Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Wer Donald Trump und sein Verhalten studiert, der wird bald seine größten Schwächen erkennen: Das sind seine überdimensionierte Eitelkeit und seine manichäische Weltsicht, in der er nur zwischen absolut begeistert und absolut verachtungsgeladen wechseln kann, in der es keine ausgewogene und sachorientierte Ruhe gibt. Politisch bedeutet aber die Ära Trump eine fundamentale Teilung der republikanischen Partei, ja, der ganzen amerikanischen Bevölkerung entlang ganz anderer Linien als während der letzten 200 Jahre.
Die USA waren in dieser Zeit parteiübergreifend die weitaus stärkste Hilfe für alle, die sich in anderen Ländern für ihre nationale und demokratische Freiheit eingesetzt hatten. Das war auch immer mit Engagement für die Marktwirtschaft und einen freien Welthandel verbunden, welcher der beste und größte Treiber für internationalen Wohlstand, aber zugleich auch für die Interessen der USA gewesen ist. Und das war immer verbunden mit großen Ausgaben für die Entwicklung der Dritten Welt und deren humanitäre Probleme. Gleichzeitig waren die USA stets das weltwichtigste Zentrum der Wissenschaft und Forschung, was etwa an der Zahl der Nobelpreise, an den Fortschritten in der Weltraumfahrt oder am Zustrom ausländischer Studenten und Professoren erkennbar gewesen ist.
Der Höhepunkt dieses Erfolgsweges war noch vor großen Namen wie Eisenhower oder Vater Bush zweifellos die Regierungsperiode des Ronald Reagan, die nicht zuletzt zum Kollaps des Sowjetimperiums geführt hat. Dass Donald Trump der gleichen Partei wie einst Reagan angehört, kommt einem inzwischen wie ein großer Irrtum vor. Denn er steht in all den oben angeführten Punkten für das absolute Gegenteil. Wenn man sein politisches Dasein auf einen Begriff zusammenfassen will, dann lautet der: Egoismus.
Trump interessiert sich nur noch für das, wo er für die USA einen – meist nur kurzfristigen – Vorteil sieht. Und immer öfter ist dieser verfolgte Vorteil überhaupt nur einer für ihn selber, beziehungsweise für das Wirtschaftsimperium seiner Familie.
Trump ist damit das absolute Gegenteil aller Reagan-Republikaner. Diese gibt es sehr wohl noch, wie man etwa bei den Vorwahlen gesehen hat. Aber sie sind zur Minderheit geworden. Trump hat sie durch raffinierte Intrigen besiegen und weitgehend aus den Parlamenten drängen können.
Diese Frontlinie ist jetzt auch zur Front-, zur Hasslinie gegenüber seinem früheren Verbündeten Elon Musk geworden. Dieser hat sein unternehmerisches Geschick zuerst in den Dienst Trumps gestellt und, ganz im Sinne Reagans, gegen heftige Widerstände kräftige Einsparungen in den Regierungsämtern durchgesetzt.
Absolut gegen alle Grundsätze der Reagan-Republikaner hat Trump dann aber ein Steuerpaket eingebracht, das massive Neuverschuldung bedeutet, das etwa für Steuerreduktionen viel mehr als die von Musk durchgekämpften Einsparungen in der Verwaltung freigewordenen Mittel verschwendet und damit zu einem großen Defizit führt. Und das überdies heftige soziale Einschnitte vorsieht. Da konnte und wollte Musk nicht mehr mit. Er prophezeite sogar, dass dieses Paket eine Rezession auslösen wird.
Das hat zum öffentlichen Showdown zwischen Trump und Musk geführt, zwischen dem mächtigsten Mann der Welt und dem reichsten Mann der Welt. Da wird jetzt zum atemlosen Staunen der restlichen Welt öffentlich Schmutzwäsche gewaschen, Trump wirft Musk Drogenkonsum vor; Musk dem Präsidenten, dass sein Name in den Akten zum Massenvergewaltiger Epstein vorkommt und verlangt sein Impeachment. Musk meint, nur durch seine Unterstützung und seine enormen Spenden sei Trump wieder Präsident geworden. Trump meint, jetzt als Rache den Musk-Firmen (die etwa in der Weltraumfahrt führend geworden sind) willkürlich Staatsaufträge entziehen zu können, ohne sich selbst dadurch strafbar zu machen, und ohne den USA schwer zu schaden.
Der Kampf der beiden wird zum Duell des Jahrhunderts. Wir können uns da erste Reihe, fußfrei, noch viel Spannendes, Belustigendes und Abgründiges erwarten.
Besonders atemberaubend ist die Schulhofrauferei (wie Trump unlängst in einem skandalösen Vergleich den Ukraine-Krieg mit seinen Millionen Opfern genannt hat), beziehungsweise der Kampf der Elefanten, der kein Gras mehr überlässt (wie der "Economist" titelt), besonders deshalb, weil die beiden Mega-Egos noch vor ein paar Wochen eng befreundet waren. Musk damals: "Ich liebe Trump so, wie ein nicht-schwuler Mann einen anderen nur lieben kann". Trump: "Musk ist ein unglaublicher Patriot."
Eine zentrale Ebene dieses Kampfes ist zweifellos das Duell der Eitelkeit zweier aufgeblasener Gockel. Dabei ist Musk immerhin zu Recht aufgeblasen. Hat es doch in den letzten hundert Jahren global niemanden gegeben, der zugleich ein so genialer Erfinder und erfolgreicher Unternehmer geworden ist wie er. Zweifellos hat er aber den Fehler begangen, sich durch allzu nahes Herandrängen an die politische Macht auch Vorteile für seine Unternehmen zu erwarten. Die inhaltlich-politischen Differenzen und die Entschlossenheit Trumps, neben sich keine zweite Sonne strahlen zu lassen, könnten daher bald zum Verglühen des raketenartigen Musk-Aufstiegs führen. Unbeschadet können aber wohl beide diesen Krieg nicht mehr überstehen.
Jedenfalls ist atemberaubend, dass auf den Rängen schon Wetten abgeschlossen werden, wer wem mehr schaden kann. Der prominente Blogger Michael Sellers zählte schon all jene Dinge auf, die Trump – im Gegensatz zu seinem früheren Umgang mit in Ungnade gefallenen Weggefährten – seinem neuen Gegner nicht antun kann, weil dieser reich und unabhängig ist: Er kann Musk nicht hinausschmeißen, weil dieser schon gegangen ist. Er kann ihm nicht die Wiederwahl vermasseln, weil Musk gar nicht kandidiert. Er kann ihn nicht von seiner Plattform verbannen, weil Musk die viel wichtigere Plattform "X" (Twitter) besitzt.Der "Economist" meint hingegen, dass Trump mehr Möglichkeiten hat, dem anderen zu schaden. Immerhin sind schon vor dem jüngsten Krach nicht weniger als 65 Verfahren gegen Musks Firmen gelaufen, weil sie diese oder jene Regel (etwa des Verbots von Experimenten mit Affen durch seine Gehirn-Implantations-Firma) nicht eingehalten haben.
Auf der anderen Seite hat Musk schon angedroht, seine Weltraumraketen zurückzuziehen – das würde die Besatzung der Weltraumstation der Rückkehrmöglichkeit berauben. Die amerikanische Regierung (nicht nur die Ukraine) sind auch enorm von den Internet-Verbindungen über Starlink abhängig. Sie kann ohne Musk nicht einmal mehr Spionage-Satelliten in den Weltraum befördern.
Musk hat aber das wichtigste Prinzip des Trump-Systems übersehen: Das ist die Eitelkeit des Mannes im Weißen Haus. Dieser erträgt keine Kritik. Er nimmt jeden Kritiker sofort als Feind ins Visier.
Selbst aus den Regierungssitzungen wird berichtet, dass dort nur noch Menschen sitzen, die sich in demutsvoller Speichelleckerei gegenüber Trump ergehen. Die Zeiten seiner ersten Amtsperiode sind lange vorbei, als ein Steve Bannon, ein Mike Pence, ein Michael Pompeo noch gewagt haben, eigene Meinungen zu äußern. Ganz typisch, dass Bannon aus dem Exil jetzt sofort schleimerisch gegen Musk als angeblich "illegalen Einwanderer" hetzt und Trump sogar auffordert, gegen diesen Verfahren zu eröffnen. Offenbar hat er die Hoffnung, wieder Gnade am Hofe des Sonnenkönigs zu finden, der ihn verbannt hat.
Auch wenn es Trump nicht bis zum Äußersten treiben sollte – also zur wirklichen Einleitung von absurden Justiz-Verfahren, wie sie freilich unter seinem Vorgänger gegen ihn geführt worden sind, – so ist er jedenfalls imstande und bereit, Musk wirtschaftlich schwer zu schaden. Das geht weit über den Verkauf seines privaten Tesla-Autos hinaus.
Es wäre aber gar nicht abzusehen, welchen Schaden ein solcher juristischer Vernichtungskampf für die USA bedeuten würde. Denn damit würde klar, dass die USA kein Land des freien Unternehmertums und der freien Meinungsäußerung mehr sind, sondern, wie Russland, ein Land, in dem nur noch servile Höflinge als Oligarchen Überlebens-Chancen haben.
Es ist aber ebenso klar, dass Musk auch umgekehrt dem Präsidenten schwer schaden kann. Denn dieser will ganz eindeutig auch über seine Amtsperiode hinaus einflussreich bleiben – oder zumindest die politökonomische Macht seiner Familie und der ihm hörigen MAGA-Abgeordneten einzementieren. Es ist daher durchaus verständlich, dass sich viele Millionen Amerikaner dem Wunsch Musks nach einer neuen Partei der Mitte und der wirtschaftlichen Vernunft sofort angeschlossen haben.
Denn auch die Demokraten – die einst von John F. Kennedy bis Barak Obama ebenfalls Präsidenten hatten, die für das gute Amerika gestanden sind, – erscheinen heute für viele US-Bürger absolut inakzeptabel. Sie sind bestenfalls eine Studentenpartei. Sie sind im Schatten des schwachen und noch gemäßigt gewesenen Joe Biden ganz links, ganz woke geworden, mehr an LGBTQ, Feministen und arabischen Antisemiten als an normalen Wählern interessiert. Das hat ja in Wahrheit auch erst den Wahlerfolg Trumps sichergestellt, dass sich die Demokraten durch diesen Kurswechsel selbst für viele unwählbar gemacht haben, dass sie sogar die Stimmen vieler Afroamerikaner verloren haben.
Für das Ausland aber ist klar geworden, wie man mit Trump umzugehen hat: Seine Eitelkeit braucht Schmeicheleien jeder Art. Auf Sachinhalte kommt es nicht mehr an.
Das hat einst schon der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un erkannt, der dadurch mit ihm sogar so etwas wie den Anschein einer Freundschaft aufbauen konnte, ohne freilich auch nur einen Millimeter nachgegeben zu haben. Das hat Wladimir Putin erkannt, der Trump Honig ums Maul schmiert und in Wahrheit dennoch das Gegenteil des Besprochenen macht. Das hat Giorgia Meloni erkannt, die als Italienerin weiß, wie man mit Machos umgeht. Das hat auch Friedrich Merz erkannt, als dieser jetzt bei ihm im Weißen Haus gewesen ist. Das haben hingegen weder Volodomyr Selenskyj noch Ursula von der Leyen noch der Südafrikaner Ramaphosa begriffen: Sie alle wollten dem US-Präsidenten mit Selbstbewusstsein entgegentreten und wurden daher öffentlich abgewatscht.
Freilich, ob man ihm so oder so begegnet, das ändert wenig an Trumps Politik. Diese bleibt zufallsgetrieben, Egoismus-orientiert, rücksichtslos, wechselhaft, wirtschaftlich verheerend, Amerikas Ruf in der ganzen Welt schadend und vor allem nur an seiner eigenen Eitelkeit orientiert.
Für den alten Kontinent kann es zwischen Trump und dem als Kriegsverbrecher noch schlimmeren Putin jetzt nur eine Devise geben: Europa erwache (und hoffe, dass es nach Trump wieder eine bessere Zeit gibt)!