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Ein Eisenbahner hat lang genug nicht gearbeitet

Und schon der nächste Rücktritt. Eisenbahner-Gewerkschafter Wihelm Haberzettl ist es diesmal, der geht. Und wieder gibt es keine Angabe von Gründen. Doch halt: Haberzettl hat im Grund sehr wohl klar gemacht, aus welcher Einstellung heraus er geht.

Natürlich tut er das nicht aus schlechtem Gewissen ob der paar Milliarden, die uns die Eisenbahner-Gewerkschaft alljährlich kostet. Er sieht sich vielmehr einfach reif für die Pension, auch wenn er nun bei einer parteinahen Wohnbaugenossenschaft ein Büro samt Sekretärin bekommen wird. Die Pensionistengesinnung wird aus seinen Abgangs-Phrasen völlig klar: Es sei es Zeit dafür, "jüngeren Talenten Platz zu machen“. Und: „Ein gereifter Funktionär sollte auch die Kraft und den Mut besitzen, loslassen zu können."

Aber wohlgemerkt: Der gute Mann ist 56, sollte also normalerweise noch mindestens für ein Jahrzehnt Kraft haben, bevor es ans Loslassen geht. Freilich liegt Haberzettl schon deutlich über dem durchschnittlichen Pensionsantrittsalter eines normalen Eisenbahners. Da fällt es ihm wohl gar nicht auf, dass seine Worte genau jene provozierende Einstellung verraten, deretwegen Bundesbahner landesweit so unbeliebt sind.

Wenn sich ein 70-Jähriger mit „loslassen können“, „gereift“ und „Jüngeren Platz machen“ verabschiedet, dann ginge das in Ordnung. Aber wenn ein 56-Jähriger solche Sprüche für passend hält, dann zeigt das, wieweit wir schon im Schnellzug nach Griechenland unterwegs sind, und wer die Weichen dafür gestellt hat.

Wollen wir jedoch positiv denken. Vielleicht kommt bei der Eisenbahnergewerkschaft jetzt ein ganz anderer Geist. Ein neuer Chef könnte sich und seinen „Kolllleginnen und Kollllegen“ ja sagen: „Wir wissen, dass auch für die jahrzehntelang geschützte Werkstätte ÖBB neue Herausforderungen gekommen sind. Wir wollen nicht mehr von der ganzen Nation schief angeschaut werden. Wir arbeiten daher künftig bis zum allgemeinen Regelpensionsalter. Wir verzichten auf jede Form eines besonderen Kündigungsschutzes.“

Ob ich nun schon ganz reif für die Besachwalterung bin, werden sich nun manche sorgen. Aber warum nicht zumindest so lange hoffen, bis uns die bittere Realität ohnedies rasch genug wieder eingeholt haben wird?

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