Fast täglich erreichen uns Fernsehbilder aus Europas meistverschuldeten Staaten, in denen uns immer dieselbe Botschaft vermittelt wird: Die Regierungen und die Menschen sparen bis an den Rand der Verzweiflung.
Vor allem Griechen und Italiener verbreiten diese Botschaft in regelmäßigen Demonstrationen. Diese sollen unseren offenbar naiven Glauben zerstreuen, dass angesichts schwerer Schulden ein „Zehn Prozent weniger von allem“ doch möglich sein müsse. Blickt man jedoch hinter die Oberfläche dieser Fernsehbilder, stößt man plötzlich auf ein ganz anderes Bild.
Italiens arme Abgeordnete
Da revoltieren etwa die italienischen Abgeordneten ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt gegen die Ansinnen der Sparregierung Mario Montis, da das Sparen sie selber treffen soll. Sie drechseln die skurrilsten Argumente, warum das bei ihren eigenen Bezügen absolut unmöglich sei. Ein Abgeordneter verkündete sogar, dass er und seine Kollegen ja auch viel mehr arbeiten würden als ausländische Parlamentarier. Ein anderer behauptete, der Steuerdruck sei in Italien höher als im Ausland. Der Mann sollte einmal nach Österreich eingeladen werden.
Die Argumente klingen alle so, wie wenn die Abgeordneten bei irgendwelchen Gewerkschaftsbossen in die Schule gegangen wären und dort einen Crash-Kurs in „Hundert Wege, Nein zu sagen“ absolviert hätten.
Dabei sind die Privilegien der italienischen Volksvertreter gigantisch. Sie verdienen mehr als die Angehörigen jedes anderen Parlaments. Mit rund 16.000 Euro monatlich bekommen sie ziemlich genau doppelt so viel wie die österreichischen Abgeordneten (VOR der hohen österreichischen Einkommensteuer). Von den armen Osteuropäern gar nicht zu reden.
Italiens politische Klasse hat Zehntausende Dienstwagen. Die Volksvertreter konnten bis vor kurzem zu Billigstpreisen in exquisiten Parlamentsrestaurants speisen (das wenigstens wurde inzwischen abgedreht). Die Abgeordneten haben auch ein üppiges Pensionssystem, das sie bisher schon mit 50 Jahren in Anspruch nehmen konnten (in Österreich hingegen ist schon vor etlichen Jahren das privilegierte Politikerpensions-Schema ausgelaufen).
Italien hat zwei nationale Parlamentskammern, die insgesamt 955 Abgeordnete haben – mehr als jedes andere irgendwie vergleichbare Parlament. Italien hat neben diesen zwei Kammern und den EU-Abgeordneten aber auch noch auf drei weiteren Stufen gewählte Volksvertreter: Regionen, Provinzen, Gemeinden. Das ist also noch eine Stufe mehr als in Österreich. Dabei meinen schon in Österreich viele mit guten Argumenten, dass das Land seit dem EU-Beitritt mindestens eine Verwaltungs- und Gesetzgebungs-Ebene zuviel hat.
Ein Abgeordneter namens Mario Pepe sagte sogar: „Wir sind Opfer einer Racheaktion. Man will uns für die Schuldenkrise bestrafen.“ In der Tat: Warum eigentlich nicht? Denn niemand anderer als die Gesetzgeber trägt ja die letzte Verantwortung dafür, dass ein Staat alljährlich mehr ausgibt, als er einnimmt. Ein Verhalten, bei dem immer klar war, dass es irgendwann zum Zusammenbruch führen muss.
Eine signifikante Kürzung von Abgeordnetenbezügen bei Defiziten wäre daher durchaus legitim und logisch. Sie entspricht dem praktizierten Prinzip Verantwortung. Die politische Verantwortung kann ja nicht darin bestehen, dass Abgeordnete für die regelmäßige Bestechung von Wählern durch ungedeckte Schecks noch belohnt werden.
Will Griechenland Krieg führen?
Was den Italienern die Politikerprivilegien, sind den Griechen die Armeeausgaben. An diesen sind nämlich die Sparbeschlüsse bisher fast spurlos vorbeigelaufen. So hat Athen zwar einige Neuanschaffungen von Waffen hinausgeschoben – die gewaltige Zahl von 130.000 aktiven Soldaten bleibt jedoch unverändert. Der Vergleich zu Österreich: Hier hat das Heer noch 35.000 Mann, es ist aber ein weiterer Abbau geplant, und die Wiener Regierung sucht schon heftig nach Möglichkeiten, pragmatisierte Soldaten in andere Dienststellen zu transferieren. Griechenland hat elf Millionen Einwohner, Österreich acht. Griechenland gibt unverändert fast drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Streitkräfte aus – in Österreich sind das 0,7 Prozent.
Dieses Militärbudget kann vom Ausland nur noch als Provokation aufgefasst werden. Denn während in Griechenland viele Bezüge sehr wohl spürbar gekürzt werden, tut das Land so, als ob ein Krieg unmittelbar bevorstünde.
Die griechische Armee war wegen des Antagonismus gegenüber der Türkei traditionell immer stark aufgebläht. Die Luft- und Seegrenze in der Ägäis war ein regelmäßiger Zankapfel – obwohl beide Länder Nato-Mitglieder sind. Und natürlich spielt auch die Geschichte mit: Die Griechen konnten sich erst im 19. Jahrhundert nach Jahrhunderten der Unterdrückung aus dem Osmanischen Imperium befreien. Im Gegenzug wurden nach dem ersten Weltkrieg viele Griechen aus dem einst rein griechischen Kleinasien vertrieben. Die Türkei hat in den letzten Jahrzehnten auf ihre Rechte in der zur Gänze von griechischen Inseln umgebenen Ägäis gepocht. Und auch die türkischen Nadelstiche gegen das Oberhaupt der orthodoxen Welt in Istanbul waren immer wieder provokativ.
Seit etlichen Jahren aber gibt es eindeutig eine Entspannung in diesem Verhältnis. Die Türkei hat vor allem im Osten in den Kurdengebieten Sicherheitsprobleme, sie überquert deshalb auch fast regelmäßig die Grenze in den Irak, um dort Kurden-Stellungen auszuheben. Bei allem, was man der Regierung Erdogan auch Kritisches nachsagen mag: Interesse an Zündeleien entlang seiner Westgrenze zeigt die Türkei derzeit sicher keine.
Daher könnte Athen zweifellos ohne Gefährdung zurückschrauben. Und daher ist es ein Skandal, eine so hochgerüstete Armee zu unterhalten, wenn das Ausland gleichzeitig Hunderte Milliarden Euro für Griechenland zahlen muss, was auch dem ganzen Euroraum schwer schadet.
Auffällig ist freilich auch, wie wenig Druck Deutschland – und der Rest Europas – in Sachen griechisches Heeresbudget macht. Hängt das vielleicht gar damit zusammen, dass Griechenland einer der drei größten Abnehmer deutscher Waffenprodukte ist?
Die Griechen selbst konstruieren neben der Türkei eine andere Erklärung für die Notwendigkeit einer so intensiven Rüstung: Sie müssten die Grenze gegen die Flut illegaler Immigranten sichern. Griechenland ist in der Tat zum Einfallstor Nummer eins für Möchtegern-Asylwerber aus Asien und Afrika geworden. Und es weiß, dass es mit diesem Hinweis bei den Miteuropäern Sympathie auslöst. Die Größe des griechischen Heeres kann damit aber in Wahrheit natürlich nicht gerechtfertigt werden.
Das gewaltige Militärbudget ist vielmehr ein Beweis, dass den Griechen weiterhin die Bereitschaft zu einem grundsätzlichen Umdenken, zu einem radikalen Hinterfragen jedes einzelnen Ausgabepostens abgeht.
Die andere Erklärungsmöglichkeit für die ungeniert anhaltende Hochrüstung wollen wir ja hoffentlich gleich wieder vergessen: nämlich, dass Griechenland ernsthaft an einen Einsatz seiner Armee denkt. Es gibt freilich viele historische Beispiele bedrängter Politiker in schweren Krisen, die geglaubt haben, in der kriegerischen Flucht nach vorne einen Ausweg zu finden.
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Für das griechische Heer bin ich dankbar! Wenn die Griechen heutzutage neben gutem Essen zu was zunutze sind, dann als Bollwerk gegen Übergriffe aus Kleinasien. Die italienischen Parlamentarier gehören aber allesamt in die Wüste geschickt!
Klar, dass die Mediterran-Länder beginnen müssen, an Haupt und Gliedern eisern zu sparen! Ob das auch nur einigermaßen funktionieren kann, werden wir bald sehen.
Pleitekandidaten allesamt, Schluss mit lustig!
Und nun, o.t.,
verweise ich wieder einmal auf meine Morgenlektüre im heutigen Kurier:
Seite 12/Leben - Interview mit Stefan Hopmann, Erziehungswissenschaftler an der Uni Wien:
"Etikettenschwindel "Neue Mittelschule"
"Betrug und Irreführung!"
Fast eine Hinrichtung!
Lesenswert, äußerst lesenswert!
Eine Watschn für Frau Schmied!
(mail to: gerhard@michler.at)
Es gibt jetzt eine neue Achse und zwar die Achse Paris-Rom, nicht mehr Berlin-Paris.
Die EZB hat sich endgültig von der "wie die Bundesbank" mit Draghi, Praet verabschiedet. Die EZB ist zur Bad Bank geworden.
Monti und Sarkozy drängen Merkel zur Einführung von Eurobonds.
Deutschlands Einfluss geht schön langsam gegen Null.
Sarkozy drohte bereits: "Wenn der Euro zerstört wird, löst sich Europa in Rauch auf."
Wenn Deutschland und die Nordländer rebellieren bzw. den Euro in den Augen Sarkozys zerstören, dann wird Frankreich und Italien möglicherweise mit Hilfe des griechischen Heers wissen, was zu tun ist. Geübt haben sie ja bereits in Libyen.
Verrückt meine Gedanken. Ja, ich weiß es.
Solange die Bevölkerung von solchen - zugegeben demokratisch gewählten - Politikern vertreten wird, darf man sich nicht wundern, wenn beim Sparen nicht wirklich etwas weitergeht.
Egal ob in Italien, Griechenland und nicht anders in Österreich, überall gilt das Florianiprinzip = sparen ja, aber nicht bei mir und ehe man richtige und wichtige Sparmaßnahmen realisiert, versucht man lieber weiter einnahmenseitig die "Kuh zu melken" - am besten mit Klassenkampfparolen.
Europa bräuchte Politiker, die gestalten und nicht nur teuer verwalten, aber woher nehmen,......?
Eine Frage: Am 1. 1. 2012 gab es ein Jubiläum, nämlich 10 Jahre Euro in Österreich. Kennen Sie jemanden in ihrem Umkreis, der dies gefeiert hat?
Die Versprechungen waren seinerzeit grandios: Ederer-Tausender an erster Stelle. Wie immer haben uns auch damals die verantwortlichen Politiker belogen und betrogen. Konsequenzern? Keine.
Unglaublich, die griechische Regierung stellt Pädophilen, Exhibitionisten, Kleptomanen, Fetischisten, Pyromanen, Spielsüchtigen und Sadomasochisten den Behindertenstatus aus!!!!!!!!!!!!!!!!
http://kurier.at/nachrichten/4480571-athen-aufregung-um-paedophilen-beihilfe.php
Naja, womöglich gefällt diese Entscheidung auch den Eurokraten und sie überweisen von den Resteuropäern noch mehr Hilfsgelder.
Diese Politiker sollten schnellstmöglich unter Kuratell gestellt werden - einfach irre!
Das, lieber A.V.,
mit den Parlamentariern und der Wüste stimmt schon irgendwie!
Allerdings sind diese ja nur Abbild und Ausgewählte der jeweiligen Stimmbürgerschaft da und dort!
Schauen wir uns doch nur unser Wahlvolk an: eine bunte Mischung von Minderbemittelten, Durchschnitts-Klugen und im Verhältnis wenigen echten Durchblickern!
Wir erwarten und verlangen von unseren Politikern Höhenflüge, und sind an deren Auswahl und Bestätigung selber schuld, da halt in der Demokratie immer die Mehrheit recht hat. Und die Mehrheit? Siehe oben!
Grüße!
Gerhard Michler