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Milliarden-Krankenhaus ohne Boden

Der Bau des Krankenhauses Wien-Nord wird endgültig zu einem der größten Skandale der letzten Jahrzehnte. Die Information durch einen seriösen Banker, der in den letzten Tagen an einer (auf Wunsch der Gemeinde streng vertraulichen) Besprechung mit den Rathausverantwortlichen teilgenommen hat, ist schockierend. Ihr zufolge wird die Größenordnung des Skandals in der gesamten Nachkriegszeit nur noch von jener beim Neubau des AKH übertroffen.

Der  einzige noch fehlende Unterschied ist das Fehlen persönlicher krimineller Bereicherungen. Aber ansonsten haben die Verzögerungen, gravierenden Planungsfehler und Mehrkosten gegenüber den ursprünglichen Erklärungen inzwischen wirklich katastrophale Ausmaße erreicht. Nach den dem Autor zugegangenen, zwar nicht unabhängig nachprüfbaren, aber absolut glaubwürdigen Banker-Informationen gehen die Mehrkosten in die Milliardendimension.

Rathausintern wird die Verantwortung für das ganze Projekt schon seit Monaten auf die zwei Stadträtinnen Brauner und Wehsely geschoben. Die restliche Stadtregierung geht auf signifikante Distanz zu den beiden Frauen (die ohnedies durch vielfältige andere Affären schwer belastet sind: die Explosion der Verschuldung der Stadt, die schlechte wirtschaftliche und Arbeitsmarkt-Entwicklung Wiens, die zahllosen Affären im Kindergartenbereich, die schweren Konflikte mit den Ärzten, und das in der Bevölkerung unpopuläre Wehsely-Engagement an der „Refugee Welcome“-Front).

Und jetzt also das Krankenhaus Nord: Bei Baubeginn waren vom Rathaus die Kosten noch mit 825 Millionen beziffert worden. Bei der Geheimbesprechung mit den Banken ist es hingegen bereits um Gesamtkostenschätzungen gegangen, die bis zu drei Milliarden Euro ausmachen. Brauner und Wehsely versuchen dementsprechend verzweifelt, die Banken als Mitfinanciers mit an Bord zu holen, um zu erreichen, dass die Kosten nicht sofort und unmittelbar das Rathaus treffen.

Die Geldinstitute scheinen zum Teil auch durchaus bereit einzusteigen. Wagen sie doch traditionell nicht, sich gegen Wünsche der Politik zu stellen. Außerdem haben sie derzeit ohnedies auf Grund der EU-Regulierungen viel zu viel liquides Geld, das sie nicht ohne extrem hohe Sicherstellungen verleihen dürfen. Und gilt doch die öffentliche Hand auf Grund der sogenannten Basel-Abkommen noch immer als angeblich todsicherer Schuldner.

Größtes Problem der beteiligten Politiker (und der meisten Banken) ist nach den bei der Banken-Besprechung gemachten Aussagen gar nicht die Kostenexplosion, sondern die Frage: Wie kann man das Desaster möglichst lange an der Öffentlichkeit vorbei geheimhalten? Andernfalls wäre es nämlich mit Sicherheit um die Zukunft der beiden beteiligten Stadträtinnen geschehen.

Die vielen Pannen des Krankenhauses haben schon seit Baubeginn zu Verteuerungen geführt. Zum kleineren Teil sind diese auch schon zugegeben worden. So hat man im Juni 2014 plötzlich 957 Millionen Kosten eingestanden – wozu noch „Finanzierungskosten“ kommen würden.

Auch diese Formulierung war eine ziemliche Chuzpe: Denn bei den ersten Kostenangaben war keineswegs von dazukommenden „Finanzierungskosten“ die Rede. Diese plötzlich auftauchende Bezeichnung bedeutet in Wahrheit: Man ist nicht mehr imstande, das immer teurer werdende Projekt aus dem schwer defizitär gewordenen Stadtbudget zu stemmen.

Im Jänner 2015 hat dann der – immer wieder erstaunlich ehrliche – Stadtrechnungshof offen die Frage gestellt, woher eigentlich 299 Millionen, die schon damals zur Ausfinanzierung gefehlt haben, kommen sollen. „Eine schriftliche Finanzierungsstrategie zur Deckung dieses Liquiditätsbedarfs konnte nicht vorgelegt werden.“ Auch das ist eigentlich unglaublich: Man hat längst schon zu bauen begonnen, aber keine Ahnung, woher das gesamte Geld eigentlich kommen soll.

Dabei kommen ohnedies 300 Millionen der Baukosten aus einem günstigen Kredit der EIB (EU-Investitionsbank).

Im November 2015, bei einer weiteren Etappe der zitzerlweisen Ehrlichkeit, rechnete dann der KAV schon mit Kosten von „rund“ einer Milliarde. Am Beginn des heurigen Jahres heißt es dann in einem offiziellen Prüfansuchen der FPÖ an den Rechnungshof, dass man mit Gesamtkosten von 1,5 Milliarden rechne. Die Dementis zu dieser Summe waren erstaunlich verhalten (Der Endbericht des Rechnungshofs zum Krankenhausprojekt liegt noch nicht vor).

Und nun der peinliche Bittgang der beiden Stadträtinnen zu den Banken. Besonders erschütternd war dabei eine Episode, die ein Teilnehmer so schildert: Auf die Frage der Bankbosse nach belegbaren Zeichen einer ernsthaften Sparbereitschaft habe Brauner stolz erwidert, im Vorjahr schon eine Million(sic!) Euro Personalkosten eingespart zu haben. Allgemein brach darauf Gelächter aus. Was Brauner aber nicht ganz verstanden haben dürfte. Für sie dürfte gelten: Wenn man eine Million einspart, dann darf man doch in Milliardendimensionen Misswirtschaft treiben…

Noch gar nicht einberechnet in die Gesamtbelastung des Steuerzahlers sind die anderswo untergebrachten Kosten des Projekts: So haben die ÖBB eine Schnellbahn-Haltestelle für das Krankenhaus verlegen müssen, was weitere 24 Millionen gekostet hat.

Aber zugegeben: Für dieses schmerzhafte Geldvermehrung hat die Stadtregierung auch noch besonders wichtige Dinge im Projekt untergebracht, wie etwa 50 Brutkästen für Schwalben und Fledermäuse. Schließlich sitzen ja jetzt die Grünen mit in der Macht.

Parallel zu dieser Kostenexplosion (selbst wenn man nur den bisher zugegebenen Teil nimmt, sind sie ja gravierend) gibt es auch noch arge Verzögerungen des Fertigstellungstermins zu verbuchen. Dies hat man freilich ebenfalls versucht, nur in Salamischeiben zu kommunizieren.

Bei Baubeginn im Jahr 2011 war nämlich noch ein Teilbezug für 2015 fix versprochen worden. Nach mehreren Verschiebungsetappen ist nun offiziell das Ende des Jahres 2017 in Aussicht gestellt. Da allein die Übersiedlung der anderswo bestehenden Spitalsstationen (samt Patienten!) nach Floridsdorf ein gewaltiges logistisches Projekt ist, das mindestens ein Jahr dauert, rechnen oppositionelle Skeptiker nun sogar schon mit dem Jahr 2020.

Will man die Ursachen all dieser teuren Peinlichkeiten auf einen einzigen Nenner bringen, dann liegen diese eindeutig im völligen Fehlen einer professionellen Bau- und Planungs-Agentur in Wien.

Der Bund hingegen, wo es früher auch unendlich viele üble Affären gegeben hatte, hat mit der BIG inzwischen eine solche sehr effizient aufgebaut. Diese hat es etwa verstanden, das riesige Projekt der neuen Wirtschaftsuniversität ohne Kostenüberschreitung und Verzögerung abzuwickeln. Anderes Positivbeispiel war die Errichtung der heute die Schönheit Wiens maßgeblich prägenden Bauten der Ringstraßenepoche in der bürgerlich-liberalen Epoche gewesen: Diese haben damals die Steuerzahler überhaupt nichts gekostet, weil die privaten Bauherren die Grundstücke für ihre eigenen Palaisbauten teuer kaufen mussten.

Bei den Projekten der heutigen Gemeinde Wien fehlt hingegen jede Professionalität. Dadurch können einerseits ständig neue Wünsche das Geschehen verzögern und verlangsamen. Dadurch passiert in der Planung viel Pfusch. Und vor allem kann sich dadurch die Rathaus-Politik viel zu sehr einmischen. Alleine die Tatsache, dass der Ehemann einer SPÖ-Gemeinderätin Architekt des Krankenhauses Nord ist, stinkt zum Himmel und hätte in anderen Ländern Debatten über den Rücktritt des Bürgermeisters ausgelöst.

Kein Trost für die beiden Stadträtinnen kann sein, dass Verzögerungen und Verteuerungen bei öffentlichen Bauten auch im Ausland passieren. Vom Flughafen Berlin bis zur Hamburger Elbphilharmonie hat das nämlich schon etlichen Politikern den Job gekostet.

Noch schlimmer war nur das Wiener AKH. Dessen Bau hat statt zehn Jahren mehr als doppelt so lang gedauert. Das AKH hat am Ende 45 Milliarden Schilling (3,3 Milliarden Euro) statt der ursprünglich verkündeten einen Milliarde gekostet, sowie einen Rattenschwanz an Prozessen ausgelöst. Das Wiener Stadthallenbad ist – wenn auch Größenordnungen kleiner – ein weiteres Beispiel völligen Planungsversagens der Rathausmänner und -frauen.

Die konkreten Details der Floridsdorfer Pannenflut werden von den Verantwortlichen bis heute vertuscht. Immer wieder ist inoffiziell die Rede von Wassereintritten und von einer Absenkung eines instabilen Fundaments, von gewaltigen Statikproblemen, von Streitereien mit Firmen, von Kosten durch den Konkurs eines beteiligten Unternehmens und von skurrilen Planungsdetails, wie sie unlängst die „Presse“ aufgedeckt hat. Dort konnte man lesen, dass die Zufahrt für die Rettungsfahrzeuge zu niedrig geplant gewesen war, sodass höhere Fahrzeuge nicht durchfahren können.

Wen es erstaunt, dass Medien seit Jahren nur sehr schamhaft über das Ganze berichten, der vergisst die hunderten Millionen Schilling, die die Gemeinde Wien im Lauf der Jahre für Inserate usw. in diesen Medien ausgegeben hat. Der vergisst auch den direkten Durchgriff, den die SPÖ auf die meisten Fernsehsender hat.

Und wer noch immer nicht überzeugt ist, dass der – auch für Wien-Nord zuständige – Krankenanstaltenverbund unfähig ist, vernünftig zu wirtschaften, dem sei eine Aussage zitiert, die der KAV-Chef unlängst in einer Diskussion gemacht hat: Man könnte zwar die Reinigung der Spitäler durch die Privatisierung dieser Dienstleistung schon billiger machen. Aber dann gingen Arbeitsplätze verloren. Und das könne man doch nicht wollen.

Besser könnte man die sozialistische Einstellung zur Verschwendung fremden Geldes nicht formulieren.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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