Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
Soll das Pendlerpauschale abgeschafft werden?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Pendeln mit Köpfchen
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Wer wartet schon gerne? Als Pendlerin auf zugigen Gleisen im Winter auf Kopfbahnhöfen, wie es z.B. der Wiener Westbahnhof Richtung Salzburg ist. Da kann es kalt werden. Denn der Zug, der fahrplanmäßig gegen Mitternacht eintreffen sollte, kommt mit großer Verspätung aus Ungarn, weil die Grenzübergabe halt wieder einmal nicht geklappt hat. Oder anders herum gefragt: Wer steht gerne im Morgengrauen auf, um z. B. aus dem Mühl- oder Waldviertel in den Zentralraum zur Arbeit zu pendeln? Mit den "Öffis" geht es nicht, weil diese im Lauf der Jahre eingestellt wurden. Wie sehr verfluchen dann die Leute Gott und die Welt. Im Zweifel ist die nicht funktionierende Straßenräumung schuld, wenn man nicht pünktlich zur Arbeit erscheint.
Wer steht gerne in der Sommerhitze im Stau auf den Ring-Autobahnen?
Nicht weil es ab in den Urlaub geht, sondern die Kinder quengeln. Sie wollen schwimmen gehen, aber in letzter Minute scheitert das familiäre Vorhaben, weil die beruflichen Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt wurden. Die hohe Mobilität verursacht hohe Kosten. Sie fair zu verteilen, ist daher nur logisch. Und es ist nicht einzusehen, dass diese Kosten nicht über einen Steuerfreibetrag (von dem man mehr profitiert, je mehr man verdient) in einen Absetzbetrag umwandelt wird. Nicht jeder verfügt über einen Dienstwagen mit Chauffeur oder hat einen U-Bahn-Anschluss direkt vor der Haustür.
Die Ausdehnung der Pendlerpauschale auf Teilzeitarbeitskräfte, denen ohnedies wenig im Geldbörsel am Monatsende übrig bleibt, ist eine kluge Idee und alles andere als ein "Wahlzuckerl". Wenn sie noch mit einem ökologischen Ansatz umgesetzt wird, haben Spindelegger & Schieder & Co. ihre Arbeit gut gemacht. Wenn auch noch ökologische Aspekte in die volkswirtschaftliche Rechnung einbezogen werden, ist das nur zu begrüßen.
Wählerbestechung für Niederösterreicher
Andreas Unterberger
Es ist mehr als offensichtlich und peinlich, warum plötzlich eine Diskussion über eine weitere Ausdehnung der Pendler-Förderung ausbricht: Niederösterreich wählt in Kürze. Und Niederösterreich hat den weitaus höchsten Pendleranteil unter allen österreichischen Bundesländern.
Das macht klar, worum es geht: Das Pendlerpauschale ist nichts anderes als gezielte Wählerbestechung. Diese baut Österreich sogar noch am Höhepunkt des Schuldenberges weiter aus. Was sich das Land aber längst nicht mehr leisten kann.
Dabei ist jede Pendlerförderung auch ökologisch unsinnig. Denn damit fördert man das, was man durch andere teure Budgetposten gleichzeitig bekämpft: nämlich Benzinverbrauch und Autofahrten, noch dazu in stauanfälligen Tageszeiten. Und zugleich zahlt Österreich Strafen, weil es das leichtfertig zugesagte CO2-Reduktionsziel nicht erreicht.
Jedes Pendlerpauschale ist überdies zutiefst ungerecht. Denn damit werden in der Regel jene belohnt, die einen relativ billigen Wohnsitz in schöner Grünlage haben. Während jene die Dummen sind, die in der Nähe des Arbeitsplatzes wohnen, oder die gar extra dorthin ziehen. Dort sind die Wohnungen aber meist weniger attraktiv und dennoch immer teurer. Aber sollte man nicht für alles sein, was die Steuer senkt? Ganz gewiss sollte man das. Nur sollte die Steuer für alle sinken und nicht nur ausgerechnet für jene, die den Verkehr vermehren und die sich für billigere und schönere Wohnlagen entschieden haben. Und wenn man trotz all dieser Argumente unbedingt doch etwas für die niederösterreichischen Pendler tun will, dann sollte man ihnen bei jeder U- und Schnellbahn-Endstation gratis Parkplätze anbieten. Dann sollte man die Wiener U-Bahnen ins niederösterreichische Umland hinaus verlängern. Dann sollte man ähnliche Lösungen auch für alle anderen städtischen Agglomerationen entwickeln.
zur Übersicht
Werte Frau KKP, Ihr Sinn von Logik ist mir ein Rätsel.
Warum ist ein Kopfbahnhof zugiger und kälter? Und die verspätete Übergabe aus Ungarn ??!? Für einen Pendlerzug ??!? Ist das Morgengrauen im Mühl- und Weiviertel grausamer als sonstwo oder flucht man dort nur leichter? Und was hat der Zweifel mit der Pünktlichkeit am Arbeitsplatz zu tun??!?
Die nächste Episode mit den quengelnden Kindern: welche Logik steht da dahinter ? Kein Badeurlaub auf der verstopften Ringautobahn ? Weil die beruflichen Aufgaben nicht geschafft wurden, die hohe Mobilitätskosten verursachen ?!??
Mir wird schwindlig. Die ganze Argumentation ist schwindlig.
Pendlerpauschale greift viel zu kurz.
Ich fordere ein staatlich reglementiertes "Lebenspauschale" für alle. Dann noch Freibier, Freifahrt und selbstverständlich soll jeden Tag ausreichend Manna vom Himmel fallen.
Ganz so einfach ist die Sachlage nicht.
Nur einige Beispiele aus meiner Umgebung: Über 3.300 Mitarbeiter der Fa. Fronius, Wels/Sattledt/Pettenbach, 400 Mitarbeiter der Firma Fröling und 1.400 der Fa. Pöttiger in Grieskirchen, 2.000 Mitarbeiter der Fa.Felbermayr in Wels, über 1.100 Mitarbeiter der Fa. Resch&Frisch in Wels, 50.000 Mitarbeiter der Fa. Voestalpine in Linz und, und, und ……. Glaubt wirklich jemand, all diese Mitarbeiter können aus den jeweiligen Orten, wo die Firmen ansässig sind ihre Mitarbeiter rekrutieren?
Sehr viele Menschen in ländlichen Raum sind gezwungen, einer Arbeit außerhalb ihres Wohnortes nachzugehen (nicht nur im Pröll-Land), es gibt im ländlichen Raum einfach kaum Arbeitsplätze! Ob da nicht die wenigen Stadtflüchlinge unter den Tisch fallen können, um den Tausenden zu helfen, die nicht das Glück haben, in einem Ballungsraum mit öffentlichen Verkehrsanbindungen und vielen Arbeitsplätzen zu wohnen?
OT
Das ist wirklich unglaublich!
'(M)eine unglaubliche Geschichte oder: wie es einer Bank mit Regierungsbeteiligung fast gelungen wäre, Schwarzgeldverschiebungen zu vertuschen und einen Kritiker ohne Lobby über den Missbrauch forensischer Psychiatrie und fachlicher Gutachten mundtot zu machen."
http://www.gustl-for-help.de/
Richtig, Dr. Unterberger, die jetzt vorgeschlagene Pendlerpauschale ist nichts anderes als Wählerkauf. Diesmal kommt der korrumpierende Vorschlag von der ÖVP. Genauer gesagt von der Mikl-Leitner. Ganz nach dem Motto, her mit dem Zaster, her mit der Marie.
Profitieren wird davon haupsächlich die Beamtenschaft, mittlerweile ja das Hauptklientel der ÖVP. Weit haben wir es gebracht!
Als vernunftbegabter Mensch kann man dem Tagebuchautor nur in allen Punkten zustimmen. Obwohl ich überzeugt bin, daß er auch ohne diese Wahlzuckerln LH bleibt, geht Onkel Erwin wie eh und je mit schlechtem Beispiel voran und wirft wieder einmal hart verdientes Steuergeld zwecks Machterhalt unters Wählervolk.
Die Altpolitiker lernen nicht mehr dazu, die letzte Hoffnung ruht auf der nachkommenden, jungen Generation?
P.S.: Wenn überhaupt Pendlerpauschale, dann unterstütze ich die Idee, daß Autopendler die halbe Pauschale erhalten sollten und Öffi-Benützer die volle, weil letzteres mühevoller und umweltfreundlicher ist.
Ich bin direkt Betroffener beim Thema Penderpauschale. Und ich finde die Diskussion darüber unnötig. Dr. Unterberger ist recht zu geben: dieses Thema kommt einzig und allein wegen der NÖ-Landtagswahl aufs Tapet.
Als direkt Betroffener fühle ich mich komisch, da ich man mir von seiten der Politiker jetzt "Bestechungsgeld" anbietet. Wenn es nach mir ginge, so hätte ich 'Danke' gesagt.
Und es zeigt auch, wie es derzeit mit der Kompetenz und Problemlösungsfähigkeiten unserer Politiker derzeit aussieht:
Mit Verve stürzen sich unsere Politker auf die Problemfelder Diplomatenpässe und Pendlerpauschale, geben lange Interviews und Pressekonferenzen darüber.
Sie sind aber schon unfähig, ein paar hundert Flüchtlinge vom überfüllen Traiskirchen auf alle neun Bundesländer gerecht aufzuteilen.
Und bei der Gesundheitsreform hat die Politik die allerwichtigste Berufsgruppe, die Ärzte eiskalt vor den Kopf gestoßen und von den Verhandlungen ausgeschlossen. Folge: demonstrierende & bald streikende Ärzte, also genau das was Österreich braucht.
Von den anderen großen Brocken: Pensionsreform, Budgetreform, Mitwirkung im EU&Euro-Schlamassel ganz zu schweigen.