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Die kleinen und großen Pannen der Volkspartei

Es ist fast amüsant, aber eigentlich deprimierend, wenn man aus den Aussendungen der ÖVP zu ihrer jüngsten Klubklausur den Kurs dieser Partei abzulesen versucht. Man findet in all dem Wortgedresche nämlich keinen Hauch eines klaren Kurses. Submissest: Das wäre aber vielleicht doch für den Staatsbürger ganz interessant. Immerhin ist die ÖVP eine von drei Parteien, die bei Umfragen abwechselnd an der Spitze liegen.

Amüsant ist etwa, wenn laut einer ÖVP-Aussendung eine Abgeordnete Himmelbauer „den demokratischen Wandel (Stichwort überalterte Gesellschaft)“ anspricht. Sie dürfte freilich nicht den demokratischen, sondern den demographischen Wandel gemeint haben. Korrigiert wurde der Text dieser Aussendung allerdings nie. Eh wurscht.

Nur: Auch nach einer Korrektur wäre nicht klar, was die Abgeordnete eigentlich meint. Wenn sie etwa sagt: „Es gehe vor allem darum, im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation wichtige Werte zu bewahren und gleichzeitig nützliche Veränderungen proaktiv zu gestalten.“

Genau! Aber bitte, was heißt solche Parteilyrik eigentlich jetzt konkret?

Das diffuse Familienbild der einstigen Familienpartei

Bei Parteiobmann Mitterlehner wird eine weitere ÖVP-Aussendung hingegen sehr wohl korrigiert – und ins totale Gegenteil verkehrt, soweit man seiner kryptischen Politikersprache überhaupt einen Sinn entnehmen kann. In der ersten Aussendung hatte es noch recht klar geheißen: „Die ÖVP forciere das traditionelle Familienbild, bestehend aus Vater, Mutter, Kind, sagt Mitterlehner“.

Super. Aber offenbar hat ihn nach dieser Aussendung gleich der von Mitterlehner ja ständig als einzig relevante Instanz angesehene Freund Werner angerufen – und gesagt, dass das nicht gehe. Plötzlich hieß es jedenfalls in der offiziellen Korrektur:

„Den bisherigen Zugang, es könnte sich beim Abschluss einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft vor dem Standesamt um eine Konkurrenz zur traditionellen Familie handeln, müsse man wahrscheinlich ebenfalls überdenken, so Mitterlehner. Auch wenn das traditionelle Familienbild aus Vater, Mutter und Kind gefördert werde, gehe es um Gleichberechtigung und nicht um Über- oder Unterordnung. ,Es gibt keinen Wettbewerb zwischen der traditionellen Ehe und dem anderen Institut‘, so Mitterlehner. Im Sinne des Kindeswohls gehe es auch darum, ein entsprechendes Bewusstsein in der Gesellschaft zu schaffen."

He, wie bitte? Bin nur ich zu blöd, um da auch nur den Hauch einer klaren Linie zu entdecken, einer erkennbaren Aussage oder gar eines logischen Arguments? Was meint der Mann in diesem Zusammenhang mit „Konkurrenz“ und „Wettbewerb“? Was um Himmels Willen heißt da „Über- oder Unterordnung“? Wofür will Mitterlehner ein „entsprechendes Bewusstsein in der Gesellschaft“ schaffen?

Der Bürger ist nur Untertan

Eigentlich habe ich durchaus schon heute ein „Bewusstsein“. Und das haben auch noch ein paar Millionen andere Staatsbürger, die da vermutlich alle als Teil dieser „Gesellschaft“ (übrigens ein klar sozialistisches Vokabel) gemeint sind. Und sie alle wollen eigentlich kein anderes Bewusstsein von Herrn Mitterlehner oder sonstigen staatlichen Gehirnwäschern eingetrichtert bekommen.

Letztlich scheint sich eines hinter diesem Wortgeklingel zu verbergen: Während es noch ein paar wert- und wählerorientierte VP-Abgeordnete gibt, die eigentlich für einen klaren Vorrang der Kindesinteressen vor dem Diktat der linken Verfassungsrichter und der Homo-Lobbys sind, will Mitterlehner vor dem linken Zeitgeist sämtliche Segel strecken. Und glaubt dann, modern zu sein. Er versucht das halt nur als alter Kämmerer mit einem unerträglichen Wortgeschwurbel zu verdecken.

Er will jetzt sogar noch Schwulen-freundlicher als der VfGH werden – obwohl man eigentlich geglaubt hat, dass das denkunmöglich ist. Aber genau das heißt es, wenn Mitterlehner in Hinblick auf die unglaubliche Judikatur dieses Gerichtshofs in den letzten beiden Jahren formuliert: „Bevor ich die Vorgabe von anderen bekomme, gestalte ich doch lieber selber“. Er kritisiert also nicht etwa hemmungslos als Gesetzgeber dilettierende Richter, sondern will deren nächsten Judikaten pflichteifrig mit noch mehr Schwulenfreundlichkeit und Kinderfeindlichkeit zuvorkommen.

Aufrüsten gegen einen „Teil der Gesellschaft“?

Ein weiteres hinter ähnlichem Geschwurbel verstecktes Umfallen Mitterlehners deutet sich in der Gesamtschulfrage an. Er wolle „nicht unbedingt über das eine Wort streiten“. Was heißt das nun wieder? Heißt es, dass trotz massiver Ablehnung durch Bürger und insbesondere Eltern, trotz hunderter Gegenargumente die Gesamtschule jetzt den Segen der ÖVP bekommt? Würden Herr Vizekanzler endlich die Gnade haben, Klartext zu den Untertanen zu reden?

Dass die Bürger für ihn Untertanen sind, macht jedenfalls ein weiteres Mitterlehner-Wort klar: „Es gilt, in der Politik das Richtige zu tun und nicht das Populäre.“ Das sagt er ausgerechnet in Tagen, wo die ÖVP bei ihren Mitgliedern eine ausgedehnte Befragung veranstaltet, deren Ausgang aber offenbar eh egal ist. Und egal sind ihm auch die 600.000 Mails, die laut Aussage der Familienverbände in den letzten Tagen an Abgeordnete gegangen sind, um diese von einem Gesetz über die künstliche Fortpflanzung abzuhalten.

Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist wurscht. Die Meinung der Bürger ist wurscht. Politik à la Mitterlehner weiß selber, was das „Richtige“ ist. Sie sagt es uns halt nur nicht.

Oder in einem Punkt doch: „Der Islam ist Teil unserer Gesellschaft.“ Danke, da bin ich jetzt aber wirklich total beruhigt.

Irgendwie wird mir nur eines nicht klar: Warum will dann die Innenministerin mit dem Segen der ganzen ÖVP jetzt um 300 Millionen die Polizei massiv aufrüsten? Gegen wen? Gegen einen „Teil unserer Gesellschaft“? Gegen Burgenländer, Bartträger, Linkshänder, Vegan-Esser, Alleinerzieher, Goldschmiede – unbestreitbar lauter Teile der „Gesellschaft“ – braucht man ja auch nicht aufzurüsten. Also ist die Aufrüstung überflüssig? Oder sagt uns Mitterlehner vielleicht etwa gar nicht die ganze Wahrheit?

Erbschaftssteuer nach Lopatka-Art

Pikant ist es in einem ganz anderen Zusammenhang aber auch, auf Klubobmann Reinhold Lopatka zu lauschen: Er sagt ein „klares Nein“ zu „rückwirkenden Erbschaftssteuern“. Das klingt nun wirklich lobenswert.

Das ist es aber ganz und gar nicht. Ein Nein zu rückwirkenden Erbschaftssteuern ist nämlich sprachlogisch zugleich ein Ja zu nicht rückwirkenden Erbschaftssteuern! Sonst hätte Lopatka ja auch einfach ein klares Nein zu jeder Form von Erbschaftssteuer sprechen können.

Rückwirkende Steuern sind ohnedies nur mit Verfassungsmehrheit durchbringbar. Von der ist diese Koalition meilenweit entfernt. Daher ist es fast eine Nullaussage, gegen solche rückwirkenden Steuern zu sein.

Das Alles verschweigt uns Herr Lopatka freilich.

Die Tatsache, dass die ÖVP ihren letzten Wahlkampf noch mit der Garantie „keine neuen und keine höheren Steuern“ geführt hat, bedeutet die Einführung von Erbschaftssteuern in welcher Form immer den glatten Bruch eines Wahlversprechens. Daher hat sich noch Michael Spindelegger zu Recht geweigert, irgendwelche Steuererhöhungen ins Koalitionsabkommen aufzunehmen. Aber Spindelegger wurde ja bald danach von den parteiinternen Populisten (aus Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich) weggejagt. Und jetzt soll mit den unter klaren Wahlversprechen gewonnen Mandaten offenbar etwas ganz anderes beschlossen werden als versprochen.

Damit zeigt die heutige ÖVP, dass sie nicht einmal die einzige politische Regel begriffen hat, die sogar ein Werner Faymann begreift: Brich nie ein Wahlversprechen.

Doch noch ein Lob für Mitterlehner

Bevor mir diese diversen Miss- und Schwurbeltöne von der VP-Klausur aufgefallen sind, wollte ich eigentlich in einem ganz anderen Zusammenhang Mitterlehner durchaus loben. Er fährt nämlich jetzt zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Das ist klug und ein sehr positives Signal. Denn wir leben in einer total globalisierten Welt, in der gerade ein kleines Binnenland bei der weltweit wichtigsten Zusammenkunft und Diskussionsplattform von Staats-, Regierungs- und Wirtschafts-Chef keinesfalls fehlen sollte.

Werner Faymann fehlt hingegen dort schon etliche Jahre. Aber er scheint ja ohnedies zu glauben, dass es als außenpolitischer Inhalt ausreicht, auf Befehl des Boulevards eine Internationale Organisation aus Wien zu vertreiben.

Das Davoser Forum ist freilich auch ohne Faymann das weltweit wichtigste Dialog-Highlight. Auch wenn es sich weder vom Davoser Bürgermeister noch von der Schweizer Regierung noch einer Schweizer Boulevard-Zeitung vorschreiben lässt, welche Erklärungen es abgibt oder nicht abgibt.

Aber andererseits hat ja Faymann recht, dass er offensichtlich auch heuer wieder fernbleibt: Denn in Davos müsste man Englisch reden . . .

 

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