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Was ist ein Staat? "Dumme Frage" werden da viele sagen. Und doch ist sie derzeit fast das größte Problem der europäischen und österreichischen Politik. Palästina, Syrien, Afghanistan, Nordzypern, Kurdistan, Ostlibyen: Ständig quält die gleiche Frage. Im Grund tut sie das schon seit Bruno Kreiskys Zeiten. Dabei ist ausnahmsweise die Antwort des Völkerrechts ganz eindeutig und deckt sich vor allem auch voll mit Vernunft und Realität. Aber die Politik ist wie oft opportunistisch und tut so, als könne sie mit papierenen Erklärungen Staaten schaffen oder durch ein Kopf-in-den-Sand wegzaubern. Und schafft dadurch erst recht große Probleme.
Das Völkerrecht sagt: Ein Staat ist das, was nicht nur kurzfristig ein identifiziertes Staatsgebiet, ein darauf lebendes Staatsvolk und eine eindeutige wie aktionsfähige Staatsgewalt hat. Punkt. Für die völkerrechtliche Existenz eines Staates ist es hingegen völlig egal, ob jemand diesen Staat oder seine Staatsgewalt mag oder nicht, ob der Staat sich vorbildlich verhält oder katastrophale Menschenrechtsverletzungen begeht, ob andere Staaten mit ihm gegenseitig Botschafter akkreditiert haben oder nicht, ob ihn die anderen "anerkannt" haben oder nicht.
Daher ist es auch völlig logisch, dass selbst jene Staaten solche sind, wo es keinen Hauch von Recht und Demokratie, wo es die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen gibt (so erfreulich der Sturz ihrer Machthaber auch wäre). Man denke an die Staaten Nordkorea, Myanmar, China, Sudan, Russland oder Iran.
Es werden sogar solche Staaten weiterhin anerkannt, die seit langem nicht mehr die komplette Kontrolle über das ganze beanspruchte Staatsgebiet haben, wie etwa Zypern oder Libyen. Auch Österreich hat in der gesamten Nachkriegszeit Staaten anerkannt, die das Gegenteil einer Demokratie und eines Rechtsstaats waren, wie etwa die kommunistischen Diktaturen, wie etwa die rechten Diktaturen in Spanien und Portugal, und wie erst recht die vielen neu entstandenen Staaten in Afrika, die ebenfalls meist weder Rechtsstaat noch Demokratie waren oder sind. Und Österreich war auch einer der ersten westlichen Staaten, der die in eine "DDR" umgewandelte sowjetische Besatzungszone anerkannt hatte.
Jenseits aller Sympathie, aller Menschenrechte und Demokratie war immer klar: Ein Staat ist nur das, was Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt hat. Ebenso wie umgekehrt automatisch ein Staat ist, was dauerhaft Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt hat.
Legt man nun nüchtern diese seit langem eindeutigen Kriterien des Völkerrechts an die gegenwärtige Welt an, dann ist völlig eindeutig: Alle oben genannten Gebiete sind mit einer Ausnahme Staaten. Die Ausnahme heißt Palästina, wo es keine klare Staatsgewalt gibt, die ein klares Staatsgebiet unter klarer Kontrolle hätte. In den anderen genannten Staaten sind diese vom Völkerrecht verlangten Voraussetzungen eindeutig erfüllt.
Das bedeutet im Konkreten:
Denn niemand kann sagen:
Da alle Genannten irgendwie einen Zipfel der Staatsgewalt in den von palästinensischen Arabern bewohnten Gebieten in Händen haben, ist eine Anerkennung eines solchen "Staates" ohne eindeutige Staatsgewalt schlicht absurd und eine rein fiktive Wünsch-Dir-Was-Politik. Die "Anerkennung Palästinas" ist zwar ein Ärgernis für Israel, mit der realen Welt und dem Völkerrecht, das sich zumindest in dieser Frage viel mehr an der Realität orientiert als die europäische Politik, hat sie aber nichts zu tun.
Besonders absurd erscheint das Ganze für jene Österreicher, die sich daran erinnern, was die Republik auf Geheiß von Bruno Kreisky vor fast 50 Jahren gemacht hat: nämlich ziemlich genau dasselbe, was Briten und Franzosen jetzt machen! Damals gab es weltweit Aufregung um die Anerkennung eines Palästinenserstaates; seit damals gibt es in Wien eine Vertretung des Staates Palästina; dessen Präsident hat einst sogar beim österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer einen offiziellen "Staatsbesuch" gemacht.
Inzwischen muss aber irgendjemand im österreichischen Außenministerium drauf gekommen sein, dass es mangels der drei genannten Kriterien eigentlich gar keinen Staat Palästina geben kann. Heute gilt Österreich seltsamerweise wieder, ohne dass jemals die Aktion Kreiskys offiziell als Luftblase entlarvt worden wäre, nicht mehr als Staat, der den Staat Palästina anerkennt. Dabei ist es damals genau dafür weltweit gerügt worden.
Man kann nur hoffen, dass die internationale Politik und Diplomatie endlich mit den skurrilen Fiktionen aufhört, sich eigene Wirklichkeiten zu bauen, die mit der realen Welt absolut nichts zu tun hat. Vielleicht könnten sie endlich akzeptieren, dass manchmal sogar das Völkerrecht der Realität näher ist, als es Politik und Diplomatie sind. Ein Stein ist ein Stein, ein Baum ist ein Baum, und ein Staat ist ein Staat.
Ich schreibe in regelmäßigen Abständen Kolumnen auf der Nachrichten- und Meinungsplattform Exxpress.