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Der Skandal namens Staatsanwaltschaft

Es ist absolut provozierend, was da der Rechnungshof herausgefunden hat: Es gibt um 15 Prozent Staatsanwälte mehr; es gibt gleichzeitig um 3 Prozent weniger Ermittlungsverfahren gegen bekannte Personen; und es gibt eine dramatische Zunahme der drei Jahre und länger anhängigen Verfahren. Was tut der zuständige Minister angesichts dieses Skandals? Dasselbe wie seine Vorgänger. Also nichts, außer professoral reden und bisweilen eine Kommission zu Randthemen einzusetzen.

In Zahlen: Die mehr als drei Jahre anhängigen Strafverfahren sind in dem untersuchten Zeitraum (also von 2008 bis 2012) um 62 Prozent angestiegen. Auf sage und schreibe 257 Verfahren. Mit anderen Worten: Der Rechtsstaat ist nach italienischer Art am Kollabieren. Hunderte Existenzen sind vernichtet, ohne dass ihnen wohl jemals etwas nachgewiesen werden wird. Und die Staatsanwälte schlafen offenbar. Oder sie schicken ewig Berichte und Aufträge hin und her. An Kriminalbehörden, an Oberstaatsanwälte, ans Ministerium, an Gutachter. Wunderbar, da ist dann halt immer wer anderer schuld. Zweifellos hat neben einer nachlässigen Dienstaufsicht auch die unter Dieter Böhmdorfer erlassene neue Strafprozessordnung ordentliche Mitschuld an diesem Zustand.

In der Privatwirtschaft hätten bei einer so dramatischen Entwicklung etliche Verantwortliche längst ihren Posten verloren und wären hochkant hinausgeflogen. Aber doch nicht in unserer Justiz! Da fliegt man nur hinauf.

Man kann den Vorwurf gegen die Justiz auch an Einzelfällen aufziehen. Um nur die allerspektakulärsten zu nennen:

  • Am Fall Kampusch, wo die Staatsanwaltschaft es bisher immer verhindert hat, dass gegen einen – namentlich sehr gut bekannten – Tatverdächtigen ein Verfahren vor einem unabhängigen Gericht stattfindet, in dem dann alle relevanten Zeugen endlich und erstmals unter Wahrheitspflicht aussagen müssten. Dafür bringt diese Staatsanwaltschaft zwei der renommiertesten Gerichtspräsidenten vor Gericht, weil diese überzeugt sind, dass hier geschwindelt wird. Dafür gibt es rund um diesen Fall gleich zwei Selbstmorde, die in Wahrheit nach etlichen Indizien aber vielleicht gar keine sind.
  • Am Fall Grasser, wo ganz offensichtlich von politischen Agitatoren in staatlichen Behörden immer wieder „ausgewählte“ Aktenteile an nahestehende Magazine geschickt werden, es aber mangels Beweisen nie zu einem Verfahren kommt.
  • Am Fall Faymann/Ostermayer: Dort muss man der im Vorjahr abgesetzten Justizministerin wenigstens zugutehalten, dass sie von der Staatsanwaltschaft einen öffentlichen Bericht verlangt hat, warum dieses Verfahren trotz erdrückender Beweise eingestellt wird. Der jetzige Minister redet hingegen nicht mehr von diesem Verfahren. Tut er das etwa gar, weil er selbst einmal als Strafverteidiger involviert war? Auf der Seite Faymanns . . .
  • Am Fall News-Tower: Auch hier scheint ein – ziemlich eindeutiger – Vorwurf offenbar nie vor einem unabhängigen Richter zu landen (wiederum ist ein gewisser Werner Faymann der Beschuldigte).

Dem Rechnungshof ist zu danken, dass wenigstens er keine Angst hat, öffentlich und massiv Kritik an der Staatsanwaltschaft zu üben. Für uns bleibt nur noch die Frage offen: Liegt uns die Krim näher oder Sizilien?

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