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SPÖ versucht sich mit neuem Mann ins Koalitionsspiel zu bringen

Während in der Öffentlichkeit derzeit nur die Koalitionsvarianten Schwarz-Grün oder Schwarz-Blau diskutiert werden, versucht man bei den Sozialdemokraten – vorerst sehr diskret –, sich auch wieder selbst als Koalitionspartner ins Spiel zu bringen. Führenden SPÖ-Drahtziehern ist klar geworden, dass das mit Pamela Rendi-Wagner nichts mehr wird (nur ihr selbst wohl noch nicht). Dass man aber gleichzeitig unbedingt den Zugang zu Regierungspositionen und damit  zu Jobs und Steuergeldern haben möchte. Zuerst hat man bei der Suche nach einem Nachfolger – mangels geeigneter Personen auf der SPÖ-Bundesebene – die beiden Landeshauptleute aus dem Burgenland und Kärnten bevorzugt. Da diese aber zumindest derzeit nicht wollen, da auch beide Länder bei der Wahl ganz schlecht abgeschnitten haben, wird nun von mächtigen Strukturen in der SPÖ hinter den Kulissen ein ganz neuer Name als potenzieller Anführer einer roten Regierungsmannschaft ins Spiel gebracht.

Das ist der Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke. Der 55-Jährige ist mit Michael Ludwig in die Stadtregierung gekommen, der ja bei Amtsantritt dort die linke Feministinnenpartie rund um Michael Häupl sofort abserviert und durch eigene Leute wie eben Hanke ersetzt hat.

Hanke ist einer der in der heutigen SPÖ extrem raren Vertreter der wirtschaftlichen Vernunft und Mäßigung. Er ist von der Ausbildung her Betriebswirt, womit er schon als positiver Ausnahmefall aus dem Politologen-Soziologen-Publizisten-Volkswirte-Einheitsbrei der SPÖ heraussticht.

Wie sehr Ludwig auf ihn setzt, kann man schon daraus ableiten, dass ihm der Bürgermeister nicht nur das mächtige Finanz- und Wirtschaftsressort anvertraut hat, sondern – im Gegensatz zu früheren Ressortaufteilungen – auch den über viele Millionen an Inseratengeldern verfügenden Presse- und Informationsdienst der Gemeinde. Dieser PID schafft es seit langem, die wichtigen Medien, also vor allem den Boulevard, sehr positiv für die Wiener SPÖ zu stimmen (um keine härteren Worte zu verwenden).

Der nun parteiintern ins Spiel gebrachte Hanke ist freilich trotz dieses Studiums ein typischer SPÖ-Apparatschik. Er ist vor der Stadtratsfunktion praktisch nur in diversen Funktionen in der Wiener-Holding tätig gewesen. Die wirklichen Herausforderungen des Wirtschaftslebens lernt man in einem solchen politisch beherrschten und oft über monopolähnliche Vorteile verfügenden Konzern freilich so gut wie nie kennen. Die Holding erweckt vielmehr oft den Eindruck, nur verlängerter Arm der Partei und deren finanzielles Kraftzentrum zu sein, über das neben zahlreichen Gemeindebetrieben eben auch viele politische Karrieren und – weitere – Bestechungsinserate gesteuert werden.

Hankes größter Nachteil: Er ist außerhalb des Rathauses kaum bekannt. Er hat sich auch noch nie Wahlen stellen müssen.

Der Mann zählt aber jedenfalls zu jener seltenen Spezies von Sozialdemokraten, die nicht gleich verächtlich ausspucken, wenn sie das Wort "Wirtschaft" hören. Zu dieser Spezies von nicht ganz links stehenden Sozialdemokraten hat man einst etwa die Namen Androsch, Vranitzky, Klima und Ruttenstorfer zählen können. Seit deren Abgang schienen sie freilich ganz ausgestorben.

Bei der deutschen SPD ist dieser Typus übrigens seit langem viel relevanter, im Grund seit dem Godesberger SPD-Programm. So waren die Bundeskanzler Schmidt wie Schröder ganz exzellente Exponenten eines vernünftigen Wirtschaftskurses. In der SPD-Bundestagsfraktion gibt es auch heute noch einen sehr aktiven Zusammenschluss rechter Abgeordneter, den sogenannten Seeheimer Kreis. Er hat sich oft als vernünftiger gezeigt denn der linke CDU-Flügel etwa um die Herren Geissler oder Blüm.

Auch der derzeitige Finanzminister Scholz zählt in einem Meer von strammen Linksideologen zu diesem Kreis. Er stammt wie einst Schmidt aus Hamburg, der traditionellen Kernzelle wirtschaftsnaher SPD-Exponenten und ist derzeit der oberste SPD-Vertreter in der Regierung. In diesen Herbsttagen hat Scholz auch Chancen, zum Parteivorsitzenden zu werden, vor allem weil er unter den Kandidaten relativ gute Umfragewerte hat. Andererseits wird er von den linken Teilen der Funktionärsschicht massiv abgelehnt.

Könnte Hanke nun sogar ein österreichischer Scholz werden? Wohl nicht. Denn dazu fehlt ihm völlig die langjährige politische Erfahrung und Routine des Hamburgers. Hanke würde vor allem bei den linken Künstler-, Bobo- und Journalistenszenen und damit auch bei der Funktionärsschicht auf Widerstände stoßen, die es nicht zulassen will, dass sich die SPÖ auch nur ein wenig von ihrem linksdogmatischen Kurs wegbewegt. Dabei sind, sie Umfragen zeigen, auch bei den SPÖ-Wählern jene eindeutig in der Überzahl, die etwa in der Migrationsfrage ganz anders denken als der bisher in der Partei stets tonangebende "Welcome"-Flügel.

Für Hankes Chancen spricht aber ebenfalls etliches. Vor allem folgende drei Faktoren:

  1. Hanke ist "der" Mann des Wiener Bürgermeisters. Dieser wiederum ist seit dem letzten Sonntag eindeutig der starke Mann in der SPÖ (wie es auch früher schon oft seine Vorgänger waren): Denn Wien ist bei der Nationalratswahl das einzige Bundesland mit einer roter Mehrheit gewesen. In Wien gibt es keine Chance für Schwarz-Blau. Dazu sind beide bürgerlichen Parteien in der Stadt zu schlecht aufgestellt, haben weder inhaltlich noch personell etwas anzubieten. Dazu ist auch die PID-Inseratenmaschine mit zu vielen Millionen bestückt (gegen deren Einsatz als parteipolitische Waffe die letzte Koalition auf Bundesebene nichts unternommen hat). All das gibt umgekehrt Ludwig heute das entscheidende Wort in der schwer angeschlagenen SPÖ.
  2. Hanke ist ein Mann, der auch bei den schwarzen Sozialpartnern aus der Wirtschaft gut ankommt. Er hat zumindest mit dem Wiener Wirtschaftskammerpräsidenten ein gutes Verhältnis.
  3. Hanke wird von den in der SPÖ hinter den Kulissen traditionell sehr starken Freimaurern gepusht.

Ob das reichen wird? Man wird sehen. Denn der linke SPÖ-Flügel ist vor allem bei der Jugend sehr aktiv und sehr radikal. So hat dort jetzt – nach der Wahl! – ein Grüppchen Kurz öffentlich als "Sensenmann" beschimpft. Freilich ist die Spannweite dessen, was in dieser Partei  möglich ist, sehr groß. Das hat man jetzt etwa daran sehen können, als der soeben abgesetzte Bundesgeschäftsführer Drozda provozierend mit einem Porsche vorgefahren ist, um die Utensilien aus seinem Büro heimzuführen. Ein als Reichtums-Symbol für eine Arbeiterpartei vielleicht nicht gerade sonderlich ideal passendes Fahrzeug – ähnlich wie Gucci-Taschen bei der SPÖ. 

Setzt sich Ludwig mit Hanke wirklich durch, dann ist das Rennen jedenfalls völlig offen, wer Koalitionspartner wird, dann sind auch die Sozialdemokraten wieder dabei. Sie sind zwar für Sebastian Kurz ideologisch ein fast ebenso schwer verdaulicher Brocken wie die Grünen. Aber sie sind doch deutlich realitätsnäher als die Grünen, die von Anfang an sehr provokativ in die Gesprächsrunden mit Kurz gehen wollen, bei denen sie die radikalen NGO teilnehmen lassen wollen. Und Hanke als potenzieller roter Teamleader wäre zweifellos ein Mann, der Kurz zweimal nachdenken lassen würde. Mit ihm wären vielleicht etliche der so dringend notwendigen Strukturreformen machbar, wie insbesondere die Pensionsalter-Erhöhung. Die Sozialdemokraten haben mit ihrer festen Verankerung im Tiefen Staat von der Justiz bis zu den Universitäten auch eher als Grün oder Blau Exponenten, denen man ein Ministerium anvertrauen kann. Bei ihnen ist mit weniger dramatisierten Pannen und Hoppalas zu rechnen, die von den linken Medien ausgeschlachtet würden.

Freilich sind mit der Suspendierung von H.C. Strache auch die Perspektiven für ein neuerliches Schwarz-Blau ein wenig heller geworden. Von der personellen Qualität her sind die Freiheitlichen freilich erst dann wieder voll im Rennen, wenn auch ihr sachpolitisch weitaus bester Mann, der Oberösterreicher Manfred Haimbuchner bereit sein sollte, aus der oberösterreichischen in die österreichische Regierung zu wechseln. Was er unter Strache ja nicht gewesen ist. Sonst kommen nach dem ÖVP-Krach mit Kickl ja fast nur noch Kandidaten zweiter Qualität in Frage.

Auffällige Tatsache ist jedenfalls, dass bei Rot wie Grün, aber insgeheim auch Blau das Interesse an einer Regierungsteilnahme zu wachsen scheint. Die Herausforderung, wie Kurz es nennt, besteht für ihn freilich darin, herauszufinden, ob sich da potenzielle Bräute bloß vor der Hochzeitsnacht gut herausgeputzt haben, oder ob es auch danach mit ihnen gut geht.

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