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Die roten Meinungsmacher (3): Auf dem Weg zum Proporzrundfunk: Schwarze Welle – Roter Schirm

Mit dem Ende der Besatzungszeit begann die Ära des so genannten Proporzrundfunks. Die mehr oder weniger oppositionslose Koalitionsregierung aus ÖVP und SPÖ teilte das Land und seine Institutionen unter sich auf. Kaum ein Bereich blieb von dieser neuen schwarz-roten Ordnung, die aus der Notsituation der Nachkriegszeit heraus entstand, ausgenommen – auch nicht die Medien im Allgemeinen und der Rundfunk im Besonderen.

„Bundeskanzler Julius Raab hat die politische Realität einem ausländischen Journalisten folgendermaßen erklärt: „Proporz ist, wenn Sie in den Rundfunk kommen und einem verantwortlichen Mann die Hand entgegenstrecken und sich dann wundern müssen, dass sie plötzlich zwei Hände drücken.“[i]

Raab dürfte ganz bewusst den Rundfunk als Beispiel für das Proporzsystem gewählt haben. „Denn hier gab es den Proporz in seiner schädlichsten Form“[ii] Helmut Zilk: „In den 50er Jahren ist dann der Rundfunk (…) das geworden was er später war. Ein Koalitionsrundfunk, ein Rundfunk, in dem sich die Parteien breit gemacht haben.“[iii]

Die SPÖ war in der Verfolgung ihrer Ziele allerdings wesentlich konsequenter und durchsetzungsfähiger als die Volkspartei. Dies hatte einerseits historische Ursachen, die in der Zeit des Austrofaschismus wurzeln, anderseits waren die Sozialisten der Ansicht, dass die unabhängigen Tageszeitungen, die es in Wien seit 1948 neben den Besatzungs- und Parteiblättern wieder gab, der verlängerte Arm der Volkspartei seien und die SPÖ von diesen deshalb feindlich bis ablehnend behandelt werden würde.[iv]

Zeitungslandschaft in der Besatzungszeit

In Westösterreich konnten sich unter den Amerikanern und Franzosen aus den ursprünglichen Besatzungsblättern durch die Lizenzvergabe an vertrauenswürdige Personen rasch erfolgreiche unabhängige Zeitungen entwickeln, die den regionalen Zeitungsmarkt bis heute beherrschen (Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Oberösterreichische Nachrichten). Die Parteiblätter, die von den beiden Besatzungsmächten erst später zugelassen worden sind, spielten hingegen nie eine relevante Rolle.[v]

In der britischen Zone wurden zuerst die Parteiblätter lizensiert, erst zwei Jahre später kam die unabhängige Kleine Zeitung mit Ausgaben für die Steiermark und Kärnten auf den Markt, die sich aber rasch als regionaler Marktführer etablieren konnte. In der Sowjetzone stellte sich die Situation vollkommen anders dar. Hier gab es zunächst die Österreichische Zeitung der russischen Besatzungsmacht und das Neue Österreich, ein überparteiliches Blatt, das im Besitz der drei von den Russen zugelassenen Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ, war. Jede der drei Parteien hatte noch zusätzlich ihr eigenes Organ: Die SPÖ die Arbeiterzeitung, die ÖVP das Volksblatt und die KPÖ die Volksstimme.

All diese Zeitungstitel waren aber nur mäßig erfolgreich. Im Gegensatz zu dem von den Amerikanern etwas später herausgegebenen Wiener Kurier. Dieser erreichte Anfang der 50er Jahre Auflagen von bis zu 300.000 Stück. 1948 entstand mit der Presse die erste unabhängige Tageszeitung im Osten Österreichs[vi]. Mit dem Ende der Besatzung und damit der Besatzungsblätter begann auch in Wien der rasche Aufstieg der unabhängigen Blätter wie etwa dem Neuen Kurier.

Die von Anfang an glücklosen Parteiblätter rutschten in den 50er Jahren noch tiefer in die Krise und in die Bedeutungslosigkeit und mussten durch Subventionen weiter künstlich am Leben erhalten werden.

Für die SPÖ war dies eine äußerst unbefriedigende Situation. Die reichweitenstarken unabhängigen Bundesländerzeitungen mit ihrer tendenziell bürgerlichen Blattlinie wurden von ihr als antisozialistisch, als Klassenfeind, eingestuft und gerne abwertend als „Kommerzpresse“ bezeichnet, „da hier die Interventionen von Parteifunktionären aller Ebenen sehr rasch auf Grenzen stießen“[vii]

Auch in Wien war die Situation für die Sozialisten nicht besser, hier dominierten die unabhängigen Blätter wie der Kurier, die Presse oder der Bild-Telegraf den Zeitungsmarkt. Umso wichtiger war es für die SPÖ, den Rundfunkbereich zu kontrollieren und zu instrumentalisieren, „um die Stabilisierung einer sozialistisch-gewerkschaftlichen Dauerherrschaft zu erreichen.“[viii]

Motive der SPÖ für einen zentralistischen Staatsfunk

Unabhängige Medien und Journalisten wurden von den Sozialisten primär als Störfaktoren bei der Durchsetzung ihrer ideologischen Ziele und Machtinteressen empfunden. Der Pressefreiheit standen sie deshalb äußerst skeptisch gegenüber, wie etwa ein Brief des sozialistischen Staatskanzlers Karl Renner an den kommunistischen Chefredakteur des Neuen Österreich, Ernst Fischer, in eindeutiger Weise aufzeigt:

„Ich mache Sie nur noch auf einen Umstand aufmerksam. Das Berufsliteraten- und Publizistentum neigt sehr dazu, zwischen allen Parteien herumzuschaukeln und in dieser politischen Unbestimmtheit geradezu ein Merkmal geistiger Überlegenheit zu sehen. Niemand ist ein ärgerer Verächter des wirtschaftenden und sich um das allgemeine Wohl kümmernden Arbeitsmenschen als diese Klasse. Sie ist auch absolut unzuverlässig. Es ist viel klüger, sie zu wirklicher Parteiarbeit zu erziehen als zu hochmütiger Überheblichkeit.“[ix]

Genau in dieser Denkweise wurzeln die Bestrebungen der Sozialisten, einen zentral gesteuerten Staats- und Proporzfunk in Österreich zu installieren und zu etablieren. Verstärkt und befeuert wurden diese Anliegen noch durch die über die Jahre schwindende Bedeutung der sozialistischen Parteiblätter wie etwa der Arbeiterzeitung.[x]

„Unter diesen Umständen war es das Konzept der SPÖ und des Verkehrsministers Waldbrunner, den Rundfunk, und damit später auch das Fernsehen, nach dem Abzug der Besatzungsmächte so weit als möglich in die Hand zu bekommen, um sich damit eine möglichst umfassende Kontrolle und Einflussnahme auf das einzige zentrale Massenmedium zu verschaffen.“[xi]

Im Ringen um Einfluss und Macht im Rundfunkbereich beging die ÖVP einen fatalen Fehler, dessen Auswirkungen noch bis heute, Tag für Tag, Woche für Woche, im ORF-Fernsehen zu sehen sind.

(Die „Roten Meinungsmacher“ erscheint – wie am 6. November erläutert –  im wöchentlichen Abstand als Serie im Gastkommentarbereich des Tagebuchs. Nächste Folge: Das Narrenkastl – die grobe Fehleinschätzung der Volkspartei)

Literatur

Cisar, Gottlieb-Heinrich: 60 Jahre Rundfunkpolitik in Österreich. Der Weg zur dritten Rundfunkreform. Dissertation. Wien 1987

Hanreich, Christa: Das Rundfunkvolksbegehren 1964; Diplomarbeit Wien 2001

Österreichischer Rundfunk (Hg.): Gerd Bacher zu Ehren. Zum 60. Geburtstag; Salzburg, Wien 1985

Portisch, Hugo: Das Volksbegehren und Bacher I. In: Gerd Bacher zu Ehren. Zum 60. Geburtstag, Salzburg, Wien  1985

Vodopivec, Alexander: Die Quadratur des Kreisky – Österreich zwischen parlamentarischer Demokratie und Gewerkschaftsstaat.  Wien 1975

Endnoten

[i] Portisch, 1985, Seite 53.

[ii] Ebenda.

[iii] Hanreich, 2001; Seite 17.

[iv] Siehe Hanreich, 2001; Seite 17

[v] Siehe Vodopivec, 1975, Seite 296f.

[vi]  Ab Jänner 1946 erscheint die von Fritz Molden gegründete Die Presse aufgrund von Papierknappheit nur wöchentlich, ab dem 19.10.1948 täglich

[vii] Vodopivec, 1975, Seite 300.

[viii] Vodopivec, 1975, Seite 296.

[ix] Hanreich, 2001, Seite 19.

[x] Siehe Hanreich, 2001, Seite 19f

[xi] Vodopivec, 1975, Seite 303 f.

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