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Wie lange noch Konflikte in der ehemaligen Sowjetunion?

Lassen sie uns einmal den Versuch unternehmen, die Krise in der Ukraine abstrakt und rational unter Außerachtlassung aller Gefühle und Ideologien zu analysieren:

Zwei nicht näher definierte Parteien – A und B – haben divergierende Zielsetzungen, die mit gewaltlosen Mitteln nicht oder nicht mehr zu lösen sind, also nur noch die Option einer mehr oder weniger gewaltsamen Lösung offen lassen.

Vor dem Einsatz von Gewalt muss jede Partei die Erfolgsaussichten und den zu zahlenden Preis beurteilen. Nur wenn die Erfolgsaussichten positiv beurteilt werden und der Preis dem zu erreichenden Erfolg angemessen erscheint, ist die Option der Gewaltanwendung sinnvoll. Sind beide Bedingungen erfüllt, setzen wir in weiterer Folge für die Partei unter „Eigene Beurteilung“ ein „Ja“, ansonsten „Nein“.

Aus der eigenen Beurteilung der Erfolgsaussichten zweier in Konflikt stehender Parteien ergeben sich daher 4 Varianten:

Fall   Eigene
Beurteilung
  Eigene
Beurteilung

1

Partei A Nein Partei B Nein

2

Partei A Ja Partei B Nein

3

Partei A Nein Partei B Ja

4

Partei A Ja Partei B Ja

Eine Partei, die die Erfolgsaussichten und/oder den zu zahlenden Preis positiv beurteilt, wird ihren Anspruch auf gewaltsame Zielerreichung durchzusetzen versuchen, eine, die zu einem negativen Ergebnis kommt, muss ihren Anspruch auf Zielerreichung aufgeben. Im Fall 1 wird man also unter Aufgabe beider Ansprüche friedlich auseinander gehen, im Fall 2 und 3 genügt die Gewaltandrohung einer Partei, um die andere zum Nachgeben zu zwingen, man nennt das schlicht „Erpressung“ (z.B. Österreich 1938), nur im Fall 4 kommt es zu einem beiderseitigem Versuch der gewaltsamen Durchsetzung, also auf Ebene Staat zum Krieg in irgendeiner Ausprägung.

Definieren wir hier einmal diskussionslos das Gewinnen der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der mehrheitlichen Umsetzung der eigenen Ziele, dann kann bis auf den seltenen Fall einer friedlichen Lösung bei jeweils 50 Prozent Zielerreichung – den hätte man auch gewaltlos haben können – nur eine der Konfliktparteien als Sieger angesprochen werden oder beide sind Verlierer, wenn zum Beispiel der Preis für beide untragbar hoch war.

Im Fall 4 können also beide Parteien real nie als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen, was den Umkehrschluss erlaubt, dass in diesem Fall mindestens eine Partei einer Fehlbeurteilung aufgesessen sein muss. Dies wiederum zeigt, dass Fehlbeurteilungen der Lage reduziert werden müssen, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu minimieren. Das Instrumentarium der gegenseitigen Aufklärung, im Falle des Staates zweifellos der Nachrichtendienst mit allen seinen Sensoren – und in neuerer Zeit auch die Möglichkeit mathematischer Simulation von Konflikten – wirken primär kriegsverhindernd, weil das sich ständig verfeinernde Instrumentarium Fehlbeurteilungen immer unwahrscheinlicher macht.

Im Gegensatz zur gefühlsbestimmten Beurteilung durch „Friedensforscher“ kommt es also mit (militärischer) Logik nur in einem von vier Fällen zum Krieg; und die Bedingungen für den Kriegsausbruch sind teilweise steuerbar. Die OSZE mit ihren vertrauensschaffenden Maßnahmen ist genau in diese Richtung gegangen, allerdings eher auf Basis gegenseitigen Vertrauens als mit Hilfe wirksamer Kontrolle. Es steht also nicht militärische gegen zivile Logik in Widerspruch, sondern in diesem Fall Ratio gegen Emotion.

Ein grundsätzlicher Verzicht auf Gewalt in Interessenskonflikten verhindert zwar mit Sicherheit die gewaltsame Auseinandersetzung, macht aber die verzichtende Partei automatisch zum Opfer jeglicher Erpressung und lädt sogar dazu ein. Den Weg des Gewaltverzichtes von Vorneherein beschritt Japan seit 1945, ist aber gerade im Begriff, davon abzugehen, und Österreich seit 1918 de facto (nicht de jure), hat sich damit den Krieg allerdings nicht ersparen können. Die These, Gewaltverzicht sei Voraussetzung für sichere Vermeidung von Involvierung in Kriegen muss daher als falsifiziert gelten.

Eine Waffe hat wegen ihrer überragenden Wirkung entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung der Erfolgsaussicht und den zu zahlenden Preis, die Atomwaffe. Ihr Vorhandensein und die Möglichkeit, sie im Land des Gegners zur Wirkung zu bringen, treiben für den Nichtbesitzer die Erfolgsaussicht zu tragbarem Preis automatisch gegen Null. Staaten mit A-Waffen können nicht angegriffen werden und daher gegenüber Staaten ohne solche jede Form der Erpressung durchsetzen. Dies ist der eigentliche Grund für den Wunsch von Nordkorea und dem Iran nach Besitz von A-Waffen, nicht ihr möglicher Einsatz im Krieg.

Der einzige Schutz gegen Erpressung von Seiten der Besitzer von A-Waffen ist das Vertrauen zum guten Willen ihrer Regierungen. Daher wird versucht, die Weiterverbreitung von A-Waffen möglichst zu unterbinden und den zu zahlenden Preis für die Gewaltandrohung mit gewaltlosen Mitteln so weit wie möglich hochzuschrauben. Aus der Unangreifbarkeit von A-Waffenbesitzern folgt, dass wirklich schmerzhafte Sanktionen gegen sie das einzige Mittel sind, ihrer Erpressung Grenzen zu setzen.

Gegenüber Staaten mit A-Waffen tritt automatisch Fall 1, also der für beide Seiten viel zu hohe Preis, ein, was durch das nun fast 70jährige Ausbleiben von Kriegen zwischen den Weltmächten eindrücklich bewiesen erscheint.

Setzen wir nun Russland als Partei A und Ukraine als B, so ist klar, dass wir uns mitten in einem Fall 2 unter Vorhandensein von A-Waffen auf Seite A befinden. Partei A kann also seine Erpressung solange ungehindert fortsetzen, solange der politische/wirtschaftliche Preis niedriger bleibt als der erreichbare Erfolg. Einziges Steuerungsmittel gegen diese Erpressungen ist das Drehen an der Sanktionsspirale. Europa befindet sich in einer hoffentlich temporären wirtschaftlichen und systembedingt militärischen Dauerschwäche, die USA, in einem allerdings geringeren Ausmaß, ebenfalls.

Der Zeitpunkt zum Vorgehen war für Russland also ideal, was die dortige Regierung selbstverständlich erkannt hat. Es gab und gibt noch immer keinen erkennbaren Versuch der USA und der NATO, die Ukraine in ihr Lager, also die NATO, zu ziehen. Die Ukraine hatte einen gültigen Vertrag, der die Abgabe von A-Waffen gegen Sicherheits- und territoriale Integritätsgarantien durch Russland beinhaltete. Gerade dieser Vertrag macht die Ukraine jetzt erpressbar und wurde durch Russland und nicht durch die Ukraine offen gebrochen.

Russland hat solange freie Hand gegenüber den paktfreien Staaten der ehemaligen Sowjetunion, solange der Preis für ihr Vorgehen unter dem möglichen Erfolg liegt. Und der Preis wird weiter niedrig gehalten durch die wirtschaftliche Schwäche und Dekadenz des Westens. Diesen offensichtlich bedrohten Staaten könnte nur ein starker, A-waffenfähiger Pakt die Erpressbarkeit nehmen. Dazu stehen nur China und die durch die USA geführte NATO zur Verfügung.

An dieser Stelle wird es Zeit, diese Überlegungen mit den eigenen emotionalen, ideologischen und parteipolitisch bestimmten Gefühlen in Übereinstimmung zu bringen, was selbstverständlich dem Leser – hoffentlich ohne Verbiegung der Wahrnehmung der Realität – überlassen bleibt.

Rupert Wenger ist pensionierter Berufsoffizier und lebt in Kärnten. Er ist aktiv tätiges Mitglied der Bürgerinitiative Österreich (BIÖ).

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