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Österreich hat ein Riesenproblem mit der Staatsanwaltschaft, vor allem mit der Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA. Diese hat im Widerspruch zum Gesetz in viel zu vielen Fällen Verfahren gegen einzelne Staatsbürger geführt. Sie hat dadurch in den letzten Jahren reihenweise Existenzen vernichtet. Sie hat kurzerhand an der Demokratie vorbei und ohne rechtliche Grundlage einen Bundeskanzler und damit eine ganze Regierung gestürzt. Sie ist am besten Weg, sich zum Staat im Staat zu entwickeln. Was aber hat da die neue Bundesregierung gemacht? Sie hat in ihrem offiziellen Programm angekündigt, den Staatsanwälten noch mehr Rechte und Eigenständigkeit an der Demokratie vorbei zu geben.
Das ist absolut ungeheuerlich und bedrückend. Vor allem, weil offenbar niemand mehr die demokratischen Rechte der Bürger verteidigt, die von Justiz und Politik scheibchenweise reduziert werden.
Die von den Staatsanwälten verlangte Umformung zu einer Bundesstaatsanwaltschaft soll künftig völlig eigenständig agieren können. Dadurch werden die demokratischen Rechte der Staatsbürger dramatisch eingeschränkt. Bisher unterstehen die Staatsanwälte ja weisungsmäßig dem Justizminister. Dieser muss es auch offenlegen, wenn er eine Weisung zur Einstellung eines Strafverfahrens gibt. Die Bürger haben die Möglichkeit, zumindest alle fünf Jahre eine Regierung beziehungsweise die Partei, die den Justizminister gestellt hat, abzuwählen. Genau das ist bei der jüngsten Wahl den Grünen nicht zuletzt wegen der Umtriebe in der Strafjustiz unter der Ministerin Alma Zadic auch passiert.
Zugleich zeigen viele Meinungsumfragen, dass das Vertrauen in die österreichische Strafjustiz stark gesunken ist. So genießt sogar die – in manchen Medien oft kritisierte – Polizei viel mehr Zustimmung in der Bevölkerung.
Doch Schwarz, Rot und Pink haben bei ihrer Regierungsbildung nicht etwa die Lehren aus den Problemen mit den Staatsanwälten gezogen. Sie haben in keiner Weise vor, die WKStA wieder auf den Weg des Rechts zurück zu bringen. Dazu würde insbesondere die Einführung disziplinärer und persönlicher Rechenschaftspflicht für jene Staatsanwälte gehören, die grob fahrlässig ihre Amtsmacht missbrauchen, die viel zu viele Verfahren führen, die dubiosen anonymen Anzeigen, also Denunziationen jahrelang nachgehen und die dadurch Staatsbürger oft existenziell ruinieren, ohne dass diese dann jemals verurteilt würden.
Diese von den Staatsanwälten zu Unrecht Verdächtigten verlieren durch die langen Verfahren der Staatsanwaltschaft oft ihren Beruf; sie leiden psychisch und familiär schwer unter der Verfolgung und insbesondere unter der öffentlichen wie medialen Anprangerung; sie hatten bisweilen sechsstellige Kosten für ihre Verteidigung, für Rechtsanwälte und Gutachter, privat zu zahlen, die ihnen nie ersetzt worden sind.
Dabei steht in der Strafprozessordnung ganz eindeutig, dass die Staatsanwälte nur in jenen Fällen Anklage erheben dürfen, wo eine Verurteilung am Ende zumindest eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist. Würden die Staatsanwälte das Gesetz also ernst nehmen, hieße das ganz eindeutig, dass sie im groben Schnitt eine Quote von 50 Prozent erreichen müssten, in denen es am Ende zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommt. Wenn aber rund 90 Prozent der von der WKStA betriebenen Verfahren ohne eine solche zu Ende gehen, also meist durch Freispruch oder Einstellung nach jahrelanger Verfolgung, dann ist das grob rechtswidrig. Und diese Rechtswidrigkeit wiegt angesichts des lebenslangen Schadens, der den Opfern zugefügt worden ist, doppelt und dreifach. Dennoch dürfen derzeit Staatsanwälte mit der ganzen Staatsmacht im Hintergrund ohne persönliches Risiko und ohne Rücksicht auf die Folgen reine Willkür walten lassen.
Daher hat Sebastian Kurz, eines ihrer Opfer, auch zweifellos Recht, wenn er diese Zustände – in ohnedies nobler Formulierung – ein "systemisches Versagen" nennt, das dringend verbessert werden sollte. Alleine von den bekannteren Politikern sind neben Kurz auch die Herren Löger, Blümel, (Josef) Pröll, Hofer, Kunasek und Chorherr in letzter Zeit letztlich unschuldige Opfer der Staatsanwaltschaft geworden.
Daher ist es so unfassbar, dass die neue Koalition den Staatsanwälten noch mehr Macht, noch mehr Platz für Willkür geben will. Sie will deren größten Wunsch erfüllen: Sie sollen in Form einer neuen Bundesstaatsanwaltschaft völlig selbstständig werden und der demokratischen Kontrolle der Bürger entzogen werden, die diese ja nur am Wahltag ausüben können.
Damit entsteht überdies eine neue Institution, die natürlich ihre finanziellen Forderungen ans Budget stellen wird. Das Gerede von der dringend nötigen Sparsamkeit, vom Ernstnehmen des EU-Defizitverfahrens ist ja nur für Sonntage. Während der Woche erfindet man hingegen ständig neue Geldausgabe-Wege ...
Damit entsteht vor allem eine Institution, die den Bürgern noch viel weniger Rechenschaft schuldig ist als die bisherige – gewiss auch schon unzureichende – Konstruktion. Und die endgültig die Staatsanwaltschaft zur obersten Macht im Staat macht. Verfassung hin, Verfassung her.
Damit amputiert sich die Regierung auch außen- und sicherheitspolitisch. Das hat vor kurzem etwa der Fall gezeigt, als die Staatsanwälte einen nach Österreich geflüchteten syrischen General verfolgen wollten. Dabei war dem Mann (und den mit ihm kooperierenden israelischen Behörden) vorher vom Verfassungsschutz zugesagt worden, dass er hier Asyl bekommen könnte, nachdem er wertvolle Informationen über islamistische Terroristen in den Westen gebracht hatte. Österreichs staatspolitische Interessen waren und sind jedoch den Staatsanwälten egal.
Das passt ins allgemeine Bild, in dem man sieht, wie eine abgehobene Möchtegern-Elite immer mehr Macht an sich reißt, die eigentlich den Bürgern zusteht, wie die Demokratie immer mehr verkleinert wird, wie die laut der Verfassung (nicht nur Österreichs) angeblich vom Volk ausgehende Macht immer mehr zu de facto über der Demokratie stehenden Justizbeamten wandert, wie auch die Politik versucht, sich langsam vom Volk freizuspielen.
Einige Beispiele für diese deprimierende Entwicklung:
Es ist kein wirklicher Trost, dass der Abbau der Demokratie zugunsten eines machtbewussten Justizapparates in etlichen anderen Ländern ebenfalls zu beobachten ist. So finden in den Vereinigten Staaten derzeit fast täglich extrem politische Entscheidungen irgendwelcher Richter zugunsten der illegalen Immigration statt, die das, was die Bürger bei der Wahl demokratisch eindeutig gewollt haben, ständig aushebeln. Und der Oberste Gerichtshof der USA hat jahrzehntelang ohne jede demokratische Grundlage einfach die Abtreibung erlaubt. Wie man auch immer zur Abtreibung steht: Eine solche prinzipielle Frage hätte jedenfalls nur demokratisch entschieden werden dürfen. Diese amerikanische Fehlentwicklung ist immerhin vor ein paar Monaten durch eine neue Gerichtshof-Entscheidung endlich eingebremst worden. Darin wurde nun den US-Bundesstaaten anheimgestellt, über diese Frage selbst durch das jeweilige Parlament, also demokratisch zu entscheiden. Damit ist in den USA zumindest in einem Teilbereich die Demokratie und verfassungsrechtliche Gewaltentrennung wiederhergestellt worden.
In Österreich, in Europa hingegen gibt es keinerlei Bemühungen, wieder wie einst nur das Volk über die Schaffung von neuem Recht entscheiden zu lassen. Das erinnert stark an den biedermeierlichen Vormärz des 19. Jahrhunderts. Damals ist der würgende Zugriff der herrschenden Klasse, welche die politische, richterliche und polizeiliche Gewalt in sich vereinigt hat, auf die Freiheit der Bürger und die Zentralisierung der absoluten Macht eines alle Gewalten usurpierenden Obrigkeitsstaates so schlimm geworden, dass die Bürger sich nur noch durch Revolutionen wehren konnten, die große Teile Europas grundlegend verändert haben, und deren Früchte die frei gewordenen Bürger dann später lange genießen konnten.
Will man es wirklich wieder so weit treiben?
Ich schreibe in regelmäßigen Abständen Kolumnen auf der Nachrichten- und Meinungsplattform Exxpress.