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Die Welt braucht die Siebzigjährigen

Pensionsdebatte am letzten Parlamentstag vor Weihnachten: Ein Abgeordneter nach dem anderen wetteiferte, wer noch tiefer als die anderen in den Sack des Weihnachtsmannes zu greifen willens ist, um die Pensionisten zu bescheren. Wie freilich dessen Sack befüllt wird, kümmerte die Bescherer hingegen so gut wie gar nicht.

Dabei geht es hier um das weitaus größte finanzielle Problem Österreichs. Alljährlich müssen immer noch höhere Milliardenbeträge aus dem (ohnedies defizitären) Steuertopf in die Pensionsversicherungsanstalt verschoben werden, damit diese die Pensionen überhaupt zahlen kann. Alljährlich steigt die Lebenserwartung dank der Medizin wieder um etliche Monate an. Alljährlich sind die Pensionsansprüche der „jungen“ Neupensionisten auf Grund ihrer einstigen Beitragszahlungen deutlich höher als die der Weggestorbenen. Alljährlich gibt es mehr Pensionisten.

Gleichzeitig muss man jedoch jedes Verständnis für Pensionisten haben, die sich vor Altersarmut fürchten. Eine anständige Gesellschaft, die sich den eigenen Vorfahren und Angehörigen verpflichtet fühlt, die kann das nicht wollen.

Wie aber das Problem lösen? Es gibt nur eine einzige Lösung, die human ist UND auch rechnerisch funktioniert. Diese heißt: deutlich länger arbeiten. Und zwar nicht bis zu einem von der Politik fixierten Datum, sondern einfach so lange, wie man will. Die dann folgende Pension ist immer eine direkte Funktion aus der valorisierten Summe der Einzahlungen und der rechnerischen Lebenserwartung. Sie ist also umso höher, je länger man arbeitet.

Etwa in Schweden funktioniert das perfekt. Dort ist das Sozialsystem nachhaltig überlebensfähig. Dort arbeiten die Menschen rund vier Jahre länger als in Österreich – und dennoch steht auch in Schweden kein 70-Jähriger bei Eiseskälte in der Künette oder schleppt 50-Kg-Säcke. Solche Arbeitsplätze werden ja zum Glück auch für Jüngere immer seltener.

Wer dennoch meint, es wäre inhuman, jemanden über einem Alter von 60 oder 65 noch arbeiten zu lassen, sollte sich die drei Promis anschauen, die da im Jänner ihren neuen Job antreten:

  • Der neue UN-Generalsekretär wird im ersten Amtsjahr 68 Jahre alt.
  • Der neue amerikanische Präsident wird im ersten Amtsjahr 71 (seine Gegenkandidatin 70).
  • Der neue österreichische Bundespräsident wird im ersten Amtsjahr 73.

Die fangen also alle in diesem Alter erst an, haben noch viele Jahre harter Arbeit vor sich und ganz gewiss keine Teilzeitjobs.

Im Wiener Parlament sitzt hingegen kein einziger Mensch dieser Altersgruppe mehr. In diesem Land vergeudet das Sozialsystem die offensichtlich anderswo erkannten Fähigkeiten älterer Menschen. Und fährt zugleich die Finanzen gegen die Wand.

PS: Wer noch immer zweifelt, schaue auf die Kirche: Dort haben Bischöfe mindestens bis 75 zu dienen. Und der jetzige Papst ist überhaupt erst mit 74 gewählt worden, und ist heute muntere 80 (Hoffentlich erfährt das die Gewerkschaft nicht, dann kriegt er Probleme).

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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