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Seltsamkeiten um ein großartiges Wahlergebnis, von dem man viel lernen kann

Absolut großartig: In den Niederlanden hat eine Partei bei den Parlamentswahlen die Nase vorne, die keine neuen „Flüchtlinge“ aufnehmen will. Die sagt, diese sollen in den Krisenregionen untergebracht werden. Die den türkischen Provokationen konsequenter und härter entgegentritt als all anderen EU-Länder. Die verlangt, dass Europas Außengrenzen strenger kontrolliert werden. Die sagt, wer sich nicht integrieren will, soll „abhauen“. Die klarer wirtschaftsliberal ist als alle anderen wahlkämpfenden Parteien. Die weniger Regeln und Steuern für Arbeitgeber haben will. Die Wohlfahrts- und Versorgungsstaat scharf kritisiert.

Absolut köstlich: Auch die linken Medien wie auch die europäischen Sozialdemokraten (zu denen ja inzwischen auch eine Angela Merkel zu rechnen ist) jubeln unter der gleichgeschaltet wirkenden Skurril-Überschrift "Der Rechtsruck blieb aus" über dieses Wahlergebnis. Dabei haben sie in den letzten Jahren jeden zum Faschisten und Nazi erklärt, der nur gewagt hätte, über eine Immigrationsbremse, geschweige denn Vorschläge nach Art des Mark Rutte auch nur nachzudenken. Dabei ist die einst große sozialdemokratische Partei der Niederlande in den letzten Stunden auf ein Viertel ihres (ohnedies schon bescheidenen) letzten Ergebnisses zertrümmert worden, sodass sie froh sein muss, überhaupt noch ein paar Abgeordnete entsenden zu dürfen. Dabei haben auch die von vielen Medien hochgejubelten Grünen mit einem fünften Platz zwar hinzugewonnen, aber nur einen kleinen Teil der von den Sozialdemokraten verlorenen Abgeordnetensitze erobert.

Im 150-köpfigen Parlament hat Ruttes VVD nun 33 Sitze (zuletzt 41), die PVV von Geert Wilders als Zweite 20 (12), die Christdemokraten (CDA) und die sozialliberale D66 haben jeweils 19, die Grünen 14 und die Sozialdemokraten 9 (von 38 nach der letzten Wahl). Ansonsten haben es nach dem niederländischen Wahlrecht freilich noch zahlreiche Klein- bis Kleinstparteien geschafft bis hin zu einer Partei der Tiere. Das wird mit Gewissheit jetzt mühsam-lange Koalitionsverhandlungen zwischen mehreren Parteien auslösen. Und man wird noch sehr gespannt sein, ob Rutte nicht seine Ankündigung "Nie mehr mit Wilders" (seinem einstigen Partner!) noch heftig bereuen wird müssen. 

Der Jubel der Linken könnte sich langfristig nur aus zwei Gründen als berechtigt erweisen: Erstens falls Rutte mit seiner rechtsliberalen „Freiheitspartei“ VVD in der mit vielen Parteien und Einzelabgeordneten tiefzerklüfteten niederländischen Landschaft zwar Nummer eins geblieben, aber infolge von Mandatsverlusten keine regierungsfähige Koalition zusammenbringt. Oder zweitens, falls er all die eingangs skizzierten Positionen gar nicht ernst gemeint haben sollte. Was freilich für seine Partei eine riesengroße Dummheit wäre. Denn dann würde der (angeblich) so schreckliche Geert Wilders beim nächsten Mal umso deutlicher triumphieren.

Wilders ist zwar weit weg vom ersten Platz entfernt gelandet, den er noch vor einigen Wochen bei Meinungsumfragen gehabt hat. Aber dennoch ist er inhaltlich in der wesentlichsten Frage erfolgreich: Er hat durch seine überscharfen Positionierungen – so wollte er den Koran und den Islam ganz verbieten – die Parameter etlicher niederländischer Parteien dennoch genau dorthin verschoben, wo die richtige Politik eines europäischen Landes hingehört.

Die europäische Politik hatte sich jedoch in den letzten Jahren unter dem verderblichen Einfluss Angela Merkels und der – in etlichen Ländern noch vorhandenen – Sozialdemokratie ganz weit weg davon positioniert. Das sollte jetzt zu einem Ende kommen.

Am wichtigsten: Absage an Islam und Wohlfahrtsstaat

Hoffentlich lernen es viele Parteien der rechten Mitte: Eine klare Absage an die illegale Einwanderung, an den politischen Islam und an den lähmenden sozialistischen Wohlfahrtsstaat sowie eine deutliche Antwort an die Türkei müssen Teil jedes Überlebensrezepts sein. Gewiss, eine Angela Merkel und ein Reinhold Mitterlehner werden das nicht mehr begreifen. Aber immerhin hat die rechte Mitte mit Sebastian Kurz einen Mann, der genau dort steht, wo Rutte seinen – freilich nur relativen – Sieg errungen hat (Sitze hat auch er verloren).

So richtig Wilders in Sachen Migration gelegen ist, so unverständlich war und ist sein Verlangen, dass die Niederlande aus der EU austreten. Ein solcher Austritt ist für jedes Land eine Selbstbeschädigung, für ein Land mit der Lage und dem stark entwickelten Handelsgeist der Niederlande ist das doppelt dumm.

Das ist auch sicher der Hauptgrund, weshalb Wilders letztlich gegenüber den Umfragen zurückgefallen ist (gegenüber den letzten Wahlen hat er ja stark dazugewonnen). Ihre EU-Austrittspläne werden in etlichen Wochen ebenso der Französin Marie Le Pen schaden, obwohl derzeit sonst fast alles für sie sprechen würde.

Das hat zum Unterschied von diesen Parteien – Schwesterparteien? – die FPÖ in Österreich begriffen. Sie hat sich von allen EU-Austritts-Spielereien wieder distanziert, die noch vor nicht allzu langer Zeit bei den österreichischen Freiheitlichen populär waren.

EU-Austritt war keine ernsthafte Gefahr

Die internationale Berichterstattung der letzten Tage war total übertrieben und sogar falsch. Sie hat Wilders als einen neuen Hitler porträtiert. Und sie hat den niederländischen Urnengang ganz auf die Thematik zu reduzieren versucht: „Wenn Wilders Nummer Eins wird, dann treten die Niederlande aus der EU aus.“ Denn selbst wenn Wilders so gut wie von ihm erträumt abgeschnitten hätte, hätte er für einen EU-Austritt keinerlei parlamentarische Mehrheit bekommen. Aber viele Medien wollen halt immer dramatisieren und zuspitzen.

Der relative Dämpfer für Wilders heißt freilich noch lange nicht, dass das Überleben - oder Wiederbeleben - der EU garantiert wäre. Denn gerade dieses Ergebnis könnte die Gefahr bedeuten, dass man zwischen Brüssel und Straßburg wieder in die alte Selbstgefälligkeit zurückfällt. Oder dass man meint, zwei vernünftige Urteile des EU-Gerichtshofs (kein Asyl in EU-Außenvertretungen und kein Verbot für ein Kopftuchverbot) wären genug. Und weitere Konzessionen an den Willen der europäischen Mehrheit wären daher des Teufels.

Sollten in Zukunft aus Den Haag jedoch wieder Signale kommen, die auf mehr Migration, Islam, Überregulierung und Griechenland-Rettung hinauslaufen, dann wäre klar: Sie haben gar nichts begriffen. Sie haben nur wegen des niederländischen Wahlkampfs kurz den EU-Fundamentalismus verräumt. Diese Gefahr ist umso größer, als diese Europa-Fundamentalisten im EU-Parlament eine massive Mehrheit haben. Die EU-Skeptiker nehmen ja meistens an EU-Wahlen gar nicht teil – im Glauben, Brüssel dadurch strafen zu können).

Requiem für die Sozialdemokratie

Was sich schon bei etlichen Wahlen abgezeichnet hat, ist in den Niederlanden nun endgültig zum Faktum geworden: Vor allem Sozialdemokraten, aber auch möglicherweise die Christdemokraten sind in der herkömmlichen Form Vergangenheit. Dabei hat dieses Duo Europa lange fast allein, wenn auch meist abwechselnd, regiert. Daran kann auch das wilde Zickzack von Christian Kern nichts ändern. Und der seltsame Linkskurs von Angela Merkel schon gar nichts. 

Diese Parteien sind nur noch dann überlebensfähig, wenn sie vor allem klar und deutlich Nein zu Migration und Islam sagen. Was zwar noch keineswegs eine Erfolgsgarantie bedeutet, aber absolut unerlässlich für einen Erfolg ist. Das ist nicht nur für die konservativen Parteien eine Chance, sondern auch für die Sozialdemokraten, wie etwa die Slowakei und auch Tschechien zeigen. Für die holländischen Christdemokraten ist es immerhin ein Hoffnungsstrahl, dass sie jetzt Nummer zwei geworden sind - wenn auch weit weg von einstiger Größe. Die Sozialdemokraten sind derzeit hingegen strahlenfrei positioniert. Das kann man ja auch daran ablesen, dass der offizielle rote Parteikandidat bei den französischen Wahlen absolut keine Chance hat, auch nur in die Stichwahl zu kommen.

In den Niederlanden zeigt sich auch der historische Fehler der Sozialdemokratie in Sachen Migration. Sie hat ganz auf die Migranten gesetzt, damit ihre alten Wähler vertrieben - und muss nun sehen, wie sich die Migranten dort jetzt in einer eigenen Partei (und bei den Grünen) finden. Blöd gelaufen.

In Deutschland, dem wichtigsten Land Europas, scheinen beide Großparteien derzeit außerstande, sich Richtung Vernunft zu bewegen. Vor allem die SPD ist dort ganz migrantensüchtig. Umso spannender wird es bei den kleineren Parteien werden: Begreift die FDP, dass sie nur dann Existenzberechtigung und gute Wahlchancen hat, wenn sie nicht nur wirtschaftsliberal ist, sondern auch eine klare Haltung zum wichtigsten Thema Deutschlands einnimmt? Begreift die AfD, dass sie nur dann vor einem Wilders-ähnlichen Zurückfallen gefeit ist, wenn sie allzu radikale oder gar neonazistische Positionen vermeidet (einzelne ihrer Politiker scheinen das nicht zu wissen)? Können sich vielleicht gar bei den Grünen (Cem Özdemir, Winfried Kretschmann) oder den Linken (Sarha Wagenknecht) jene durchsetzen, die in letzter Zeit den Pro-Asyl-Kurs der jeweiligen Partei ablehnen?

PS: Erstaunlich an den Niederlanden ist die Wahlbeteiligung, die im internationalen Vergleich eher ungewöhnlich ist. Auch wenn der Einzug absonderlicher Kleinstparteien ein wenig an der dahinter eigentlich zu vermutenden Ernsthaftigkeit zweifeln lässt.

PPS: Bedenklich an den Niederlanden ist, dass es dort auch eine eigene Tierpartei gibt (die ebenfalls ins Parlament einzieht). Eine großen Orden für Verdienste um die Demokratie kann sich das Land daher nicht holen. Denn Demokratie hängt immer auch mit Ernsthaftigkeit zusammen.

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