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Die Krise der Staatsanwaltschaft, nächste Etappe

Langsam wird es für Staatsanwaltschaft und Justizministerium unendlich peinlich: Die Staatsanwälte schaffen zwar über gezielte Leaks ein permanentes Klima von Vorverurteilungen politisch missliebiger Politiker. Sie ziehen zwar die Vorverfahren gegen andere missliebige Politiker unendlich in die Länge, was die Psychofolter für diese naturgemäß unendlich verlängert. Aber dann, wenn sie sich doch einmal trauen, mit einer Anklageschrift vor Gericht zu gehen, erleiden sie fast ständig Niederlagen.

So sind jetzt binnen weniger Stunden gleich mehrere Anklagen in Strafprozessen kollabiert: Jene gegen den Protokollchef Jörg Haiders, jene gegen zwei Haider-nahe Investoren aus Russland, die sich die Staatsbürgerschaft gekauft haben sollen, und jene gegen die Verantwortlichen des freiheitlichen Minarettspiels. Ebenso hat die Staatsanwaltschaft den ersten und einzigen Prozess verloren, den sie rund um den Hypo-Alpen-Adria-Crash angestrengt hat.

Natürlich können all diese Freisprüche noch in der Instanz gekippt werden. Das gilt freilich auch für die zwei einzigen Verurteilungen, welche die Staatsanwälte bisher in Politprozessen erreicht haben: die des Kärntner Politikers Uwe Scheuch wegen Bestechlichkeit, und die einer Islam-Expertin, die es gewagt hat, den Geschlechtsverkehr des Islam-Propheten Mohammed mit einer Neunjährigen als das zu bezeichnen, was er halt nach unserem gesamten Rechtsempfinden nun einmal ist. Aber offenbar nicht nach dem einiger Staatsanwälte und der ersten Instanz.

In jedem Fall ist einmal das hohe Lied der vielen unabhängigen Richter zu singen, die sich von einer offensichtlich schwer politisierten Staatsanwaltschaft und einer hemmungslos vorverurteilenden Medienszene nicht unter Druck setzen lassen.

Das ist aber zu wenig. Längst bräuchte es auch einen Justizminister, der sich das schwer einseitige Vorgehen der Staatsanwälte einmal – etwa nach britischem Muster mit einer objektiven, also ganz sicher nicht parlamentarischen Kommission – genau anschaut. Dabei wären drei Ebenen einer kritischen Prüfung zu unterziehen:

Die erste ist der gewaltige Skandal, wieso aus Akten der Staatsanwaltschaft kriminellerweise immer wieder ganz gezielte und einseitig ausgewählte Inhalte an einige Medien gehen. Hier findet Amtsmissbrauch in breitester Front statt, ohne dass dem in gebührender Weise nachgegangen würde. Eine solche Untersuchung kann die Staatsanwaltschaft natürlich schon deshalb nicht wollen, weil man dann ja selbst kriminalpolizeiliche Erhebungen nicht zuletzt gegen Mitglieder des eigenen Standes in Auftrag geben müsste. Und vor der Hemmungslosigkeit der sogenannten Aufdeckermedien fürchten sich sowieso alle.

Die zweite untersuchungswürdige Ebene ist die Flut behaupteter oder wirklicher finanzieller und wirtschaftlicher Delikte. Denen ist gewiss streng nachzugehen, auch wenn längst nicht alles, worüber sich ein Peter Pilz aufplustert, stimmt oder ein strafbares Delikt ist. Hier ist aber etwas anderes zu untersuchen: Wieso sind seit einigen Jahren sozialdemokratische Politiker und ihre Angehörigen gegen ein ebenso strenges Vorgehen geschützt, wie es zu Recht gegen blaue, orange oder schwarze stattfindet? Das trifft etwa die Fälle Verzetnitsch (ausgerechnet der mächtigste Eigentümervertreter blieb im Fall Bawag trotz zahlloser Indizien unbehelligt), Pöchhacker (der ehemalige Baulöwe ist weiter unbehelligt ÖBB-Aufsichtsratspräsident, obwohl im Fall Buwog gegen ihn viel heftigere Beweise vorliegen als gegen den seit Jahr und Tag von allen Linken so leidenschaftlich bekämpften Karlheinz Grasser) oder Faymann/Ostermayer (hier liegt alles für eine Anklage Notwendige längst auf dem Tisch, der sich aber mit absoluter Garantie in eine unendlich lange Bank verwandeln wird). Wenn man schon bei der Staatsanwaltschaft der Meinung ist, dass bei rechten Politikern auch im Zweifel immer Anklage erhoben wird – selbst um den Preis einer peinlichen Niederlage vor Gericht –, dann müsste das wohl auch für linke Politiker gelten. Wenn die Justiz noch irgendwie objektiv sein will.

Und die dritte Ebene ist der noch viel schlimmere Skandal der Anklage von  Meinungsdelikten der politischen Rechten. Hier erinnert die Situation in diesem Land zunehmend an Belarus, China oder die Ukraine. Das heißt nun nicht, dass ich beispielsweise Computer-Abschießspiele als eine geschmackvolle politische Agitationswaffe ansehe. Ganz und gar nicht. Aber dass so etwas zu einer Strafanklage führen kann, ist absolut unerträglich. Bezeichnenderweise führen ähnliche „Spiele“ in der Schweiz oder den USA nicht einmal zur Forderung irgendwelcher dortiger Pilze nach dem Strafrichter. Und die Kriminalisierung einer kritischen Betrachtung des sexuellen Umgangs Mohammeds mit kleinen Kindern ist noch viel unfassbarer. Wird doch auch zu Recht die kritische Betrachtung des – vom Sachverhalt her meist viel harmloseren – Umgangs einiger Priester mit Jugendlichen nicht verfolgt.

Freilich ist es absolute Illusion, dass diese Justizministerin für Sauberkeit und Objektivität in der Staatsanwaltschaft zu sorgen gewillt ist. Dass sie sich als Garantie für die Meinungsfreiheit in diesem Lande sieht. Ganz im Gegenteil: Die Ministerin bringt Gesetzesentwürfe ein, welche die Meinungsfreiheit noch viel mehr knebeln sollen. Sie tut dies unter scheinheiliger Berufung auf Beschlüsse der EU-Justizminister. Diese hätten aber ohne österreichische Zustimmung nie zustandekommen können! Und sie sind durch den nunmehrigen Gesetzesentwurf der Frau Karl noch in ihrer Grundrechtswidrigkeit massiv verschärft worden!

Das alles lässt die bange Frage offen: Wie lange können wir uns mit unseren Grundrechten noch auf unabhängige Richter verlassen, wenn Regierung, Bürokratie, Staatsanwaltschaft und Parlament so geschlossen den Weg in eine Semidiktatur zur Knebelung aufsässiger Untertanen gehen wollen?

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