Überfluss an Strom in China im Gegensatz zu Europa

2023 baute China seinen Energiesektor aus: Mit 210 Gigawatt (GW) Photovoltaik, 104 GW an Kohlekraft, 70 GW an Windkraft, 7 GW an Wasserkraft und 3 GW Kernkraft. Das sind eindruckende Zahlen. Besonders der Ausbau an Photovoltaikanlagen und Kohlekraftwerken stechen hervor. 

China hat auch in der Zukunft ein sehr ambitioniertes Ausbauprogramm für alle Energiesysteme. Unter anderem sollen in den kommenden 15 Jahren 45 neue Kernreaktoren gebaut werden.

Hervorgehoben wird in den Medien der Klimaschutz in China, der wesentlich schneller vorangetrieben würde als anderswo. Aber ist das so? Um einen Vergleich darzustellen, eignen sich nicht die installierten GW in ein System, sondern nur die mit den installierten GW erzeugten Mengen Strom. Bekanntlich können Wasserkraft-, Kernkraftwerke oder Stromerzeugungssysteme, deren Basis fossile Energieträger sind, 24 Stunden am Tag Strom produzieren. Erneuerbaren Systeme, deren Basis die Sonne oder der Wind sind, erzeugen Strom nur zeitweilig.

Kohlekraft- und Kernkraftwerke werden in Österreich nicht errichtet. Aber ein Vergleich des Ausbaus an erneuerbaren Energien in Österreich – dazu sind Geothermie und die Gewinnung von Energie aus Abwärme zu zählen – erscheint untersuchungswert. Ein Vergleich mit China ergibt, dass Österreich ganz gut dasteht.

Österreich installierte, gemessen an der Anzahl der Bevölkerung, 2023 in Windkraft gleich viele GW wie China. In Energie aus Wasserkraft sicherlich mehr. Nur in Photovoltaikanlagen hinken wir hinterher. China installierte 2023 vier Mal mehr GW in Photovoltaikanlagen als Österreich. Dabei ist aber hervorzuheben, dass China große Flächen in Nordwest-China und der Gobi hat, die nicht oder in sehr geringem Umfang besiedelt sind. Das sind Möglichkeiten, die Österreich nicht hat.

Tatsache ist – auch wenn China den Ausbau von erneuerbaren Energiesystemen 2023 forcierte –, dass diese nur halb so viel Strom produzieren wie fossile Kraftwerke.

Es ist aber auch erkennbar, dass für China die Erzeugung von genügend Strom vordringlicher ist als die Sorge um den Klimawandel. So ist es China 2023 gelungen, mehr Strom – zu einem Drittel der Kosten in Österreich – dem Markt zur Verfügung zu stellen, als er gegenwärtig benötigt. Ein riesengroßer Unterschied zur Energiepolitik Europas, wo der Kampf gegen den "Klimawandel" vordringlicher erscheint, als genügend preiswerte Energie zu erzeugen.

Deutschland hat alle seine Reaktoren, die preiswerten Strom lieferten, stillgelegt, mit dem Resultat, dass das Land – trotz Inbetriebnahme veralteter Kohlekraftwerke – vom Stromexporteur zum -importeur wird.  Der deutsche Finanzminister Christian Lindner konstatierte: "Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume vom Ausstieg aus der Kohleverstromung im Jahr 2030 beenden." Mittlerweile erreichten die Stromkosten Höhen, zu denen gewisse Industrien in Deutschland nicht mehr mit jenen im Ausland konkurrieren können.

Indien plant, die Kohleproduktion von derzeit 1,0 Milliarden Tonnen bis 2030 auf 1,6 Milliarden Tonnen zu erhöhen. Um diese Pläne zu realisieren, müssen neue Kohlebergbaue errichtet werden.

Es wird spannend werden, wie das Thema Energie auf der bevorstehenden UN-Klimakonferenz (COP 28) in Dubai behandelt werden wird. Während der Westen bemüht ist, aus fossilen Energieträgern auszusteigen, und versucht, die Staaten Afrikas und Asiens dazu zu bewegen, in erneuerbare Energiesysteme zu investieren, erhöhen diese Staaten die Produktion aus ihren reichlich vorhandenen Kohleressourcen, um leistbaren Strom für ihre Industrie und die generelle Elektrifizierung zu gewinnen. Diese Staaten brauchen mehr Energie und werden sich vom Westen sicherlich nicht vorschreiben lassen, welche Energiesysteme "akzeptabel" sind und welche nicht. Das hat auch Indiens Außenminister Subrahmanyam Jaishanka bei seinem Besuch in Österreich recht unverblümt ausgedrückt.

Übrig bleibt Österreich, das seinen Weg – diktiert von grüner Ideologie – fortsetzt und nur den Ausbau erneuerbare Energien forciert. Die Folgen sind absehbar, aber nicht erfreulich.

Der Mangel an genügend elektrischer Energie führt zu Kostensteigerungen in vielen Sparten und zu erhöhter Inflation. Die Folge dieser Energiepolitik spürt in Österreich Lenzing oder Semperit sowie andere Industrien; in Deutschland die Chemie-Industrie. Auch die Rohstoffe, nicht nur importierte, werden teurer, auch die heimisch erzeugten leiden darunter und das führt unter anderem in der Bauindustrie zur Reduktion von Neubauten.

Allgemein wird die Konkurrenzfähigkeit in Frage gestellt. Deshalb werden weitere Investitionen in Produktionsstätten in anderen Staaten anstelle in Österreich überlegt. Daher sollte dringend überprüft werden, ob eine Revision der österreichischen und deutschen Energiepolitik wünschenswert wäre. Die beiden sollten den Beispielen Schwedens oder Frankreichs folgen.

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung