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Wo sind die „besten Köpfe“, die Kurz sucht?

Sebastian Kurz will die „besten Köpfe“ suchen und um sich sammeln. Wer würde das nicht für richtig finden? Nur: Solche Ankündigungen sind zehnmal leichter gemacht als getan. Wo gibt es sie eigentlich noch, diese besten Köpfe? Eine Suche, die auf einige Namen und einige Probleme stößt.

Primär wird nämlich auch Kurz auf ein Phänomen prallen, unter dem schon viele Unternehmen leiden, unter dem auch viele Unis leiden würden, wären sie noch exzellenzorientiert (und nicht auf Dummheiten wie Gender und P.C. versessen). Dieses Phänomen, das eine immer dunkler werdende Wolke über der Zukunft Österreichs bildet, heißt „Brain Drain“. Es bedeutet, dass alljährlich Tausende der talentiertesten, klügsten, leistungswilligsten jungen Österreicher das Land verlassen, nachdem sie hier gratis studiert hatten (während das, was auf Wunsch vor allem von Rotgrün hereinströmt, nun – nicht gerade optimal ist).

Die Braindrainer hatten ja anfangs oft nur vorgehabt, bloß vorübergehend ins Ausland zu gehen. Sie haben dort aber regelmäßig bald entdeckt, dass gerade in den Auswanderunsgländern die Perspektiven viel besser sind. Dass sie von der Schweiz über Australien bis zu den USA deutlich weniger Steuern und Abgaben zahlen müssen, dass sie oft deutlich bessere Universitäten vorfinden, dass dort Leistung zählt und dass in den meisten Zielländern die Gefahr viel geringer ist, an der Überregulierung durch die österreichische und europäische Gesetzesmaschinerie zu ersticken.

Jeder, der wirklich nach den „besten Köpfen“ sucht, merkt das. Vielleicht hat das auch schon Sebastian Kurz gemerkt. Denn zumindest einmal schon hat er ja selbst solche suchen müssen – und nichts gefunden. Nämlich bei der letzten ÖVP-Kandidatenliste für den Wiener Gemeinderat. Die ist ja dominant von ihm bestimmt worden. Ihre Qualität zählt jedoch ganz eindeutig zu den Minuspunkten im ansonsten erfolgreichen Leben des bürgerlichen Hoffnungsträgers. Im Vergleich dazu war die vorige Wiener ÖVP-Garnitur interessanter. Auch spricht es nicht gerade für eine sichere Hand bei der Auslese, dass die beiden weitaus interessantesten ÖVP-Gemeinderäte nur über die Vorzugsstimmen ins Rathaus gekommen sind. Allerdings ist Kurz zugute zu halten, dass es er war, der diesen Vorzugsstimmenweg auch schon in Wien verbreitert hat - aber leider nicht so wie etwa die ÖVP Niederösterreichs zum alleine entscheidenden Kriterium gemacht hat.

Bei der Auslese von Kandidaten für die Politik kommt neben den Brain-Drain-Problemen noch dazu, dass selbst von den in Österreich verbliebenen jungen oder mittelalterlichen Talenten immer weniger Lust und Motivation haben, in die Politik zu gehen. Der Druck auf jeden einzelnen Politiker bis hin zum Privatleben ist enorm gewachsen (selbst die Bedienerin einer Politikerfamilie muss angestellt sein; etliche Tage im Leben eines Politikers haben zwanzig Arbeitsstunden; jeder Sandler glaubt ihn heute auf der Straße beschimpfen zu müssen; es darf ja kein Schnappschuss eines Politikers mit dem Finger in der Nase auftauchen; usw.).

Zugleich kann man in Wahrheit als Politiker im Gremien und Gesetzesdschungel immer weniger gestalten. Die Bretter, die es in der Politik zu bohren gilt, werden immer dicker. Die unrealistischen Erwartungen der Bürger, die durch die lügnerischen Versprechen der Wohlfahrtsrhetorik wachgerufen worden sind, werden zunehmend problematisch.

Das persönliche Glücks- wie Einkommensstreben eines potenziellen Politikers findet daher außerhalb der Politik viel besserer Chancen. Der Hormonausstoß bei einem Beifallssturm eines begeisterten Parteitags ist nur für wenige eine ausreichende Entschädigung. Denn jeder weiß, dass diese Beifallsstürme fast immer von einem späteren Pfeifkonzert gefolgt werden.

Die Folgen dieser Politik-Aversion gerade bei den Talentiertesten hat übrigens einst auch Jörg Haider lernen müssen: Er hatte binnen weniger Jahre so viel an zusätzlichen Mandaten zu besetzen, dass er selber zugeben musste, keine geeigneten Leute zu finden.

Kurz wird also ziemlich viel Glück bei der Jagd nach den besten Köpfen im dünn gewordenen österreichischen Reservoir brauchen. Er sollte aber auch selber einsehen, dass das Format eines Kandidaten nicht primär mit der persönlichen Loyalität zu ihm oder gar mit der Jugend einer Person korreliert. Aber man sollte ihm eine zweite Chance geben, um zu sehen, ob er auch in dieser Hinsicht (wie in vielen anderen) dazugelernt hat.

Wer fiele mir eigentlich selbst ein, den ich in der Situation von Sebastian Kurz einmal gründlich für eine Schlüsselfunktion im neuen Team prüfen lassen würde (ja, prüfen – wie es jedes professionelle Unternehmen macht)? In der gegenwärtigen Minister- und Abgeordnetenriege finden sich jedenfalls herzlich wenig interessante Persönlichkeiten, auch wenn bei einigen wenigen zumindest vorstellbar ist, dass sie unter Führung eines starken Obmanns zu einer interessanten Politikerpersönlichkeit werden.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, und ohne die Möglichkeit, da mit voller Intensität die Lebensläufe zu durchforsten, fielen mir schon einige spannende Namen ein:

  • Ulrike Rabmer-Koller, 51: Die erfolgreiche Unternehmerin imponierte vor allem durch ihren Rücktritt als Chefin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Sie ging, sobald klar war, dass dort mit der SPÖ keine sinnvollen Reformen durchbringbar sind. Sie wagte es dabei, im Gegensatz zum total unterwürfig agierenden ÖVP-Chef Mitterlehner, den „Plan A“ des SPÖ-Bundeskanzlers Christian Kern als das zu bezeichnen, was er ist: Kern wolle nur noch mehr Geld ins System pumpen, anstatt die Defizite zu beheben. Sie ist eine Frau mit richtigen Zielen, für die sie kämpft. Eine Frau, die nicht an ihrem Sessel klebt, sondern die Konsequenzen zieht, falls diese Ziele nicht erreichbar sind. Das war eindrucksvoll und ist ein toller Kontrast zu den vielen unerträglichen Quotenfrauen bei Rotgrün, aber auch bei Teilen der ÖVP, die nur von der Politik abhängig sind.
  • Birgit Kuras, 60: Eine ähnlich starke Persönlichkeit. Sie war zuletzt Börse-Chefin und hat das notwendige Verständnis für wirtschaftliche Notwendigkeiten. Einziges Minus (aber in der ÖVP vielleicht noch immer ein Positivum): Sie hat vorher bei einer Tochterbank von Raiffeisen gearbeitet, bei der „Centro“.
  • Josef Moser, 62. Er war bis vor kurzem der zweifellos beste Rechnungshofpräsident, den Österreich je hatte. Er ist dadurch in praktisch allen Bereichen der staatlichen Administration firm und kritisch versiert wie kein anderer. Er kann Probleme überaus präzise, ohne Rücksicht und allgemeinverständlich ansprechen. Der Mann kam einst aus der FPÖ-Klubdirektion (was in der ÖVP vielleicht ein Negativum ist); er hat sich aber von dieser Partei wie allen anderen längst völlig emanzipiert.
  • Stephan Koren, 60. Der Bankmanager, der einst sowohl die ÖVP-Politiker Ditz wie Schüssel lang beraten hatte, hat als oberster Sanierer zweier schwer angeschlagener Finanzschlachtschiffe große Verdienste errungen: Zuerst bei der Bawag P.S.K. und jetzt vor allem bei den Volksbanken, wo er den Steuerzahlern etliche Milliarden aus dem Kommunalkredit/Investkredit-Debakel zurückgeholt hat. Der Sohn eines ÖVP-Finanzministers und Klubobmanns ist ein brillanter und ironisch-pointierter Redner, der geistig fest auf liberalkonservativem Boden steht.
  • Stefan Hopmann, 63: Der (allerdings aus Deutschland gekommene) Pädagogikprofessor mit viel internationaler Erfahrung ist der weitaus brillanteste Exponent einer modernen Auffassung von Bildung und Schule, die den sozialistischen Regulierungs- und Gleichmacherei-Ideen total widerspricht. Seine Vision ist am besten in dem Satz zusammengefasst: „Es braucht keine Gesamtschulversuche, sondern echte Autonomie für die Schulen.“ Hopmann vertritt Ideen einer Schule der Vielfalt, die eigentlich perfekt einer bürgerlichen Partei entsprechen, die wieder zu einer liberalkonservativen Bewegung werden will. Hopmann ist jedenfalls in Sachkenntnis und Rhetorik allen Bildungsministerinnen der letzten Jahrzehnte um Eckhäuser überlegen.
  • Isabella Zins, 53: Die Direktorin eines niederösterreichischen Oberstufengymnasiums imponiert schon durch die Fülle von Aktivitäten, die sie erledigt: Neben der Schulleitung ist sie Stadträtin in Laa/Thaya (als Exponentin einer Bürgerliste), Vorsitzende der Vereinigung Christlicher Lehrer, stellvertretende Chefin der Bildungsplattform Leistung und Vielfalt – und dreifache Mutter. Sie wäre ein junges Signal der Wiederannäherung an Lehrer (und Eltern).
  • Irmgard Griss, 70: Die langjährige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs war zuletzt unabhängige Präsidentschaftskandidatin. Sie hätte diese Wahl auch gewonnen, wäre sie in die Stichwahl gekommen. Sie hat dabei aber zwei Fehler gemacht: Sie hat des M;igrations- und Islamisierungsthema nicht erkannt; und sie hat zu stark auf die Kleinpartei der Neos gesetzt (freilich auch aus Schuld Mitterlehners, der lange auf Erwin Pröll gesetzt hatte). Sie hat noch immer Ausstrahlung, auch wenn da etliches verblasst ist.
  • Michael Rohregger, 48: Der Wiener Rechtsanwalt mit oberösterreichischem Hintergrund ist ein exzellenter Rechts- und Verfassungsexperte. Er hat bei der Wahlanfechtung des Präsidentschaftskandidaten Hofer juristische Brillanz gezeigt.
  • Marcus Franz, 54: Der Internist ist derzeit „wilder“ Abgeordneter im Parlament. Früher war er beim Team Stronach und dann bei der ÖVP, wo er in der Ära Mitterlehner wegen kritischer Äußerungen über Angela Merkel und deren Welcome-Politik auf Verlangen Merkels ausgeschlossen worden ist. Er wäre ein Exponent der Ärzte für die Volkspartei. Franz ist seit zwei Jahrzehnten ein interessanter Autor und Kolumnist, betont katholisch und wirtschaftsliberal.

Diese Liste heißt nun keineswegs automatisch, dass das unbedingt die allerbesten Köpfe sind, die es in Österreich gibt. Es ist sogar zu hoffen, dass Sebastian Kurz in seiner Generation ganz andere beste Köpfe kennt oder solche, die zumindest erkennbar das Potenzial haben, dazu zu werden. Es sind aber jedenfalls die besten, die mir in den letzten Stunden eingefallen sind, seit Kurz gesagt hat: „Eine moderne politische Kraft, die muss die besten Köpfe zulassen, ganz gleich, ob sie ein Parteibuch haben oder nicht und auch egal, aus welchem Bundesland sie kommen.“

Also dann, ans Werk.

PS: Dass der jetzt von der ÖVP als Vizekanzler vorgesehene Justizminister Brandstetter zu den "besten Köpfen" zählt, darf heftig bezweifelt werden. Aber manches spricht dafür, dass diese Nominierung nur ein Kompromissangebot ist, weil SPÖ-Chef Kern ja unbedingt Kurz selbst in diese Rolle zwingen wollte, was Kurz aber - aus nachvollziehbaren Gründen - keinesfalls will. Denn stellvertretender Nachlassverwalter einer Konkursmasse zu werden, wäre für ihn eine glatte Selbstbeschädigung. 

PPS: Kurz hat - wie üblich - auch viele internationale Glückwünsche bekommen. Die ersten und besonders herzlichen kamen von den benachbarten Schwesterparteien in Ungarn und Bayern. Was signalisiert, wer besonders begeistert von Kurz ist. Bei einer anderen Schwesterpartei hatte man hingegen keine Zeit für Glückwünsche: bei der CDU in Berlin. Das bestätigt das gestern hier schon angesprochene frostige Klima zwischen Angela Merkel und Kurz.

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