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Die ÖBB: Dichtung und Wahrheit

Die Bundesbahn ist unter Christian Kern zweifellos erfolgreicher als früher. Freilich nur dabei, sich (und vor allem Kern) zu vermarkten. Die Probleme sind aber haargenau die gleichen geblieben.

Da hat Kern sich jetzt etwa berühmt, „durch Gesundheits-Checks“ 51 Mitarbeiter aus der Langzeit-Krankenstands-Pension wieder zurückzuholen. Sie waren offensichtlich durchaus arbeitsfähig. Oder wie Kern feige formuliert: Sie wurden es „wieder“. Der Effekt war aber gering, wie der oberste ÖBB-Spin-Doctor zugeben musste: Denn fast alle gingen bald wieder in den Krankenstand.

In Wahrheit ist also dieses Rückholprogramm eine totale Blamage. Für Kern, aber vor allem für das System. Gäbe es nicht (noch) den unabhängigen Rechnungshof, würden wir jedoch nicht einmal ein Zipfelchen der Wahrheit über die ÖBB erfahren. Der erschütternde Tiefpunkt der Rechnungshof-Daten: Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei der ÖBB liegt noch immer unter 53 Jahren!

Wie vielen anderen Berufstätigen macht auch vielen ÖBBlern das jahrelange Arbeiten keinen sonderlichen Spaß. Warum sollte es auch? Wenn Arbeiten nur Freude und Spaß wäre, bräuchte man ja kein Entgelt dafür zu zahlen!

Die Bundesbahner haben da aber im Gegensatz zum Rest der Menschheit einen riesigen Vorteil: Das Sozialsystem und die bürokratischen Strukturen machen es ihnen sehr leicht, auch ohne allzulanges Arbeiten in eine frühe Pension mit einem ausreichenden Salär zu kommen.

Daher gehen nach wie vor 90 Prozent der ÖBBler in Frühpension, weil sie angeblich krank sind. Aber statt dass wegen dieser ungeheuerlichen Zahl endlich ein paar Krankschreib-Ärzte einen Betrugsprozess bekommen, läuft das System munter weiter. Management wie Betriebsrat drücken sogar ständig öffentlich auf die Tränendrüse, wie hart doch die Arbeit bei der Bahn sein müsse, wenn 90 Prozent krank werden. Sie haben halt wirklich keinen Genierer.

Es wechseln seit vielen Jahren immer nur die Ausreden, warum bei der ÖBB jeweils erst in der Zukunft, nie in der Gegenwart ein ebenso langes Arbeiten wie etwa im Ausland üblich wird. Einmal sind der Grund die „harten Arbeitsbedingungen“; so als ob noch immer Zehntausende Eisenbahner Schwerstarbeit auf Dampfloks bei Sturm, Regen und Eiseskälte verrichten müssten. Dann ist es wieder – besonders skurril – die üble schwarz-blaue Zeit, die an den heutigen ÖBB-Missständen schuld sei; irgendwann sollten die sozialistischen Propagandamaschinen aber doch mitkriegen, dass Schwarz-Blau über acht Jahre vorbei ist.

Alles scheitert am Dienstrecht

Warum scheitern im wirklichen Leben alle politischen Ankündigungen so hartnäckig, die Eisenbahner viel länger beschäftigt zu halten? Ich glaube gar nicht, dass Politiker und ÖBB-Vorstände uns dabei ständig bewusst Schmähs erzählen. Manche von ihnen werden durchaus ehrliche Absichten haben. Aber in Wahrheit hat noch kein einziger von ihnen das von der ÖBB-Gewerkschaft mit Hilfe von Partei, Ministerium und Gesetzgeber geflochtene enge Arbeitsrechts-Netz aufschneiden können, das den teuren Privilegienstadel schützt.

Das Netz ist nämlich nicht nur eng, sondern auch unglaublich kompliziert. Zweifellos mit Absicht. In Wahrheit kennt sich niemand im ÖBB-Dienstrecht aus – außer den Nutznießern selber, also vor allem die Gewerkschaft. Das hat der damalige ÖBB-Gewerkschaftsboss Haberzettl vor vier Jahren selbst einmal in einem Interview zugegeben: „Ich glaube, dass sich die meisten ÖBB-Manager im Arbeitsrecht der Eisenbahner nicht auskennen.“ Da hat er wohl einmal wirklich recht gehabt. Genau das ist auch das größte und teuerste ÖBB-Problem.

Übrigens ist es beim allgemeinen Beamtendienstrecht ganz ähnlich. Ich habe noch keinen einzigen Nicht-Beamten, keinen Politiker kennengelernt, der sich darin wirklich auskennen würde. Deshalb scheitern auch dort alle Reformversuche. Obwohl fast jede Regierung solche unternommen hat (Bei den Regierungen Faymann ist mir allerdings nichts bekannt).

In Deutschland streiken Lokführer und Piloten fast ständig im Kampf um ihre Privilegien. In Österreich tun sie das viel seltener. Hier sind die Gewerkschafter aber nicht verantwortungsbewusster, sondern nur raffinierter. Hier darf sogar hie und da reformiert werden, wofür sich mehrere Regierungen auch schon selbst gefeiert haben. Solche Reförmchen beschwichtigen dann auf Jahre jede kritische Debatte – bis dann die Außenwelt und der jeweilige Finanzminister endlich mitkriegen, dass sich eigentlich gar nichts geändert hat. Im Dickicht des komplizierten Dienst- und Arbeitsrechts – und dessen extrem arbeitnehmerfreundlicher Interpretation durch viele Sozialgerichte – ist noch jede Dienstrechtsreform steckengeblieben.

Manche Reformen sind freilich schon von Anfang an lächerlich. So sollen neuerdings Eisenbahner ab dem 54. Lebensjahr in eine altersbedingte Teilzeit gehen können. Als Begründung für dieses neue Privileg wird dann wiederum die furchtbar schwere Arbeit genannt. So als ob die ÖBBler die Züge eigenhändig über den Semmering schieben müssten.

Der absurde Ungeist des nur-ja-nicht-zu-viel-und-zu-lang-arbeiten-Wollens steckt ganz tief in den Genen der ÖBB-Gewerkschaft. Archetypisch, hat sich das bei Haberzettls Rücktritt gezeigt: Er ist im Alter von 56 aus allen Funktionen in ÖBB, ÖGB und SPÖ abgegangen; und er hat das auch noch frech kommentiert: Er wolle „jüngeren Talenten Platz machen". Mieser geht’s nimmer. Da ist es doppelt selbstverständlich, dass auch fast alle anderen Eisenbahner diesem Beispiel folgen wollen.

Das Verstummen von ÖVP, FPÖ und allen Medien

Trotz all dieser Missstände hat selbst die ÖVP ihre einst mutige Kritik an der ÖBB und der durch sie verursachte Verbrennung von sieben Milliarden Steuermitteln – jährlich! – aufgegeben. Ist sie des jahrelangen Kampfes müde? Erschöpft? Gekauft? Sozialpartnerschaftlich kastriert? Oder hat die ÖVP in ihrer personellen Ausdünnung einfach niemanden mehr, der sich auskennen würde?

Egal. Das Ergebnis ist für ÖBB und ÖGB perfekt. Ist doch auch die restliche Opposition verstummt. Und Zeitungen wie ORF sind so mit ÖBB-Werbung zugestopft, sodass auch dort niemand mehr kritisch recherchiert.

Daher kann die ÖBB sogar regelmäßig behaupten, sie würde Gewinne machen, ohne dass das ganze Land in schallendes Gelächter ausbricht. In Wahrheit zeigen diese „Gewinne“ ja nur, dass auf so vielen Wegen Steuergeld-Subventionen an die Bahn fließen, dass ihr dann am Schluss sogar etwas davon überbleibt. Denn der Steuerzahler zahlt de facto nicht nur die ganze Infrastruktur – Bahnhöfe bis Geleise –, sondern auch die stolzen ÖBB-Pensionen. Und überdies streift die ÖBB auch dafür noch Geld ein, dass sie überhaupt die einzelnen Strecken bedient.

Die ÖBB hat auch die von der EU und Schwarz-Blau unternommenen Versuche erfolgreich zertrümmern können, Infrastruktur und rollenden Betrieb streng zu trennen. In Österreich untersteht alles weiter einem Kommando. Auch wenn es ökonomisch völlig unsinnig und vor allem teuer ist. Das ist so, wie wenn die Asfinag auch ein de-facto-Monopol auf alle Fahrzeuge hätte, die auf Autobahnen fahren. Dadurch kann die ÖBB natürlich fast jeden echten Wettbewerb verhindern.

Ähnlich ärgerlich sind die Schikanen, mit denen die ÖBB die private „Westbahn“, die ihr wenigstens zwischen Wien und Salzburg Konkurrenz macht, aus dem Markt zu drängen versucht. Deren Aufzählung würde ganze Bücher füllen. Und es dauert immer Jahre, bis dann ein Höchstgericht wenigstens Teile davon abstellt.

Mit der ÖBB unterwegs

Als ich dieser Tage mit der Staatsbahn nach München fuhr, erlebte ich auch von der Kundenseite her an eigentlich winzigen Kleinigkeiten wieder einmal die ernüchternde ÖBB-Realität. Dabei war es der Railjet, der Vorzeigezug der Bahn. Aber nicht einmal dort war die ÖBB imstande, die um teures Geld von einigen Fahrgästen reservierten Sitze auch im Zug selbst als reserviert zu kennzeichnen. Was natürlich zu Streitigkeiten zwischen Fahrgästen führte. Diese konnten dann auch nicht bei einer Tasse Kaffee beigelegt werden: Denn die Kaffeemaschine war kaputt.

Dann erlebt ich aber doch noch eine positive Überraschung, die meine Kritik widerlegte: Es kam plötzlich ein Schaffner, der eindeutig deutlich älter als das ÖBB-Pensionsantrittsalter war. Bald aber erinnerte ich mich: Wir waren ja schon über der Grenze. Und das war in der Tat ein Schaffner der Deutschen Bahn.

Apropos ältere Menschen und die Bahn: Die ÖBB hat eine an sich verdienstvolle Initiative gestartet, mit älteren Freiwilligen den Passagieren beim Bedienen der (ja alles andere als bedienerfreundlichen) Fahrscheinautomaten wenigstens in ein paar großen Bahnhöfen zu helfen. Prompt schäumt die Gewerkschaft: Dafür solle gefälligst jemand angestellt werden.

Das ist ja in der Tat seit jeher das oberste Prinzip der Gewerkschaft, die sich eine Bahn hält: Warum billig, wenn es teuer auch geht!

PS.: Die deutsche Bahn hat in den letzten Wochen deutlich ihre früheren Wachstumsprognosen nach unten revidieren müssen. Sie spürt dramatisch die Konkurrenz der billigen Fernbus-Linien, die in Deutschland unglaublich boomen. In Österreich boomen sie nicht: Da werden nämlich von der Behörde reihenweise Anträge auf Einrichtung neuer Fernbus-Verbindungen abgelehnt. Das ist Österreichs ganz real existierender Sozialismus. Denn eigentlich ist es ja absurd, dass eine Behörde überhaupt den Bedarf an einer Buslinie prüft. Wenn wirklich niemand fahren will, müsste den Verlust ja ohnedies der Unternehmer tragen. Aber der Arm der Partei im Dienst der ÖBB-Privilegien ist noch immer sehr lang und schützt daher weiterhin die Bahn. Daher wird es wieder Jahre dauern, bis Gerichte den ÖBB-SPÖ-Filz in die Schranken gewiesen haben.

PPS.: Das Eisenbahn-Musterland Schweiz bietet an nicht weniger als 1400 Standorten Car Sharing an. Damit kann man fast überall hin mit der Bahn fahren und dann am Bahnhof direkt in ein Auto  wechseln. Was Bahnfahren natürlich viel attraktiver macht. Bei uns wird hingegen von der ÖBB weiter gegen das Auto gehetzt . . .

 

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