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Warum Berlusconis Sieg gut ist

Wenn man ausländische Medien verfolgt, dann kann man überhaupt nicht begreifen, warum Silvio Berlusconi nicht nur bei Wahlen, sondern auch bei Misstrauensabstimmungen alle Leichenreden putzmunter überlebt hat, ohne dass in Italien eine kollektive Geisteskrankheit ausgebrochen wäre. So triumphierte er auch am Dienstag zu Recht und wider alle medialen Hoffnungen. Denn diese Medien verschweigen die zwei Hauptgründe seiner Erfolge.

Dabei stimmt im Wesentlichen alles, was gegen Berlusconi vorgebracht wird. Und es mag auch stimmen, dass er sich einige Oppositionsabgeordnete gekauft hat, damit er in beiden Kammern des italienischen Parlaments wieder einmal überleben konnte, wenn auch in der zweiten Kammer nur mit drei Stimmen Vorsprung. Freilich könnten auch einige für ihn gestimmt haben, die spüren, dass sie auf der Liste seines neuen Opponenten Fini rasche Neuwahlen nicht überleben werden.

Es stimmt sicher auch, dass Berlusconi trotz seiner 74 Jahre vor allem deshalb so sehr an seinem Amt klammert, weil er sonst noch mehr Prozesse wegen unsauberer Geschäfte in seiner Vergangenheit am Hals hätte. Berlusconi ist auch alles andere als ein Anhänger der innerparteilichen Demokratie. Und seine diversen privaten Affären sind zwar privat, aber dennoch vor allem unappetitlich.

Es wäre nun falsch zu sagen, dass den Italienern das gleichgültig ist. Auch wenn sie ein viel unverkrampfteres persönliches Verhältnis zur Korruption haben, ärgern sie sich über die Korruption an der Staatsspitze.

Mehr Verständnis haben sie schon für Berlusconis Attacken auf die Justiz. Denn diese ist in Italien noch viel mehr politisiert als etwa in Österreich. Manche der Verfahren gegen Berlusconi scheinen mehr von parteipolitischem Eifer vorangetrieben als von objektiven Bestrebungen um Gerechtigkeit. Manche, wenn auch nicht alle.

Mehr Verständnis als ausländische Medien haben die Italiener zweifellos auch für Berlusconis lockere bis geschmacklose Scherzleins. Gerade die unpolitische Hälfte des Landes empfindet tiefe Sympathie dafür, dass da einer relativ normal kommuniziert und nicht in der ganzen juristisch-eitlen Gespreiztheit der sonstigen Führungsschicht Italiens, die bei jedem Auftritt Cicero zum rhetorischen Analphabeten stempeln will. Und schon gar nicht in der Verkrampftheit der politischen oder frömmelnden Korrektheit.

Entscheidend für Berlusconis Dauererfolg sind jedoch zwei ganz andere Faktoren. Der eine sind die Oppositionsparteien. Sie verkörpern weiterhin das alte Italien der in Dutzende Einzelmeinungen zerstrittenen politischen Klasse. Die oppositionellen Linksparteien haben zum Teil so radikale Ideen, dass mit ihnen ein verantwortungsbewusstes Regieren nicht möglich ist, wie sich in den Phasen zwischen Berlusconis Regierungszeiten immer wieder gezeigt hat. Sie haben weder klare Führungspersönlichkeiten noch ein gemeinsames, geschweige denn überzeugendes Programm.

Und der zweite Grund liegt darin, dass Berlusconi sehr wohl einen vernünftigen wirtschaftspolitischen Kurs gefahren ist. Auch wenn das viele Medien verschweigen, die jeweils nur über die aufgeregten Gewerkschaftsproteste dagegen geschrieben haben.

Berlusconi hat den überbordenden italienischen Wohlfahrtsstaat ein wenig beschneiden können, sodass das Budgetdefizit in den letzten Jahren sehr kontrolliert blieb. Während der letzten vier Jahre einschließlich des Krisenjahres 2009 betrug es: 3,4; 1,5; 2,7; und 5,3 Prozent – im Vergleich zu den anderen Krisenländern ist das durchaus harmlos. Und bisher sind keine statistischen Manipulationen nach griechischer Art bekannt geworden.

Wohl ist die Staatsverschuldung mit 116 Prozent (Ende 2009, am Tiefpunkt der Krise) exorbitant; sie betrug aber Ende 1999 (also am Gipfel einer Hochkonjunktur!)  auch schon 114 Prozent. Die Verbrechen an der italienischen Wirtschaft und Zukunft sind also schon lange vorher begangen worden.

Es ist traurig, aber wahr: Berlusconi ist eine zutiefst unsympathische Figur. Ohne ihn und seine cäsarischen Attitüden, aber auch ohne seine mutige Gestaltungskraft stünde jedoch das Land noch viel schlechter da. Und das sollte man auch im Ausland begreifen und nicht nur blind hetzen. Denn Linkschaoten und gutmenschliche Romantiker haben in Italien bis heute keinerlei Alternative geboten.

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