Erdrutschgedanken

 Wenn die Gunst der Wähler drastisch
ganz auf eine Seite schwenkt,
nennt man’s Erdrutschsieg bombastisch -
was beweist, daß keiner denkt:

Denn beim Erdrutsch geht es runter,
doch beim Sieg, da geht’s hinauf,
und verknüpft die zwei man munter,
geht dabei die Logik drauf!

Trotzdem wird es oft geschrieben,
gleichsam wider die Natur,
und solch Unfug, gern getrieben,
liegt nicht an Autoren nur:

Titelredakteure nämlich
lieben Schlagwort-Drescherei -
glaubend, daß der Leser dämlich
und damit zu ködern sei!

Phrasen sind jedoch wie Socken:
Beide leiden an Verschleiß,
und wenn neu vielleicht sie locken,
machen alt sie keinen heiß.

Na, ein Glück, daß Erdrutschsieger
selber stolpern irgendwann
und man vormals flotte Tiger
lahme Enten nennen kann.

Diese Floskel ist indessen
selbst ein hinkender Vergleich -
jeder kann es leicht ermessen,
der gut schaut am Ententeich!

Aber hinken heut’ zu sagen,
ist das noch polit-korrekt?
Und Vergleiche gar zu wagen,
macht das nicht erst recht suspekt?

Besser hat’s, wer schlicht und simpel
sich beteiligt am Blabla,
mitverdient am Fang der Gimpel -
wozu sonst wär’ Sprache da?

Und auf Sicht wird solcherweise
dank der normativen Kraft
des Banalen still und leise
auch das Denken abgeschafft!

Pannonicus

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung