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Wozu gehen die alle auf die Universitäten?

Es ist nur eine trockene Statistik. Aber sie sagt doch sehr viel über das österreichische Bildungssystem aus. Wir haben ein katastrophales Problem an den Universitäten; wir geben aber keineswegs zu wenig Geld für unser Bildungssystem aus; wir haben ein gewaltiges Problem mit Zuwandererkindern; die Männer dominieren noch immer bei den Doktoratsabschlüssen – und auch die Statistik Austria hält so wie die vom Unterrichtsministerium bezahlten Vereine die Daten über die „Erfolge“ der bisherigen Gesamtschulen geheim.

Im Detail die spannendsten Ergebnisse des neues Bildungsberichts der Statistik Austria („Bildung in Zahlen 2009/10“):

1.     Von den Studenten haben zehn(!) Jahre nach Studienbeginn erst 44 Prozent einen Studienabschluss. Alle anderen haben ein solchen in diesem Zeitraum noch immer nicht geschafft, haben meist längst abgebrochen. Während die aus anderen Quellen bekannten Erfahrungen mit jenen Studienrichtungen, die eine strenge Aufnahmsprüfung haben, dramatisch bessere Ergebnisse zeigen (sie werden freilich von der republikseigenen Statistik Austria nicht gezeigt): etwa bei den Medizinstudenten der letzten Jahre oder den Fachhochschulen.

2.     Österreich stellt für seine Volksschulen mehr Lehrer zur Verfügung als der europäische Schnitt: In Österreich kommen auf einen Lehrer 13 Schüler, im EU Schnitt hingegen 15. Also: An der Lehrerzahl kann es nicht liegen, wenn viele unserer Volksschüler nicht Lesen und Rechnen können.

3.     Auch insgesamt liegen die Bildungsausgaben im europäischen Schnitt: In Österreich sind es 5,4 Prozent des BIP und in der EU 5,3 Prozent: Die Forderungen der Unterrichtsministerin nach ständig mehr Geld haben also keine Berechtigung; und auch das Nachgeben des Finanzministers, für den (höchstwahrscheinlich völlig sinnlosen) Ersatz der Hauptschulen durch die Neue Mittelschule deutlich mehr Geld auszugeben, findet keine Legitimation.

4.     Österreich liegt bei einem Wert sogar absolut an der Spitze: 77 Prozent jener, die zwischen 14 und 18 eine Schule besuchen, tun das in berufsbildenden und berufsvorbereiteten Schulen. Der europäische Vergleichswert liegt bei 53 Prozent. Ideologen mögen das für schlecht halten. Ich erlaube mir, es für gut zu halten, denn das zeigt eine gesunde Praxisorientierung der Österreicher. Ihre Kinder haben zum guten Teil schon mit 18 eine Ausbildung für einen Beruf hinter sich. Und die österreichischen Facharbeiter und Techniker sind eine ganz entscheidende Stütze unseres Wohlstandes und unserer Zukunft. Wohl kann man nachdenken, ob da die Allgemeinbildung zu kurz kommt – aber die ist ja ohnedies nicht einmal mehr bei Uni-Absolventen anzutreffen.

5.     Zurück liegt Österreich dementsprechend bei den tertiären Abschlüssen, wo die Statistik vom Uni-Abschluss bis zum Meisterabschluss alles einrechnet. Hier liegt der EU-Schnitt bei 25, der österreichische bei 18 Prozent. Es gibt aber keinerlei Beweise, dass die Kindergärtnerinnen oder medizinisch-technischen Fachkräfte des Auslands deshalb besser wären, weil man sie dort durch einen formalen Uni-Abschluss geschleust hat.

6.     Eine weitere große Katastrophe des Bildungswesens ist die auf dem Kopf stehende Alterspyramide der Lehrer: Nicht weniger als 42 Prozent werden in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen. Es sei denn, Bund und Länder machen ihnen ein besonders großzügiges Angebot, weiterzuarbeiten (aber ach: Die Dienstrechtsverhandlungen wurden eingestellt; die zuständige Ministerin muss offenbar ganzjährig den Frauentag feiern).

7.     Auch die Statistik Austria, die dem politisch unerwünschten Migrantenthema gerne aus dem weg geht, kann nicht verheimlichen, dass es ein Riesengefälle zwischen den Kindern mit deutscher Umgangssprache und allen anderen gibt: Bei der ersten Gruppe haben nur 6 Prozent keine weitere Ausbildung nach der Schulpflicht, bei der zweiten sind es 15 Prozent (wovon ein Drittel nicht einmal den Hauptschulabschluss geschafft hat).

8.     Die Statistik sagt auch Interessantes über das Durchfallen aus. An der AHS-Oberstufe wurden die Abbrecher bis zum Schulende analysiert: Bei denen, die in einer AHS-Unterstufe waren, schaffen 15 Prozent den Weg von der 5. in die 8. Klasse nicht, bei denen mit Hauptschule und Gesamtschule sind es 26 Prozent, bei denen, die zumindest einmal eine Klasse wiederholen mussten, sind es hingegen 66 Prozent: Also mit anderen Worten: Zum Wiederholen einer Klasse werden in der Regel jene gezwungen, die auch wirklich schlechte Aussichten haben, bis zur Matura zu kommen. Durchfallen lassen ist also keineswegs ein Willkürakt, wie oft dargestellt wird, sondern trifft meistens die Richtigen.

9.     Hochinteressant sind die Unterschiede nach Geschlechtern: Bei männlichen Schülern machen 33 Prozent die Matura (Burschen dominieren dafür die Pflichtschulen und die Gruppe der Dropouts), bei weiblichen sind es 46 Prozent. Auch bei den Universitätsabschlüssen liegen die Frauen voran, während jedoch bei den 2284 Studenten, die im letzten Studienjahr den Doktor gemacht haben, die Männer mit 57 Prozent klar dominieren. Was immer wieder verschwiegen wird, wenn behauptet wird, Frauen würden diskriminiert, wenn es um Professorenstellen geht.

10.                      Das große Ärgernis an dieser umfangreichen Studie „Bildung in Zahlen“ ist aber, dass es keinerlei Zahlen über die Erfolge der diversen Formen der Gesamtschule gibt. Obwohl es diese etwa in Form der Kooperativen Mittelschule und anderer schon lange genug gibt, um sich statistisch niederschlagen zu können.
Aber niemand kann beweisen, dass es Absicht war, dass man darauf vergessen hat . . .

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