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Datenschutz als Korruptionsschutz

Zunehmend und immer klar zeigt sich: „Datenschutz“ ist vor allem in Wien ein beliebter Vorwand, wenn es gilt, politische Korruption, beamtete Faulheit oder Fehler zu verbergen. Diese Taktik ist raffiniert. Denn das Wort „Datenschutz“ ist im Gegensatz zum „Amtsgeheimnis“ oder gar zur „Korruption“ bei vielen Bürgern und vor allem bei Medien emotional beliebt. Und daher akzeptieren viele Menschen die ständige Berufung der Machthaber auf das Universalvehikel Datenschutz – obwohl sie selbst die Opfer der korrupten Vorgänge sind!

Ein besonders krasses Beispiel sind die besonders in Vorwahlzeiten vor allem aus SPÖ-freundlichen Medien quellenden Anzeigen der Gemeinde Wien und der Hunderten Unternehmen, die der Gemeinde gehören.

Unter dem Vorwand eines angeblichen Datenschutzes werden jedoch nie diese Vereinbarungen des Imperiums mit Medien über Anzeigen/Kooperationen/Sponsorschaften offengelegt. Dabei werden diese zur Gänze von den Steuerzahlern finanziert! Nie kommt es zur gesetzlich eigentlich vorgeschriebenen Ausschreibung von solchen Medienkooperationen, obwohl nur durch eine Ausschreibung die größte Wirksamkeit einer Werbekampagne zum geringstmöglichen Preis erzielbar wäre. All diese Korruptions-Kampagnen werden auch immer direkt von den politischen Büros ausgehandelt und laufen nicht über unabhängige Medienschaltagenturen, wie es in der ganzen werbenden Industrie sonst üblich ist.

Dazu kommen die oft skandalösen Inhalte: Die meisten Kampagnen des Wiener Rathauses dienen nämlich bloß der eigenen Beweihräucherung, sind also völlig überflüssig. Man denke etwa auch an die gegenwärtig laufende, aber völlig überflüssige Image-Werbung für Gemeindebauten. Die hätte nur dann einen Sinn, wenn es zuwenig Nachfrage nach solchen Wohnungen gäbe. In Wahrheit aber sind sie Begleitmusik für einen SPÖ-Parteitagsbeschluss, wieder Gemeindebauten zu errichten. Und Stimmungsmache für die kommenden Wahlen.

Das Medientransparenzgesetz des Bundes – das ja auch den Bundesländern die volumsmäßige Offenlegung solcher Deals vorschreibt – zeigt auch von der Größenordnung her den gewaltigen Missbrauch dieser Korruptionsmethode durch die Stadt Wien: Obwohl Niederösterreich praktisch genauso groß ist wie Wien, fließt dort im Vergleich zu Wien nur ein Siebentel Richtung Medien. Und in allen anderen Bundesländern ist das noch viel weniger.

Auf der anderen Seite zeigt die wirtschaftliche Lage etlicher Wiener Medien, dass sie den Geldfluss zum Überleben bitter notwendig haben. Und daher berichten sie redaktionell ganz im Sinn der regierenden Parteien.

Aber gerade wegen dieser unsauberen Motive wird nicht nur die Ausschreibung, sondern auch jede genauere Information der Bürger über diese Deals unter Verweis auf angeblich notwendigen Datenschutz abgeblockt. Es wird nicht einmal offengelegt, ob die Gemeinde wenigstens die normalen Rabatte der Verlage in Anspruch genommen hat.

Auch bei Burgtheater- und AKH-Skandalen werden Daten mehr geschützt als die Steuerzahler

Ein ganz ähnlicher Missbrauch des „Datenschutzes“ ist bei einem anderen großen Skandal nachweisbar, beim Kollaps des Wiener Burgtheaters. Bis heute werden dazu nicht einmal die Aufsichtsratsprotokolle herausgerückt. Der zuständige Minister Ostermayer – selbst lange Zeit in die Schule der Rathausbürokratie gegangen – begründet diese Informationsverweigerung eiskalt mit „datenschutzrechtlichen Interessen“. Als ob nicht die Transparenz gegenüber dem Steuerzahler die absolut oberste Priorität hätte. Als ob dieser nicht den obersten Anspruch hätte, wenigstens zu erfahren, wie mit dem von ihm bezahlten Geld umgegangen wird.

Auch beim AKH, dem Allgemeinen Krankenhaus in Wien, wird versucht, vieles hinter dem „Datenschutz“ zu verbergen. Dabei zeigt gerade jetzt ein aktueller Prozess um einen 50 Millionen schweren Reinigungsvertrag, wie sehr da (angeblich nur) Beamte Schindluder zu Lasten des Steuerzahlers getrieben haben. Und wieder wird die Aufdeckung von den Behörden nicht gerade erleichtert.

400 Menschen bilden 800 Lehrlinge aus

Viel mehr Transparenz ist auch noch in einem weiteren Bereich nötig, bei der überbetrieblich organisierten Lehrlingsausbildung. Diese finanziert das Arbeitsmarktservice AMS für alle jene Lehrlinge, die keinen Lehrbetrieb gefunden haben. Es macht die Ausbildung aber nicht selber, sondern gibt sie in Auftrag.

Jetzt hat man jedoch beim Verkauf einer dieser Ausbildungsfirmen an einen Finanzinvestor(!) erstaunt erfahren, dass diese Firma nicht weniger als 400 Mitarbeiter beschäftigt, um ganze 800 Lehrlinge auszubilden. Dieses Missverhältnis ist mehr als aufklärungsbedürftig, geht es doch auch hier um Steuergelder. Doch die Chefin des Wiener AMS scheint an einer solchen Aufklärung nicht sehr interessiert zu sein. Ganz zufällig finde ich gleichzeitig ein von ihr verfasstes Inserat in Wiener Boulevardzeitungen . . .

Es ist mehr als nachvollziehbar, dass sich der alte Metternich-Spruch immer mehr verfestigt: Der Balkan beginnt in Wien.

Die Grenzen der Geheimniskrämerei

Aber ist nicht „Datenschutz“ etwas Gutes und Notwendiges? Ja eh. Aber selbst wenn man das so sieht, gibt es eine klare moralische Grenze, ab der es absolut keinen Platz für Datenschutz geben dürfte: Das liegt immer dort, wo es um Steuergelder und um das Handeln öffentlich bezahlter Menschen geht. Nur private Mails, Briefe und Postings sind absolut zu schützen, ob es darin nun um Hobbies, private Beziehungen, sexuelle Vorlieben oder um politische Meinungen geht. Bei Verwendung von Steuergeldern, schwerer Kriminalität und Terrorismus darf es hingegen keinen Datenschutz geben.

Wer das Schützenswerte mit dem nicht Schützenswerten vermischt, handelt dolos.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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