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Fast zur gleichen Stunde, da man geglaubt hat, auf den endgültigen Beweis gestoßen zu sein, dass ein Land als EU-Mitglied viel besser dran ist denn als alleinstehender Kleinstaat, produziert eine EU-Institution gravierenden und folgenschweren Unsinn. Deshalb würde man als Österreicher der Union am liebsten den Mitgliedschaftsvertrag um die Ohren knallen – hätte eben nicht gleichzeitig die Schweizer Wirtschaft gerade durch ihr Alleinstehen einen ganz schweren Dämpfer hinnehmen müssen, würde nicht ein EU-Austritt die massiv vom Außenhandel abhängige österreichische Industrie katastrophal schädigen, und wäre nicht klar, dass auch außerhalb des Handels etwa in Migrationsfragen effiziente Politik nur noch im europäischen Gleichklang möglich ist (mit nachträglicher Ergänzung).
Der große Dämpfer für die alleine stehenden Eidgenossen besteht darin, dass die USA am 1. August – pikanterweise der Schweizer Nationalfeiertag – über die Importe aus der Schweiz einen 39-prozentigen Zoll verhängt haben. Ohne Vorwarnung, ohne Verhandlungen und ohne nachvollziehbare Begründung. Wer ist schon die Schweiz, wird man in Washington vermutlich gedacht haben (sofern dort bei der derzeitigen Handelspolitik überhaupt jemand denkt).
Da kann man jetzt gewiss – nicht nur als Schweizer – zu Recht empört sein über das Verhalten des Trump-Teams, das Amerika derzeit global viel mehr und viel rascher unbeliebt und verhasst macht, als das Land in den letzten hundert Jahren an Gutpunkten sammeln hat können. Nur: Solche Empörung hilft den Schweizern absolut nichts.
Auch für sie ist hingegen der Vergleich mit Österreich interessant. Denn die ähnlich kleine Ostalpenrepublik wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit als Nichtmitglied der EU genauso schlecht behandelt worden wie die Eidgenossen. Im Vergleich zu den 39 Prozent Zoll gegen die Schweiz sind die 15 Prozent des US-Tarifs für die Exporte aus Österreich als Teil der handelspolitisch zu einer Einheit vderschmolzenen EU relativ sehr günstig, auch wenn es in Europa in den letzten Tagen sehr viel empörte Kritik an diesem Verhandlungsergebnis gegeben hat.
Der "Deal" der USA mit der EU ist im Vergleich auch immer noch günstiger als etwa jener mit Vietnam, für das jetzt 20 Prozent gelten. Dabei haben die USA – zu Recht – viel Energie darauf verwendet, amerikanische und andere Unternehmen zum Verlagern von Investitionen und Auftragsproduktionen aus China in Länder wie gerade Vietnam zu veranlassen, ist doch China strategisch und militärisch der Hauptfeind für die Trump-USA.
Gerade der Umgang mit China zeigt aber noch mehr als jener mit der EU, dass letztlich Größe UND wirtschaftliche Stärke auch von erratischen Politikern wie dem amerikanischen Präsidenten notgedrungen respektiert werden müssen. Trotz des Antagonismus wird China von den USA – nach anfänglichen Megadrohungen – besser behandelt: Denn China hat gegen die Amerikaner sehr erfolgreich Gegendruck aufbauen können. Auch durch die Androhung von Zöllen auf amerikanische Produkte, aber vor allem durch die angedrohte Verweigerung des Zugangs zu seltenen Erdmetallen. Bei allem, was man an Trump zu Recht kritisieren muss – so vor allem, dass er nicht begreift, dass Einschränkungen des Handels am Ende immer auch der eigenen Bevölkerung schaden –, so ist doch anzuerkennen, dass er lange vor allen europäischen Regierungen oder der EU-Kommission die Bedeutung dieser seltenen Elemente für die moderne Industrie erkannt und daraus auch politische Konsequenzen gezogen hat.
Aber auch die EU hat bei den Verhandlungen mit den Amerikanern Wichtiges in die Waagschale zu werfen: Sie ist zu groß und bedeutend, als dass die amerikanische Wirtschaft sie zum Feind haben wollte. Man denke insbesondere an die amerikanische Elektronik- und Internet-Branche.
Wer also in Österreich ehrlich ist, wer einen vergleichenden Blick auf die Schweiz wirft, der müsste in diesen Tagen tausend Kerzen als Dank dafür anzünden, dass Österreich Mitglied der EU ist. Das darf aber keinesfalls daran hindern, dort, wo es notwendig ist, auch scharfe Kritik an den EU-Institutionen zu üben.
Dies gilt vor allem für Migrationsfragen. Da müsste Österreich – zusammen mit sehr vielen ähnlich denkenden anderen EU-Staaten – jedenfalls den Druck vervielfachen. Dieser Druck ist in den letzten Stunden doppelt notwendig geworden, da der schwer linkslastige und migrationsfreundliche EU-Gerichtshof in Luxemburg die Rückschiebung von Flüchtlingen durch ein neues Urteil massiv erschwert hat: Vor jeder Abschiebung muss dem Urteil zufolge nun künftig aufwendig und bürokratisch nachgewiesen werden, dass jede Gegend des betreffenden Landes für die Rückzuführenden absolut sicher ist. Dabei ist praktisch kein Land außerhalb Europas so sicher, wohlhabend und geordnet wie etwa Luxemburg, an dem die dort residierenden Richter in ihrer Weltfremdheit wohl innerlich Maß genommen haben. Damit sind Abschiebungen jedenfalls weitgehend unmöglich gemacht worden.
Damit ist der Katalog der absolut notwendigen Maßnahmen noch länger geworden, welche die EU jetzt unbedingt setzen müsste, um das Migrationsproblem in den Griff zu bekommen. Dazu müsste die EU einige politische und einige rechtlichen Maßnahmen an die absolute Spitze ihrer Prioritätenliste setzen. Und Länder wie Österreich müssten (wohlkoordiniert!) Druck in diese Richtung zu ihrer wichtigsten europapolitischen Aufgabe machen. Dabei darf auch vor Erpressungen nicht Halt gemacht werden, wie sie etwa Frankreich im Interesse seiner Bauern ständig praktiziert; oder wie sie die Kommission unter Druck der Linken immer wieder gegenüber Ungarn versucht.
Jedoch: Von einem solchen Druck merkt man nichts, sodass es der linken Minderheit in der EU bisher immer gelungen ist, alle sinnvollen Maßnahmen zu verhindern.
Die rechtlich notwendigen Maßnahmen bestehen in einer Änderung von EU-Regeln und europaweiten Konventionen in folgenden Punkten:
Genauso dringend wären folgende weitere Maßnahmen, für die im Grund politischer Konsens unter den EU-Staaten ohne große rechtliche Konventionsänderungen ausreichend wäre:
Sowohl die rechtlichen wie die politischen Notwendigkeiten sind in Wahrheit Dinge, die nur im europäischen Gleichklang effektiv sein können, da die Errichtung Tausender Kilometer Eiserner Vorhänge samt Minenfelder an Europas Binnen- und Seegrenzen nur in der Propaganda extrem weltfremder "Festungs"-Politiker einen Sinn ergibt. Überdies zeigt auch die Entwicklung der nationalen österreichischen Gerichtshöfe, vor allem des Verfassungsgerichtshofs, dass in Österreich auch nationale Alleingänge durch die Judikatur dieser Richter unmöglich gemacht würden.
Nachträgliche Ergänzung: EU-Rechtsspezialisten weisen mich darauf hin, dass in diesem Fall der EuGH nicht zu tadeln sei. Schuld sei vielmehr eine EU-Richtlinie 2(013/32) aus dem Jahr 2013, die solche absurden Schranken für die Abschiebung vorsieht, und die der EuGH nur angewendet habe. Das heißt aber im Grund nur, dass sich das Schlammassel noch viel leichter ändern ließe: Die EU-Kommission braucht nur den Staaten (Rat und Parlament) eine Änderung der Richtlinie vorzuschlagen.