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Der Spitzenkandidat und die Scherben Europas

Von Tag zu Tag stellt sich mehr heraus, welcher Fehler das vor den EU-Wahlen gegebene Versprechen war, der Spitzenkandidat der mandatsstärksten Partei werde jedenfalls EU-Kommissionspräsident. Das ist in keiner Demokratie der Welt so.

Dieses Versprechen war im EU-Parlament besonders dumm. Weil dieses durch die Bevorzugung der Kleinen massiv undemokratisch ist; weil jedes Land ein komplett anderes Wahlrecht hat (in Österreich dürfen sogar schon Kinder wählen); weil in jeder normalen Demokratie die Mehrheit der Abgeordneten nach den Wahlen zählt und nicht Festlegungen einzelner Listen vorher; weil in Großbritannien die Christdemokraten – mit Würgen als Nummer eines durchs Ziel gekommen – gar nicht kandidiert haben.

Das hat Angela Merkel zwar vorhergesehen. Die anderen größeren Europäer haben hingegen so viele häusliche Sorgen, dass sie nicht einmal bis zum Abend des gleichen Tages mehr denken. Und die kleinen Staaten haben meist ohnedies keine Außenpolitik.

Oder haben die Leser etwa bei ÖVP oder SPÖ eine solche entdeckt? Dort reicht es seit Jahren nur für ein paar Stehsätze vor den ORF-Kameras. Einzige wahrnehmbare Außenpolitik waren die scharfen und kontraproduktiven Töne gegen Ungarn, die der Steuererfinder Treichl von der Erste Bank und der Landwirtschaftsminister Rupprechter (Selbstdefinition „grüner Sozialdemokrat“) abgesondert haben. Ach ja: Und das nach den Wahlen forcierte Werben des Außenministeriums für einen Beitritt Serbiens.

Letztlich hat aber auch Merkel den Leitartiklern nachgegeben, die nach einem Spitzenkandidaten gerufen haben. Ergebnis: Die EU könnte erstmals einen Kommissionpräsidenten haben, der nicht von allen Ländern unterstützt wird.

Nun, es gibt Schlimmeres. Viel ärger, viel entscheidender wird sein: Kann man Großbritannien in der Gemeinschaft halten? Wird der Binnenmarkt als große Leistung der EU gerettet werden? Werden die Regulierer, Zentralisierer und Sozialdemokraten (ob sie nun als rote, schwarze, grüne oder pinke Partei angetreten sind) in der EU endlich zurückgedrängt werden.

Aber sowohl im Parlament wie auch in der Kommission haben sie die Mehrheit. Unter den Menschen in Europa sind sie freilich total in die Minderheit. Diese haben jedoch keine Artikulation, sind damit irrelevant.

Gewiss: Die Länder, die zu Pfingsten in Schweden versammelt waren (Niederlande, Deutschland, Großbritannien und Schweden), sind – zusammen mit Polen – die wirtschaftlich erfolgreichsten EU-Europas. Sie denken ordnungspolitisch ziemlich richtig. Jedoch haben auch sie kein gemeinsames Konzept – und sind europäisch in der Minderheit. Und Merkel wird im Zweifel den Medien und dem sozialdemokratischen Koalitionspartner nachgeben.

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