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Mitterlehners letztes Gefecht

Reinhold Mitterlehner sucht nun den offenen Machtkampf in der Volkspartei. Er hat den ÖVP-Klubobmann gleichen Vornamens öffentlich zum Rapport vorgeladen. Er hat Lopatka also den Kampf angesagt, statt über dessen Pro-Hofer-Wortmeldung elegant (oder frustriert) hinwegzugehen. Und er wird diesen Machtkampf wohl verlieren, womit er auch seine eigenen Chancen, noch eineinhalb Jahre Vizekanzler sein zu können, weiter verkleinert. (Mit nachträglicher Ergänzung)

Aus mehreren Gründen:

  1. Mitterlehner hat selbst als erster aktiver Spitzenpolitiker der Partei, ohne irgendeinen Beschluss eines Parteigremiums zu haben, die Linie durchbrochen, dass sich die ÖVP zur Präsidentenstichwahl neutral verhält.
  2. Damit hat er selbst alle anderen VP-Granden legitimiert, ebenfalls ihre Sympathien für einen der beiden Stichwahl-Kandidaten auszudrücken.
  3. Mit seiner Unterstützung für Van der Bellen hat er nicht nur die Hälfte der sich noch als VP-Wähler deklarierenden Menschen vor den Kopf gestoßen, die beim ersten Versuch einer Stichwahl Hofer gewählt haben. Auch unter den restlichen Hofer-Wählern müssen sich ja schon rein mathematisch sehr viele ehemalige Schwarze befinden, deren Zurückgewinnung eigentlich oberstes Ziel eines ÖVP-Obmannes sein müsste. Was aber mit einer Unterstützung Van der Bellens nicht gelingen kann.
  4. Mitterlehner übersieht, dass er zwar ÖVP-Minister und den Generalsekretär im Alleingang absetzen kann, dass aber der Klubobmann alleine von den ÖVP-Abgeordneten gewählt wird. Und die dürften nach allen Anzeichen mehrheitlich klar hinter Lopatka stehen.
  5. Mitterlehner muss wissen: Der ganze ÖVP-Klub weiß, dass der Parteiobmann und seine Mitarbeiter im letzten Jahr immer wieder bei vertraulichen Journalistenkontakten die Schuld am Zustand der Koalition auf Lopatka geschoben haben. Dieser hatte in der Tat zusammen mit dem Klub etliche schlechte Koalitionskompromisse neu zu verhandeln versucht, die vor allem von Mitterlehners Staatssekretär Mahrer verschuldet worden waren.
  6. Vor allem übersieht Mitterlehner, dass er es jetzt sich nicht nur mit Lopatka und dem Klub, sondern auch mit seinem wohl unvermeidlichen Nachfolger, Außenminister Kurz, angelegt hat. Dieser wird sich zwar wohl nach außen bedeckt halten, aber sicher nicht das Van-der-Bellen-Harakiri Mitterlehners abdecken. Das gleiche Verhalten ist von den ÖVP-Landesparteichefs (außer denen in Vorarlberg und der Steiermark) zu erwarten.
  7. Mitterlehner hat persönlich katastrophale Imagewerte. Lopatka auch, aber der tritt ja nicht zum Kampf um die Parteiführung an...

Fast könnte einem dieser Reinhold M. leid tun. Fast.

Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen haben sich Mitterlehner und Lopatka getroffen - und die öffentliche Kampfansage Mitterlehners wegen angeblicher "Illoyalität" Lopatkas ist wie ein angestochener Luftballon in sich zusammengebrochen. Jeder der beiden blieb bei seiner (klar einseitigen) Aussage zur Präsidentenwahl. Jeder der beiden betonte, dass das aber kein Wahlaufruf gewesen sei. Und Lopatka bedauert, dass er Mitterlehner nicht im Vorhinein von seinem Pro-Hofer-Interview informiert habe. Als ob der Zeitpunkt dieser Information das Hauptthema dieses ÖVP-Zwists gewesen wäre...

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