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Die große Seifenblase: der Ethikunterricht

Aus zwei sehr unterschiedlichen Gründen wird derzeit die Einführung eines verpflichtenden „Ethik-Unterrichts“ verlangt. Die einen – vor allem Sozialdemokraten – wollen einen solchen zur Verbreitung bestimmter Werte, aber auch zur Zurückdrängung des Religionsunterrichts für alle Schüler verpflichtend einführen. Kirchenvertreter wiederum fordern einen Ethikunterricht als Alternative zur Religionsstunde. Beide Seiten liegen aber ganz grundsätzlich falsch. Weder ist das eine Modell gut für Gesellschaft und Moral noch das andere für Kirchen und Glauben.

Ach ja: Bevor wir uns mit diesen beiden an sich ehrenhaften Zielen auseinandersetzen, sei noch eine dritte Gruppe erwähnt, die nach dem Ethik-Unterricht ruft: Das sind Philosophen, Genderologen, Politologen, kirchenkritische Theologen und Exponenten anderer brot- und berufsloser theorielastiger Studien, die sich als Ethiklehrer endlich gut bezahlte Jobs erhoffen. Das ist so schnell durchschaut wie als hoffentlich irrelevant abgehakt.

Eine viel spannendere Frage ist, welche die Philosophen schon seit den Zeiten der alten Griechen beschäftigt: Kann durch einen Ethik-Unterricht moralisches Verhalten verbessert werden? Können die Menschen ohne irgendeine religiöse oder ideologische Untermauerung durch Schulunterricht ehrlicher, fleißiger, solidarischer gemacht werden? Eine schöne Hoffnung. Nur gibt es für ihre Umsetzbarkeit und Wirksamkeit keinerlei empirische Beweise.

Verlogene Gutmenschpropaganda

Statt dessen wird durch den Ethikunterricht mit großer Sicherheit etwas ganz anderes passieren. Dafür sorgt schon das sich anbietende Lehrpersonal. Der Ethikunterricht wird in breiter Front verlogenes grünes und sozialistisches Gutmenschtum propagieren. Dessen Kern lautet in der Regel: „Der Staat soll“ oder „Die Reichen/die Männer/die Christen/die Europäer sind die Bösen“. Projekte des Ethikunterrichts werden so wie schon heute viele Schul-Aktionen ständig neue benachteiligte Gruppen entdecken, für die zu Lasten Dritter oder der Allgemeinheit eine Besserstellung verlangt wird.

Also: Umverteilung zu Nichtleistungsträgern als angeblicher ethischer Imperativ. Das ist meilenweit weg von Kants Kategorischem Imperativ oder der damit verwandten Goldenen Regel, also den gutgemeinten Versuchen, ohne Transzendenz ethisches Verhalten auszulösen. Dahinter steckt meist ein Modell der Gegenseitigkeit, des wechselseitigen Nutzens: Do ut des. Ich gebe (oder unterlasse), damit du gibst (oder unterlässt).

Unter dem Tarnmantel des Ethik-Unterrichts würden statt der Goldenen Regel grün-alternative Weltbilder verbreitet, auch wenn sie in der Realität noch so oft gescheitert sind. Die Schule würde zu einem Vorfeld des Occupy-, Attac-, Greenpeace-Linksradikalismus werden.

Das ist nicht nur eine abstrakte Befürchtung. Das lässt sich schon an Hand der bereits vorhandenen deutschen Ethik-Lehrbücher beweisen. Diese hat nun der Philosoph Jan Schneider in einer Studie untersucht. Ein Austro-Ethikunterricht wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht sehr von diesen Büchern unterscheiden.

In ihnen wird nicht nur direkte Werbung für grüne Vorfeld-Organisationen bis hin zu deren Internet-Adressen gemacht. Es wird auch der Sozialstaat mit all seinen totalitären Tendenzen verherrlicht:  Er halte „immer stärkere und kontrollierende Eingriffe des Staates im Dienste der sozialen Gerechtigkeit für notwendig“, formuliert da eines dieser Bücher. George Orwells 1984 als Ethik des 21. Jahrhunderts. Hingegen findet sich kein Wort von der Schuld des Sozialstaats an Schulden und Arbeitslosigkeit. Das ergibt einen klaren Gesamteindruck: „Ethisches“ Lob für den gleichmacherischen Sozialstaat statt für Leistung und Eigenverantwortung.

Insbesondere wird auch der Welthandel pseudo-ethisch denunziert, obwohl er in Wahrheit schon viele Entwicklungsländer aus der Armut herausgeführt hat: Der Nord-Süd-Handel sei „ein Instrument sozialer Ausbeutung“, behauptet eines der Ethik-Lehrbücher. Als ob auch nur ein einziger Mensch im Süden besser dran wäre, wenn es keinen Nord-Süd-Handel mehr gäbe. Natürlich wird das Gegenteil der Fall sein, also eine gewaltige soziale Elendskatastrophe im Süden ausbrechen. Statt des Handels wird in den Büchern „Fair Trade“ bejubelt,. Als ob künstlich erhöhte Preise und schlechtere Qualität eine sinnvolle Strategie für Entwicklung wären.

Noch konsequenter wird in solchen Ethik-Büchern die Technik denunziert. Den jungen Menschen wird ein Weltbild vermittelt, als ob es den Menschen in einer überwiegend agrarischen Kultur vor Hundert Jahren besser gegangen wäre. Ausgeblendet werden die damaligen weltweiten Hungersnöte, das Elend großer Massen und die im Vergleich zu heute nur halb so hohe Lebenserwartung. Geradezu selbstverständlich ist in einem solchen grüntriefenden Kontext die Prophezeiung, dass Energie oder Rohstoffe demnächst ausgehen würden. Was heute noch falscher ist als in den Sechziger Jahren oder am Beginn des 19. Jahrhunderts, als man ebenfalls schon diese düstere Prophezeiung liebte.

Keinerlei Verständnis oder gar Sympathie gibt es in diesen Ethik-Büchern für die Vorteile der Marktwirtschaft und die damit verbundene Verschiebung der Macht vom Staat zum Einzelbürger. Den Ethik-Autoren sind all jene Mechanismen zuwider, die in den letzten Jahrzehnten Wohlstand und Ernährung eines wachsenden Anteils der Menschheit dramatisch verbessert haben. Dafür liegt ihnen umso mehr eine vermenschlicht dargestellte Tierwelt am Herzen. Und natürlich bekommt auch die feministische „Geschlechtergerechtigkeit“ in diesen Büchern breiten Raum. Alles was zur Denunzierung von Fortschritt und Freiheit dient, wird zum Postulat eines postmodernen Ethik-Unterrichts.

Aber legen wir die Ethik-Bücher beiseite. Denn eine Veränderung der individuellen Ethik oder Weltanschauung lässt sich ohnedies nicht durch Unterricht oder Bücher erzielen, selbst wenn diese nicht so verlogen wären.

Auch all die verpflichtenden Marxismus-Lehrveranstaltungen im einstigen Osteuropa haben ja nur eines bewirkt: Dass die Osteuropäer bis auf ein paar Ewiggestrige heute die schärfsten Anti-Marxisten der Welt sind. Ähnliches kann man gerade in Hongkong sehen: Dort wollten die Pekinger Machthaber fürs nächste Schuljahr verpflichtende Lehrstunden in Sachen „Patriotismus“ einführen. Die Ablehnung war so groß, dass die Behörden letztlich das Projekt abbliesen.

Individuelle Moral wird nämlich auf ganz anderen Wegen vermittelt: durch familiäre Prägung; durch überzeugende Vorbilder im persönlichen Umfeld und in der Gesellschaft, also etwa auch durch das Verhalten der Lehrer; durch religiöse Wertorientierung; oder durch Gruppendruck nach dem Muster:  „Im Klassenkampf müssen eben Opfer gebracht werden“; „Ein deutscher Junge lügt nicht“; oder deutlich positiver: „Ein österreichischer Facharbeiter arbeitet ordentlich, auch wenn ihn niemand kontrollieren kann“.

Viel positiver als ein Ethik-Unterricht durch verblasene Gutmenschen wäre etwas ganz anderes: ein ordentlicher Unterricht über Recht und Wirtschaft, also Wissen statt schwammigen „Kompetenz“-Gewusels. Die Wissens- und Verständnislücken von Schulabsolventen in Hinblick auf Ökonomie, Gesetze und Staat sind nämlich erschütternd und gefährlich, subjektiv wie kollektiv.

Die generalpräventive Wirkung von Strafandrohungen des Rechtssystems ist weitgehend unbestritten. Daher hätte auch ihre Lehre im Unterricht sehr viel Sinn. Und es ist eigentlich unverständlich, dass das in unseren Schulen so gut wie gar nicht stattfindet.

Gewiss wäre es schön, wenn jeder Mensch auch ohne die Gefahr einer Strafe auf Steuerhinterziehung, sexuellen Kontakt mit Kindern, Gewalttaten, Beschäftigung von Schwarzarbeitern, Betrügereien und viele andere Dinge verzichten würde. Aber letztlich hat sich in allen Gesellschaften die Strafandrohung als beste Strategie erwiesen.

Damit diese Strategie aber wirklich wirkt, braucht es zwei Voraussetzungen: Es muss erstens ein ernsthaftes Risiko bestehen, erwischt zu werden (das hat mit Schule nichts zu tun, sondern mit der Effizienz von Polizei und Behörden). Und zweitens muss man die Verbotsnorm samt Strafe überhaupt kennen. Und genau dafür wäre eben ein ordentlicher Rechtsunterricht sowohl in Pflicht- wie auch in Höheren Schulen essentiell.

Dieser sollte aber auch jenseits des Strafrechts das Wissen jedes Bürgers über das Funktionieren von Staat und Gesellschaft erhöhen: von den Mechanismen der Gesetzgebung bis hin zur Sozialversicherung. Letztlich kann ja eine Demokratie nur mit sie verstehenden Bürgern funktionieren.

Ebenso wichtig ist das Wissen um ökonomische Zusammenhänge. Nur Bürger, denen beispielsweise der Zusammenhang vermittelt worden ist, dass die Akkumulierung von Schulden sowohl eine Familie wie auch einen Staatshaushalt langfristig zum Zusammenbruch bringen muss, werden sich politisch verantwortungsbewusst verhalten. Nur dann werden sie immun gegen Schulden-Scharlatane mit ihrem Stehsatz: „Für . . .  muss doch noch Geld dasein.“ Aber eben das Geld der anderen, des Staates, nie das eigene.

Ist es nicht deprimierend, werden da manche einhaken, wenn sich die Menschen primär wegen der ökonomischen oder rechtlichen Konsequenzen eines Verhaltens ethisch verhalten? Mag sein, dass manche das als deprimierend empfinden, aber es ist eine realistische Weltsicht.

Macht dieser Religionsunterricht noch Sinn?

Wie aber sieht es mit der zweiten Gruppe aus, die aus ganz anderen Gründen nach einem Ethikunterricht ruft? Das ist in Österreich vor allem die Kirche. Sie sieht, dass für so manche Schüler das Kaffeehaus attraktiver geworden ist als der Religionsunterricht. Die Abmeldungen von Religion wären daher zweifellos weniger häufig, wenn man trotzdem in einer Schulklasse sitzen muss.

Eine Reduktion der Abmeldungen könnte so also zweifellos erreicht werden. Nur bleibt mehr als offen, was die Kirche von solchen demotivierten Schülern überhaupt hätte. Statt über solche Vergatterungsmechanismen nachzudenken sollte sie nämlich den Religionsunterricht selbst gründlich ändern.

Dieser hat sich in den letzten Jahren im Versuch einer billigen Anbiederung vielerorts schon selbst in Richtung einer diffusen und gott-fernen Ethik-Lehre  entwickelt. Viele Religionslehrer wagen es nicht mehr, von den Kindern ernsthaft kognitives Lernen zu verlangen. Das hat zu Schulabsolventen geführt hat, die nach zwölf Jahren „Religion“ weder die zehn Gebote noch das Vaterunser kennen, die dafür Dutzende verlegene Besuche in einem Obdachlosenasyl hinter sich haben. Die Religionslehrer wagen nicht mehr, von Gott zu reden und zu zeigen, dass sie selber den eigenen Glauben noch ernst nehmen. Sofern sie ihn überhaupt noch haben.

Der Religionsunterricht in staatlichen Schulen ist für die Kirchen ein Holzweg geworden. Die Kirchen glauben zwar, sich viel Geld zu ersparen, wenn die Religionslehrer vom Staat bezahlt werden. Sie verlieren dafür aber den Kontakt zu den Kindern.

Viel erfolgreichere Exempel sind für die Kirchen jene Länder, wo der Religionsunterricht nicht in der Schule des Staates, sondern in Gebäuden der Kirchen wie etwa Pfarren erfolgt. Wie in den USA oder in der Schweiz. Dort entsteht automatisch eine viel engere Bindung. Dort werden die Jugendlichen viel enger an das kirchliche Leben herangeführt, als das nach dem österreichischen Staats-System erfolgt.

Natürlich müssten die Kirchen dann sich und damit auch die Arbeit mit den Kindern wieder viel ernster nehmen. Sie müssten begreifen, dass weder Tischtennisspielen noch Befindlichkeits-Gesäusle den Kern eines Religionsunterrichts zu bilden haben. Sie müssten auch klarmachen, dass es ohne Teilnahme an diesem Religionsunterricht dann später auch keine Teilnahme an den populären Zeremonien der Kirche geben kann. Also weder Firmung noch Eheschließung noch Begräbnis.

Ein paar Studienreisen österreichischer Bischöfe würden sie auf dem Weg dieser skizzierten Erkenntnis weit voranbringen. Der Rest wären dann nur noch technische Details.

Dazu gehören etwa Möglichkeiten, einen in pubertärer Brauch-i-net-Mentalität versäumten Religionsunterricht später einmal in ernsthafter Form nachzuholen. Gewiss müsste auch über finanzielle Kompensationen für das gesprochen werden, was sich der Staat durch den Abzug der Religionslehrer aus den Schulen erspart (hat er sich doch einst an Kirchenvermögen fett bedient). Gewiss müsste es dann ein oder zwei Nachmittage geben, die landesweit für den außerschulischen Religionsunterricht frei wären: An diesen Nachmittagen dürfte es dann also keinen Unterricht oder Übungen und Trainings staatlich geförderter Vereine (vom Sport bis zur Kultur) geben; da müssten auch Ganztagsschulen ungehindert die Teilnahme ermöglichen.

All das wird aber nirgendwo ernsthaft diskutiert. Statt dessen findet unter der vermeintlich edlen Überschrift „Ethik“allerorten nur völlig vordergründige Geplänkel statt, die weder der Gesellschaft noch der Schule noch den Religionen etwas bringen.

 

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