Nicht Messer, sondern Menschen töten

Autor: Andreas Tögel

Und wieder eine Print-Zeitung weniger ...

Autor: Günter Frühwirth

Die europäische Systemtransformation

Autor: Josef Stargl

Freiheit stirbt oft scheibchenweise

Autor: Elisabeth Weiß

Über alte und neue Rattenfänger

Autor: Leo Dorner

Gendern: Ideologie und Gehirnwäsche

Autor: Heinrich Benz

Warum die Österreicher wie Idioten dastehen

Autor: Gerhard Kirchner

Leerstandsabgabe – die schwarze Vermögenssteuer?

Autor: Wilfried Grießer

Das blödeste Wort der Menschheit

Autor: Willi Sauberer

Alte und neue Alma Mater

Autor: Leo Dorner

Alle Gastkommentare

Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Ein Banker bringt die Republik in Aufregung

Andreas Treichl ist das Gegenteil eines Diplomaten. Deswegen kommt der Erste-Bank-Chef freilich mit seinen Äußerungen der Wahrheit oft ein deutliches Stück näher als sonstige Firmenchefs, Beamte oder gar Politiker. Auch wenn man ihm nicht in jedem Aspekt zustimmen kann.

Gewiss: Die Aussage, Politiker wären „zu blöd“, ist ein absolut mehrheitsfähiger Satz. Er hat sogar Chancen auf eine Zweidrittelmehrheit. Vor allem schon deshalb, weil auch die Aussage selber an den Zuhörer keine hohen intellektuellen Ansprüche stellt. Daher können ihr auch all jene zustimmen, die die konkrete Beschwer Treichls intellektuell gar nicht zu verstehen imstande sind.

Aber dennoch sollten sich auch die Banker an der Nase nehmen: Wo haben sie sich wirklich intensiv bemüht, das Wirtschaftsverständnis von einfachen Politikern und Bürgern zu verbessern? Damit sind deutlich mehr Anstrengungen als nur  ein paar Pressekonferenzen gemeint, bei denen die Bankenchefs mit ein paar ebenso insiderisch wie sie denkenden Wirtschaftsjournalisten  parlieren. Völlig unzureichend sind in einer pluralistischen Demokratie auch bloßes Naserümpfen über Politiker und Hinterzimmer-Interventionen bei diesen und ihren Beamten. Hier geht es immer um öffentliche und veröffentlichte Meinung. Nur die entscheidet, ob in Österreich noch ein Rest an wirtschaftlicher Vernunft gerettet werden kann.

Bei dieser Aufgabe helfen auch die üblichen Bosheiten und Intrigen nicht mehr weiter, die so manche Bank gerne über die andere ausstreut. Da bräuchte es eine geschlossene Argumentation.

Vor allem sollten sich alle großen Banken bewusst werden, dass es beim gegenwärtigen Bankenprügeln nicht nur um ein paar Sager zum Tag geht, sondern um eine politische Strategie. Die SPÖ baut nämlich für den nächsten Wahlkampf schon ein klares Feindbild und Aggressionsobjekt auf: Banken und Millionäre.

Instrumente dieser Kampagne werden die gebetmühlenartig wiederholten Forderungen nach noch höheren Banken- und Vermögenssteuern sein, mit denen der aus jeder Finanzierbarkeit rinnende Wohlfahrtsstaat zugunsten der eigenen Klientel noch eine Zeitlang am Leben gehalten werden soll. „Fresst die Reichen“ wird zweifellos der Wahlkampfschlager Nummer eins. Das wird der SPÖ umso leichter gelingen, als sie und ihr ÖGB in den letzten Jahren alle sozialdemokratisch gefärbten Banken kaputt gemacht und ans Ausland verjuxt haben. Der Bogen reicht von der einstigen Zentralsparkasse bis zur Bawag. Diese peinlichen Crashes roter Finanzpolitik machen aber nun die Attacke auf die Banken sehr leicht. Da braucht man auf niemanden mehr Rücksicht üben.

Die SPÖ folgt damit dem wirtschaftlichen Primitivpopulismus der Blauen. Sie will taktisch um jeden Preis einem neuerlichen Ausländer- und Political-Correctness-Wahlkampf aus dem Weg gehen, der nur die FPÖ noch weiter aufwerten würde. Freilich ist zumindest klugen Sozialdemokraten bewusst, dass die Grünen und damit die vielen grün agierenden Journalisten ihnen sowieso wieder das Anti-Strache-Thema aufzwingen werden.

Schwerer verständlich ist die Reaktion der Banken. Wenn sie schon als Schlachtopfer des nächsten Wahlkampfes auserkoren sind, dann sollten sie zumindest zu kommunizieren versuchen, weshalb es für Österreich sehr vorteilhaft ist, die Zentrale relativ großer Banken im Land zu haben. Nämlich vor allem für die Bewahrung hochqualitativer und damit Steuern und Wertschöpfung schaffender Arbeitsplätze. Das gleiche gilt auch für die Großindustrie, die ja ebenfalls durch politischen Populismus (in diesem Fall mit grünem Anstrich) zunehmend vertrieben wird. Und auch "nur" vermögende Leute, die mit ihren Millionen hier leben, sind besser als Menschen, die mit ihren Millionen anderswo leben. Bei allem nachvollziehbaren Neid.

Was den Steuerzahlern ebenfalls noch nie klargemacht worden ist: Die einzigen Banken, die uns Geld kosten, sind ähnlich wie in Deutschland von Politikern beeinflusste Institute. Ob diese Politiker-Banker nun Claudia Schmied oder Jörg Haider geheißen haben.

Noch einmal zurück zu Treichl: Natürlich hat er in dem konkret von ihm der Politik angekreideten Punkt recht. Es ist einfach absurd, wenn für eine Bank auf Grund der rechtlichen Eigenkapitalvorschriften Kredite an noch so wacklige Staaten (=Anleihen) viel weniger Kosten verursachen als solche an noch so stabile Unternehmen.

Nur irrt  Treichl bei der Analyse der Ursache: Da steckt weniger Blödheit der Politiker dahinter als raffinierter Egoismus. Denn wäre der Kauf von Staatspapieren nach korrekten Marktmechanismen zu bewerten – also als erkennbar riskant werdende Investition –, dann müssten die Staaten endlich ernstlich anfangen zu sparen. Ihre Kreditaufnahme wäre nämlich sonst bald unerschwinglich teuer. Die Wahrscheinlichkeit ist aber erfahrungsgemäß groß, dass Parteien, die plötzlich sehr sparsam agieren, beim nächsten Mal sofort abgewählt würden. Also ist das Ganze nur für die Staatsfinanzen blöd – und zwar auf Grund der Blödheit der Wähler, die sparsame Regierungen des öfteren bestrafen. Parteipolitisch ist dieses Verhalten hingegen durchaus klug. Denn Parteipolitik schaut immer nur bis zum nächsten Wahltag.

Treichl erweckt freilich einen falschen Eindruck, wenn er so spricht, als könnte die österreichische Politik alleine diese Verzerrung der Kreditbedingungen sanieren. Das beruht längst alles auf internationalen Abkommen, die Österreich alleine nicht ändern kann, selbst wenn es wollte.

Noch einen Fehler hat Treichl begangen, den er inzwischen aber ganz heftig bereut: Er hat sich im Winter 2008/09 unter heftiger Selbstkritik als erster Bankchef interessiert erklärt, die staatlichen Kredite zur Absicherung seiner Bank entgegenzunehmen. Heute weiß man, die Erste Bank hätte das nicht gebraucht. Sie wäre nie und nimmer in Gefahr geraten. Das einzige, was ihr freilich gedroht hätte, wäre eine zumindest teilweise feindliche Übernahme durch einen ausländischen Eigentümer gewesen.

Das hätte zwar die Einlagen und Arbeitsplätze nicht gefährdet. Das wäre aber für die österreichischen Steuereinnahmen, für den Wert des Standortes wie möglicherweise auch für das Management schlecht gewesen. Jedenfalls hat die Nationalbank heftigen Druck auf die Banken ausgeübt, das staatliche Geld zu nehmen. Und keine Bank will sich allzu leichtfertig und frontal mit der Nationalbank anlegen. Kann diese doch ein sehr schikanöses Aufsichtsregime führen.

Dennoch war für Raiffeisen und Erste Bank die Annahme des Geldes ein Fehler. Denn es war bei einigem politischen Gespür vorauszusehen gewesen, dass sie ab dann von der Politik ständig dafür geprügelt werden (ungeachtet der saftigen Zinsen für die Staatskassen). Diese Staatsgelder in Bankenkassen kommen ja bei den Menschen mit folgender Story an: Wir haben mit unserem Steuergeld konkursreife Banken und deren luxuriös bezahltes Management gerettet.

Diese lustvoll vor allem von der SPÖ gesponnene Botschaft ist in der Wirkung für jeden Betroffenen natürlich verheerend. Da kommt der SPÖ die gleichzeitige Verdoppelung der Aufsichtsratsbezüge bei der Erste Bank natürlich besonders gut zupass. Die war alles andere als klug – vor allem, wenn es keine ausreichende Informationsstrategie der Bank als Begleitmusik gibt (wobei ja die Argumente auf der Hand liegen: Die Aufsichtsratsbezüge wurden viele Jahre nicht erhöht, im internationalen Vergleich sind sie noch immer viel niedriger; gleichzeitig wurde die persönliche Haftung der Aufsichtsräte größer usw). Bleibt nur anzunehmen, dass die Bank von ihren versagenden PR-Beratern jetzt wenigstens das Agenturhonorar zurückfordert.

Manche Leser werden freilich meinen: Geschieht den Banken doch durchaus recht. Sie zahlen keine wahrnehmbaren Zinsen aufs Sparbuch; kein Spitzenmanager hat dort in der Finanzkrise den Job verloren; und die Banken spekulieren heftig. Während die ersten beiden Vorwürfe weitgehend berechtigt sind, ist der dritte falsch: Die österreichischen Banken arbeiten viel konservativer, also vorsichtiger als ihre internationalen Konkurrenten. Sie haben einen viel geringeren Anteil ihrer Bilanzsummen riskant veranlagt – auch wenn in schweren Krisen natürlich jeder Kredit umfallen kann.

Aber die Banken sind auch mit dieser Botschaft nicht imstande, an die Öffentlichkeit zu dringen. Und noch weniger können sie das mit der allergrößten Gefahr, die ihnen nun droht. Es wächst nämlich die Wahrscheinlichkeit, dass nach Bank Austria und Bawag noch eine weitere Großbank Richtung Ausland wegschwimmt.

Bei der Erste Bank deutet schon viel auf eine Auswanderung hin. So zeigte sich Treichl schon mehrfach überzeugt, dass Österreichs Rating (und damit auch das aller österreichischen Unternehmen) im kommenden Jahr schlechter werden wird. Damit wird die Refinanzierung aber auch für seine Bank empfindlich teurer. Zweitens will die Bank die Schulden bei der Republik möglichst bald zurückzahlen, um ihre volle Freiheit zurückzugewinnen – auch wenn sie das vor Vorliegen des nächsten Banken-Stresstests noch nicht kommunizieren will.

Und drittens ist die Erste Bank längst eine mittel- und südosteuropäische Bank und keine österreichische mehr. Sie kann sich daher legitimerweise ihren Sitz dort wählen, wo die Rahmenbedingungen am besten sind. Dabei geht es etwa um Steuersätze, um das nationale Rating, um die Infrastruktur und deren Kosten, um die Qualität und Quantität der Mitarbeiter oder um die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten des Landes. Vieles davon ist in Prag oder Pressburg längst deutlich besser. Und last not least geht es um den Umgangston zwischen Politik und Wirtschaft, der über die Zukunft des Standortes Wien entscheiden wird.

All das sollte sich die SPÖ vor Augen halten, wenn sie ihre Dobermänner Ostermayer und Kräuter wieder von der Leine lässt.

PS: Ich scheue sonst vor Beiträgen über Institutionen zurück, denen ich mich verbunden fühle. Das ist  im Fall der Erste Bank seit meiner Kindheit der Fall. Aber dennoch kann ich im aktuellen Fall nicht an der Debatte vorbeigehen. Ich wollte mit diesem PS zumindest offenlegen, dass ich der Erste Bank nicht so wertfrei gegenüberstehe wie anderen Objekten meiner Kommentare.

 

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung