Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Jubel über die Arbeitslosenzahlen

Bisweilen stoßen meine düsteren Vorahnungen für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft der Republik auf das Gegenargument: Aber unsere Arbeitslosenzahlen zählen doch europaweit noch immer zu den niedrigsten!

Das ist auf den ersten Blick trotz des Steigens der Arbeitslosigkeit durchaus richtig. Die EU misst nach gleichen Methoden in all ihren Mitgliedsländern die Arbeitslosigkeit. Und dabei kommt Österreich sehr gut weg. Zugleich scheint Arbeitslosigkeit ein ganz zentraler Indikator für die wirtschaftliche und damit auch soziale Stabilität eines Landes zu sein.

Doch die Statistik trügt an allen Enden. So wie die Griechen bei ihren Finanz-Statistiken sind wir Europarekordler bei den Job-Statistiken. Wir verstecken unsere Arbeitslosen mindestens ebenso gut, wie es die Griechen bei ihren Schulden getan haben. Um das zu beweisen genügt etwa schon die Tatsache, dass die Österreicher im Schnitt vier Jahre früher in Pension gehen, als die übrigen Europäer es tun. Würden diese vier Jahrgänge alle im Arbeitsmarkt unterwegs sein, würde die Statistik ganz anders aussehen.

Dasselbe gilt für die langen Aufenthalte an Universitäten, die junge Menschen weit länger vom Arbeitsmarkt fern halten als notwendig und als anderswo üblich. Durch den offenen Zugang werden auf den Unis junge Menschen viele Jahre lang zu teuren Kosten geparkt, die erst dann in den Ernst des Lebens wechseln, wenn sich irgendwo ein Angebot auftun sollte. Das gilt insbesondere auch für das Doktoratsstudium nach dem Magister: Dieses wird nicht einmal von zehn Prozent der Studenten mit einer Promotion abgeschlossen.

Die P- und die G-Studien

Es klingt aber viel besser, zu sagen, dass man am Doktor arbeitet, statt sich als Arbeitssuchender deklarieren zu müssen. Ähnliches gilt auch für die Magister- und Bachelor-Studenten der vielen Leichtstudien mit dem P wie Plunder. Sie können während dieser Zeit noch einmal so richtig das Leben genießen, Familienbeihilfe und Stipendien kassieren und sich auch noch richtig wichtig vorkommen. Nur verdrängen sie dabei die Tatsache, dass Österreich nicht jedes Jahr Tausende neue Politologen, Psychologen, Publizisten, Pädagogen braucht. Wenn man etwas genauer hinschaut, müsste man übrigens auch die G-Studien von Germanistik bis Geschichte in diese Gruppe einbeziehen. Viele dieser akademischen Karrieren enden in jahrelanger Projektmitarbeit und in Werkverträgen ohne Perspektiven, bis man dann halt bereit ist, etwas ganz anderes zu arbeiten, wofür man bei Gott nicht studiert hat. Wie viele „Akademiker“ das tun, wird übrigens von keiner einzigen Statistik erforscht. Das merkt man nur an Hand vieler konkreter Lebensläufe.

Nun werden viele sagen: Es ist doch immer noch besser, wenn die Menschen Plunder-Studien belegen oder jugendlich in die Pension gehen, als am Arbeitsamt zu stehen. Das ist aber in Wahrheit gar nicht besser. Denn damit wird den Menschen ja die unverzichtbare Eigenverantwortung ausgetrieben, sich selbst für die Suche nach einer Arbeit zuständig zu fühlen. Indem sie etwa die Branche wechseln. Indem sie auch im fortgeschrittenen Alter noch eine spezifische, vom Markt nachgefragte Qualifikation erwerben. Indem sie etwa gar selbständig werden. Indem sie es etwa im zweiten Lebensabschnitt eine Gehalts- und Prestigestufe niedriger geben.

Das sei an Hand eines konkreten, wenn auch für manche kontroversiellen Modells gezeigt. Es wäre für die Volkswirtschaft wie die jungen Menschen selbst viel besser und ehrlicher, würden diese jeweils obligatorische Zugangsprüfungen ablegen müssen, bevor sie in die nächst höhere Bildungsstufe aufgenommen werden. Das würde dort überschau- und berechenbare Studentenzahlen schaffen. Das würde sofort zu viel besseren Studienbedingungen und damit höherer Qualität führen. Das würde vor allem den jungen Menschen verlorene Jahre ersparen.

Denn wenn man etwa mit 15 oder 19 keine Zulassung zur Oberstufe („Sekundarstufe 2“) oder einer Hochschule schafft, wäre es eine durchaus sinnvolle Alternative, eine Fachlehre zu machen. Nach der verdient man ja meist mehr denn als gescheiterter Politologe, man hat oft ein erfüllteres Leben, und man kann zum Unterschied vom Politologen etwas zum Wohlstand der Allgemeinheit beitragen.

Mit 24 Jahren, also nach vielen Jahren am Arbeitsamt namens Universität, geht man hingegen nicht mehr den Weg in eine solche Berufsausbildung. Dabei ist dieses Alter meist der früheste Zeitpunkt, zu dem viele erst erkennen, etwas für das Berufsleben Unbrauchbares studiert zu haben.

Aber noch immer gibt es Politiker, die stolz auf dieses System der versteckten Arbeitslosigkeit sind. Und die gleichzeitig dafür plädieren, dass wir für jene Berufe, an denen wirklich Bedarf herrscht, halt gleichzeitig Ausländer zu teuren, aber ebenfalls versteckten Kosten importieren. Die wir nur leider nicht finden.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung