fightet, sondern auch erwiesenermaßen für totalitären Zwang gekämpft. Sie wollten dann den Schülern, Eltern und Lehrern mit Brachialgewalt etwas aufzwingen, was niemand außer ein paar Linksideologen haben will.

Wollen die Grünen ausgerechnet so ihren sich abzeichnenden steilen Abstieg aufhalten? Dabei hatten sie einst so getan, als ob sie für Bürgerrechte und Mitbestimmung eintreten würden (zugegeben, das ist schon seit dem Heumarkt-Hochhaus nicht mehr glaubwürdig). Dabei läuft ja das ganze Schulpaket unter der propagandistischen Überschrift, hier fände „Autonomie“ statt.

Die Grünen als Vorkämpfer des Schul-Totalitarismus. Wenn es nicht zugleich so traurig wäre, wäre das jedenfalls ein weiterer Anlass zu zynischem Gelächter. Und die ÖVP könnte sich über einen weiteren Wahlschlager freuen.

Der seltsame Herr Wallner

Auch in Vorarlberg zeigt keine einzige Umfrage eine solche Mehrheit für dieses Zwangsmodell. Dass der ÖVP-Landeshauptmann dennoch seit Amtsantritt für die Zwangsgesamtschule gekämpft hat, ist eine weitere Seltsamkeit dieser Schuldebatte. Und ein weiterer Anlass zum Lachen. Offenbar glaubt er (halt ein paar Jahrzehnte zu spät), mit der Forderung nach Gesamtschulzwängen modern zu sein. Und wundert sich, wenn er als leicht retardiert belächelt wird.

Aber immerhin haben sich – zumindest bis zur Stunde – in der Bundes-ÖVP selbst Vernunft und Freiheitsprinzip durchgesetzt. Wenn nicht mehr Politiker, die von der Schule keine Ahnung haben, sondern die Betroffenen selber das Entscheidungsrecht bekommen, dann wäre das ja ein echter Fortschritt. Dann könnte man ja sogar auch hoffen, dass sie auch in anderen wichtigen Fragen das letzte Wort bekämen. Und nicht mehr die unsäglichen Bildungsbeamten und -politiker. Aber dank der Grünen soll es halt nicht sein.

Noch einmal zurück nach Vorarlberg und zu seinen alpenländischen Skurrilitäten. Dort hat der famose Landeshauptmann Wallner noch vor dem grünen Njet (also zu einem Zeitpunkt, da es nach einer endgültigen Einigung aussah) plötzlich zur allgemeinen Verblüffung verkündet: Die Einführung der „Modellregion“ sei noch acht bis zehn Jahre entfernt. Erst müssten die „Hausaufgaben“ im Land gemacht werden, sonst hätte man „große Probleme“.

Ei, da schauen wir aber! Das ist ja weit länger, als die nun abtretende Koalition zur österreichweiten Zerschlagung sämtlicher Hauptschulen gebraucht hat! Ausgerechnet der Herr Wallner, der die Nation seit vielen Jahren mit der Forderung nach der Zwangsgesamtschule sekkiert, hat seine Hausaufgaben dafür nicht gemacht!

Hat da einer immer nur so vor sich hin geredet, damit er in die Zeitungen kommt, ohne daran zu denken, dass seine Wünsche vielleicht gar Wirklichkeit werden könnten? Hat er nun plötzlich kalte Füße bekommen? Hat er entdeckt, was für ein Schwachsinn das ist? Ist er draufgekommen, dass das die Wähler gar nicht goutieren, und schon gar nicht die der ÖVP? Hat er gesehen, wieviel erfolgreicher in Deutschland die Schule in Ländern mit der Gymnasiums-Langform ist als in den Ländern mit Gesamtschulen? Oder hat er einfach nach alter Vorarlberger Manier geglaubt, er könne vom Bund viel Geld verlangen, wenn das Ländle den Vorreiter bei einer „Modellregion“ bildet?

Der seltsame Herr Moser

Übrigens: Blamiert hat sich in den letzten Tagen in Zusammenhang mit der Schule aber noch ein anderer Bürgerlicher, nämlich der langjährige Rechnungshofpräsident Josef Moser. Dieser machte sich öffentlich über die österreichischen Schulen lustig, weil sie „zu den doppelten Kosten“ bei den Pisa-Tests in etwa so abschneiden wie die tschechischen Schulen.

Das ist aber eine peinliche Milchmädchenrechnung. Denn Moser ignoriert den wichtigsten Unterschied zwischen der tschechischen und der österreichischen Schule: Die Tschechen haben einen Migrantenanteil von 3 Prozent. Österreich hingegen einen von 20 Prozent (bei den 15-Jährigen)!

Über Mosers polemischen Vergleich kann man daher nur lachen – oder sagen: „Nichtgenügend setzen“. Denn wer sich zur Schule äußert, sollte zumindest wissen, was für ein Riesenproblem die Migrantenmassen dort sind. Er könnte auch wissen, dass in den Wiener Pflichtschulen jetzt sogar schon Jahrgänge nachrücken, wo über 70 Prozent daheim eine andere Sprache sprechen als Deutsch.

Da bleibt mir nur die Hoffnung, dass die Rechnungshofberichte von Moser ein wenig seriöser und durchdachter gewesen sind als sein Tschechien-Vergleich ...

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