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Sonntags Menschen zweiter Klasse

Das Geld liegt auf der Straße. Aber wichtige Lobbies sind dagegen, dass man es aufheben darf. Denn dazu müsste man sich ja bücken. Was anstrengen könnte. Höchstens Ausländer sollen es aufheben dürfen. Das ist die Kurzfassung der Debatte rund um die Wiener Sonntagsöffnung.

Nach Jahrzehnten der Blockade durch die sogenannten „Sozialpartner“ (also Lobbies, die nur eine Minderheit der Bürger vertreten) ist jetzt anscheinend ein bisschen Bewegung in die Frage gekommen. Die Wirtschaftskammer hat sich – offenbar unter dem Druck wachsender Probleme des Handels – dazu durchgerungen, erstmals an ein Aufsperren zu denken. Aber nur in Touristenzonen, worunter lediglich der erste Bezirk und eventuell die untere Mariahilfer Straße verstanden werden.

Die Kammer macht daher jetzt wenigstens einmal eine Umfrage unter ihren Mitgliedern. Die rotgrüne Gemeinde hält sich überhaupt bedeckt. Sie macht ihre Entscheidung von der Gewerkschaft abhängig. Dort aber dominiert noch wie eh und je die Beton-Fraktion der Nein-Sager.

„Sonntags nie“ heißt deren Devise. Selbst wenn Verkäufer pro Stunde deutlich mehr bekämen als während der Woche. Selbst wenn niemand zur Sonntagsarbeit gezwungen werden könnte. Ignoriert wird vor allem auch die Tatsache, dass es so manchen Familien durchaus passen würde, könnte ein Elternteil am Sonntag etwas dazu verdienen, weil sich da der andere Teil voll um die Kinder kümmern könnte.

Vehement gegen jede Sonntagsöffnung – selbst wenn es beispielsweise nur eine ab 15 Uhr wäre – kämpfen auch Kirchen- und FPÖ-Funktionäre. Sie gehen offenbar davon aus, dass es niemand nötig hat, dazu zu verdienen. Dass eh alle Wiener im Wohlstand schwimmen. Sie begreifen überdies nicht, dass gemeinsame Einkaufsbummel für viele Familien auch eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten sind.

Aber auch die Meinungslosigkeit des Bürgermeisters und der Stadtregierung ist absurd: Haben sie nicht geradezu die Pflicht, zu regieren, statt wichtige Entscheidungen immer nur an Lobbies zu delegieren? Haben sie nicht die Pflicht, auch die Interessen der größten Gruppe zu berücksichtigen, nämlich der Konsumenten?

Diese aber haben in dieser Stadt keine Lobby. Dabei stimmen sie seit Jahren persönlich in breiter Front ab: einerseits, indem sie jeden Sonntag in großer Zahl die wenigen offenen Geschäfte auf Bahnhöfen stürmen; und andererseits, indem sie regelmäßig in die Einkaufs-Zentren im grenznahen Ausland fahren. Dort wird dann viel Geld gelassen. Zugunsten der dortigen Geschäftsleute, zugunsten der dortigen Steuerkassen.

Würde in dieser Stadt, in diesem Land irgendjemand auch an die Konsumenten denken, dann gäbe es gar nicht den perversen Vorschlag, nur in „Touristenzonen“ Geschäfte zu öffnen. Diese Idee behandelt de facto Wiener als Menschen zweiter Klasse. Sie wollen aber von der Obrigkeit nicht schlechter behandelt werden als die Touristen. Und daher auch außerhalb des ersten Bezirks einkaufen gehen.

Dabei ist völlig klar, und immer wieder zeigen das auch Ökonomen-Berechnungen: Sowohl von den einheimischen wie auch den touristischen Einkäufern wäre eine spürbare Umsatzvermehrung im dreistelligen Millionenbereich zu erwarten. Das würde mehr Arbeitsplätze schaffen. Das täte insbesondere auch der Konjunktur und den Steuerkassen gut. Diese müssten ja ohnedies dringend gefüllt werden – insbesondere in Zeiten, da Milliarden-Forderungen der Gewerkschaften neue riesige Löcher aufzureißen drohen.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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