Der Untergang der islamischen Welt

Hamed Abdel-Samad, Autor des  Buchs „Der Untergang der islamischen Welt“ hat durch die Massenproteste gegen den ägyptischen Präsidenten Mubarak Bekanntheit erlangt. Sowohl Hörfunk als auch Fernsehen brachten seine Kommentare zu den Ereignissen in Kairo.

Bisher war er wohl nur einem Kreis bekannt, der sich mit dem interkulturellen-religiösen Dialog auseinandersetzt. Wie dem auch sei, sein Beitrag zum Verständnis des Islam und zum Verhalten der Muslime ist sehr hoch einzuschätzen. Ganz im Unterschied zu den üblichen Denkmustern schöpft er aus der Aufklärung. Verbunden mit der Kenntnis der arabischen Welt hat seine Islamkritik eine besondere Überzeugungskraft.

Sein intellektuelles Islambild ist demnach nicht von Tabus, sondern vom kritischen Hinterfragen geprägt. Dieses Buch könnte demnach eine „Leitfibel“ für alle jene sein, die sich mit den Fragen Kopftuch, Minarett- und Moscheebau auseinandersetzen.

Nur wer die dahinterstehenden Ideen kennt, kann entscheiden, ob  Kopftucht, Minarett- und Moscheebau innerhalb der Religionsfreiheit zu tolerieren, oder als politische Aussagen zu untersagen sind.

„Ich bin vom Glauben zum Wissen konvertiert“ sagt der Autor. Dieser Denkansatz ist der Ausgangspunkt einer schonungslosen Kritik am Gedankengebäude und Handeln der gläubigen Muslime.

Außergewöhnlich klar erwähnt er das „Feindbild Westen“. In ägyptischen Schulbüchern besteht der Westen bis zum heutigen Tag aus Kreuzfahrern, die die muslimische Welt bedrohen. Den Westen trifft das Verschulden für jegliche Misere in islamischen Ländern. Ein klares Feindbild eint – bei sich selbst sucht man die Fehler niemals!

Dieses Feindbild erleichtert, den Islam als unveränderbare göttliche Offenbarung zu verstehen und jegliche Kritik am Islam als unstatthaft zu betrachten. Auf Kritik reagieren Muslime daher beleidigt oder gar mit Gewalt.

Der Islam stellt die wahre Religion dar, alle anderen Religionen sind Verfälschungen. Der Islam ist die Lösung! Es gibt keine anderen Lebensmodelle. Kritik ist eine Sucht, eine europäische Krankheit! An diesem Konzept scheitern auch alle Islamreformer. Ein Euroislam ist schlichtweg denk-unmöglich.

Die Einteilung der Menschen in Gläubige und Ungläubige und der Auftrag, die islamische Welt (= Haus des Friedens) auf die restliche Welt (Haus des Vertrags oder Haus des Kriegs) auszudehnen, macht den Islam zu einer Einheit in seinem Auftreten gegenüber Nicht-Muslimen.

Friede im islamischen Sinn bedeutet nur den Zustand der Welt nach ihrer vollen Islamisierung. „Aus einer Mischung von Omnipotenz-Phantasien und dem Gefühl permanenter Erniedrigung entsteht eine gefährliche Paranoia …“.

Der Islam wurde als eine Anweisung für alle Fragen des Lebens gegründet. Er ist Religion und Politik zugleich  Eine Trennung von Religion und Staat – also eine demokratische Staatsordnung – widerspricht dem Islam.

Folgerichtig ist der Islam auch nicht die Religion des Friedens, und ebenso wenig hilft das Konzept der Abrahamitischen Religionen für einen fruchtbringenden Dialog. Vielmehr wird klar, dass der Islam als unveränderbare göttliche Offenbarung keinem Dialog zugänglich ist.

Begreiflicherweise können Menschen an einer göttlichen Wahrheit nichts ändern. Das gilt auch für parlamentarische Beschlüsse. Homosexualität ist und bleibt untersagt, auch wenn sich im Parlament eine Mehrheit dafür ausspricht. Der Gleichheitsgrundsatz ist schlechthin unislamisch!

Demokratie und westlicher Individualismus sind unattraktiv. Die strengen und  kompromisslosen Bestimmungen im Koran und den dazugehörigen Hadithen sind eine willkommene Entsprechung zu den patriarchalisch geprägten Stammesstrukturen mit Gruppenidentität. Die tiefe Verwurzelung der religiösen Praxis in der Bevölkerung zwingt die politischen Führer zu einem Pakt mit den religiösen Autoritäten.  Das galt auch schon für Napoleon, als er in Ägypten regierte.

Diese „Leitfibel“ zeigt auch, dass es nur einen Islam gibt. Als ein Islam tritt er auch in der OIC (Organisation der Islamischen Konferenz), dem internationalen Sprachrohr von 57 muslimischen Ländern, auf.

Sie zeigt auch, dass für die Verbreitung des Islam Gewalt (Dschihad) legitimiert  ist. Sehr zum Unterschied von der Bibel. An Hand der Bibel kann Krieg nicht legitimiert werden. Die Kreuzzüge mussten daher vom Papst als „von Gott gewollt“ definiert werden.

Alles in allem sieht der Autor Hamed Abdel-Samad den Islam als rückwärtsgewandt und nicht reformierbar, er wird als „politische und gesellschaftliche Idee untergehen“.

Dieser Vorstellung könnte man zustimmen, wenn das westliche Lebensmodell dem Islam mit Entschlossenheit entgegenträte. Das ist aber nicht zu beobachten. Es scheint vielmehr, dass der Westen im Tausch für Erdöl alle seine gesellschaftspolitischen Errungenschaften aufs Spiel setzt und alle dem Islam entspringenden Gewalttaten gegen Nicht-Muslime anonymen Terroristen zuschiebt. Auch der Begriff Islamisten trübt den Blick auf den Inhalt des Koran.

Keinesfalls bedeutet ein Niedergang des Islam einen Sieg des westlichen Lebensmodells. Das Diktat der „Political Correctness“ verhindert ein entschlossenes Eintreten für die westlichen Errungenschaften. Ein Großteil der Gesellschaft hat sich in ein neues Biedermeier geflüchtet, wer die Mittel hat, wird Teil der Spaßgesellschaft.

Weder EU noch die Regierungen der Mitgliedsländer treten entschlossen für die Bewahrung der westlichen Werte ein. Von einem Aufschrei gegen die täglichen Christenverfolgungen in muslimischen Ländern ist keine Rede.

So ist diese „Leitfibel“ auch eine Ermahnung für uns alle!

Dr. Harald Fiegl hat elfjährige Berufserfahrung in der Türkei verteilt über ca. 30 Jahre. Er ist damit Zeitzeuge für die Entwicklung der Türkei von einem säkularen zu einem religiösen Staat und Kenner islamischer Machtstrukturen. 1960-61 Handelslehrer an der Österreichischen Schule, 1963 - 67 Mitarbeiter der Außenhandelsstelle Istanbul, 1985- 92 Leiter der Außenhandelsstelle Istanbul. Seither wiederholte Reisen in die Türkei und andere islamische Länder.

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