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Wie die Medien Stimmung machen

Zwei Parteitage binnen weniger Stunden, zwei Parteichefs zur Wiederwahl, zweimal ähnliche Ergebnisse. Aber die Spin-Doctoren in den Medien berichten darüber (in nur scheinbar sachlich-agenturartigen Berichten) mit total unterschiedlicher Färbung. Womit sie wieder einmal ihre dumpfe ideologische Schlagseite zeigen.

  • Erstens: Der bayrische CSU-Chef Seehofer wurde mit 87,2 Prozent wiedergewählt. Laut den Berichten vieler österreichischer Medien war es ein „Denkzettel“, dass er „nur“ so wenige Stimmen bekommen hat.
  • Zweitens: Wenig später wurde die österreichische Grünen-Chefin Glawischnig mit 84,9 Prozent wiedergewählt. In den Berichten darüber findet sich nirgendwo das Wort Denkzettel, sondern nur Freundlichkeiten und höchstens in einem Nebensatz die Erwähnung, dass das das  bisher schlechteste Ergebnis der grünen Kärntnerin ist (bei den Grünen hatte Altstar Peter Pilz vor dem Parteitag eine eigentümlich rätselhafte Mini-Revolte gegen Glawischnig versucht).

In Wahrheit sind beide Ergebnisse problemlos. In einer Demokratie halten nur geistige Stalinisten Wahlergebnisse von 99 Prozent für wünschenswert.

Aber darum geht es hier nicht, sondern um das Ärgernis der unterschiedlichen Darstellungen in vorgeblich sachlichen Berichten. Die Gründe für diesen Unterschied stinken zehn Kilometer gegen den Wind. Die Grünen finden bei unglaublich vielen Journalisten kaum getarnte Sympathien; daher wird, wenn es nur irgendwie geht, jeder kritische Unterton vermieden.

Die CSU hingegen ist für die meisten Medien a priori ein widerlicher Verein. Noch schlimmer: Seehofer hat auf dem Parteitag CDU-Chefin Angela Merkel zu kritisieren gewagt und von ihr – in Merkels Gegenwart – vehement eine Limitierung des Flüchtlingszustroms verlangt. Das hat Merkel sehr verärgert, aber viel Beifall gefunden. Für die „objektiven“ Mainstream-Medien ist Kritik an Merkels Immigrationspolitik jedoch pfui – und wenn ein Seehofer sie doch äußert, muss er sofort mit einem „Denkzettel“ bestraft werden.

Jene CSU-Delegierten, die gegen Seehofer waren, hatten überwiegend ein ganz anderes Motiv: Es waren vor allem begeisterte Anhänger des bayrischen Finanzministers Markus Söder. Dieser ist in den Tagen vor dem CSU-Parteitag von Seehofer ebenso heftig öffentlich kritisiert worden wie jetzt Merkel. Jedoch mit einer gegenteiligen Intention: Söder hatte sich am lautesten und heftigsten unter allen Unions-Politikern gegen diese Merkel-Politik gewandt. Das darf in Seehofers Optik nur er selber, kein anderer in der CSU.

Der CSU-Parteitag hat jedoch genau deswegen Söder mehr zugejubelt als jedem anderen Politiker. Daher sind die Streichungen für Seehofer mit absoluter Sicherheit eigentlich Stimmen für Söder. Da hat es Seehofer auch nichts mehr genützt, dass er noch schnell vor dem Parteitag die Kritik an Söder abzumildern versucht hat.

Jetzt ist ziemlich klar: Söder dürfte spätestens beim nächsten Parteitag Nachfolger Seehofers werden. Noch klarer und eindeutiger ist die Ablehnung der bayrischen Mehrheitspartei für die Merkelsche Einwanderungspolitik. Auch wenn viele Medien sie ins Gegenteil umzuinterpretieren versuchen – und sich dann wieder über den rapiden Verlust an Glaubwürdigkeit wundern.

PS: Irgendwie symptomatisch: Nach der harten Kritik auf dem CSU-Parteitag gab es von anderswo Labsal für Angela Merkel – ausgerechnet die Grünen haben sie zu ihrem nächsten Parteitag eingeladen . . .

 

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