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Der Spekulant, der Datenschutz und der Gutmenschverein

Unglaubliche Zustände bei den Wiener Grünen, die aber nicht nur blamabel, sondern auch enthüllend sind: Zum einen verraten sie viel über den miesen Charakter und die zynische Heuchelei, zu der viele in dem vermeintlichen Gutmenschen-Verein imstande sind. Zum anderen zeigen sie aber auch, dass der parteiinterne Atomkrieg in Sachen Hochhaus noch lange nicht zu Ende ist. Das bedeutet aber auch, dass da noch ein Hoffnungsrest besteht.

Dass die Wiener Grünen einen neuen Parteichef suchen, ist nicht weiter überraschend. Die bisherige Parteichefin Maria Vassilakou gibt aus fast zwingenden Gründen auf:

  • weil sie in allem gescheitert ist – außer mit der intensiven Förderung des Radfahrerterrors auf Kosten von Fußgängern und Autofahrern,
  • weil sie dem SPÖ-Wunsch einer Genehmigung des Hochhausprojektes neben dem Konzerthaus als Koalitionsbedingung Rechnung getragen hat,
  • weil sie sich zynisch über eine Urabstimmung der eigenen Parteimitglieder gegen dieses Hochhaus hinweggesetzt hat,
  • weil sie schon vor der letzten Wahl eigentlich ihren Rücktritt für den Fall eines Misserfolgs erklärt hat,
  • weil sie weiß, dass die Grünen auch angesichts der Zustände bei den diversen grünen Gruppierungen auf Bundesebene in den nächsten Jahren alles können, nur nicht Wahlen gewinnen,
  • weil der neue SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig nicht gerade vor Liebe zu den grünen Koalitionspartnern lodert, sondern die Wiener Sozialdemokraten von der Linksaußen-Fiaker-Politik unter Häupl wieder zur Mitte zurückführen will,
  • und weil die Wahrscheinlichkeit keineswegs Null ist, dass Ludwig in rasche Neuwahlen geht, was nicht nur mit den Zuständen bei den Grünen zu tun hat, sondern auch mit den offensichtlichen Problemen von Blau, Schwarz und Pink in Wien, deren – relativ – beste Exponenten allesamt Richtung Bundespolitik abgewandert sind und wenig Lust auf eine Rückkehr nach Wien haben.

Nicht nur der Vassilakou-Abgang ist logisch, sondern auch, welche drei Lager sich da ins Rennen um die Führung der Grünen geworfen haben. Verkörpern diese Lager doch genau die ideologischen Säulen, auf denen die Partei ruht:

  1. eine linksradikale;
  2. eine schwule;
  3. eine feministische.

Freilich vermisst man dabei noch die zwei weiteren Säulen der Grünen:

- die militanten Radfahrer;
- und die militanten "Welcome Refugees"-Aktivisten.

Aber wahrscheinlich gehört das Ideengut beider Gruppen so sehr zur selbstverständlichen Ideologie aller grünen Kandidaten, dass dafür kein eigener Kandidat ins Rennen gehen muss. Hingegen sind jene Entwicklungen, die bei den deutschen Grünen zum ersten Mal in der Geschichte dieses einstigen Anarcho-Haufens Ansätze einer Mutation zu einer seriösen Partei zeigen, bei den Wiener Grünen überhaupt nicht zu bemerken. Das wäre die Entwicklung eines echten Realo-Flügels. Diesen verkörpern insbesondere die beiden erfolgreichsten deutschen Grünpolitiker, also der Bürgermeister von Tübingen und der Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Sie sind sehr weit in die Mitte gerückt und mutige Kritiker von Islamisierung und Migration geworden.

Aber egal. Wer Wiener Grünen-Chef wird, interessiert ja ohnedies nur ein paar Hundert Funktionäre. Den meisten Menschen, die auch weiterhin grün wählen werden, ist das hingegen wurscht: Das sind die radikalen Studenten, die gerne Wirbel schlagen, und jene Wähler, die deshalb grün wählen, weil sie glauben, dass es für einen Angehörigen der Bobo- und Seitenblicke-Schickeria einfach dazugehört.

Weit über die grüne Schrumpfpartie hinaus interessant und relevant ist jedoch der Skandal, der sich jetzt um die grünen Wählerlisten abgespielt hat. Die Grünen erlauben ja – offensichtlich aus Mangel an Parteimitgliedern und an Geld – jedem das Mitstimmen, der sich einmal registriert und 15 Euro einzahlt. Wie vieles, was die Grünen machen, klingt das oberflächlich zwar interessant, ist aber überhaupt nicht durchdacht. Denn wenn für eine der anderen Parteien die Grünen noch irgendwie relevant wären, könnte sie ja jetzt mit relativ geringen Mitteln eine feindliche Übernahme der grünen Parteispitze vornehmen.

Jetzt aber sind die Namen von zwei Personen öffentlich durchgesickert, die sich auf diese Weise registriert haben – und denen dieses Durchsickern mit absoluter Sicherheit nicht recht ist. Das ist ein Skandal, wie wenn jemand in der Wahlzelle mitfilmen würde, wo man sein Kreuz macht.

Das ist bei den Grünen sogar ein doppelt schlimmer Skandal. Waren doch sie die Partei, die die Hauptschuld an der schikanösen Datenschutzverordnung trägt. Die Grünen haben sich auch lange und intensiv dieser Täterschaft berühmt – bis sie gemerkt haben, dass diese Verordnung extrem unpopulär ist. Denn sie hat europaweit bei Millionen Klein- und Mittelbetrieben und gerade den von den Grünen umworbenen Jungunternehmern in der Internet-Welt Milliarden an Kosten verursacht. Sie hat Unmengen an Bürokratie geschaffen. Sie hat aber absolut Null Wirkung im Kampf gegen die wirklich unerfreulichen Seiten des Internets erzielt (die von den Viren über Spams und Phishing bis zur fast monopolistischen Dominanz amerikanischer IT-Konzerne reicht).

Und jetzt sind ausgerechnet die Grünen selber die erste Organisation, die eine ganz grobe Verletzung des Datenschutzes zu verantworten hat. Da kann man nur hoffen, dass die Datenschutzbehörden jetzt ein wirkliches Exempel setzen und den Grünen die harten Strafen aufbrummt, die diese ja selbst durchgesetzt haben.

Einer der besonders Linken bei den Grünen, ein Herr Margulies, hat diesen Gesetzesverstoß frech damit gerechtfertigt, hier gehe es um Wichtigeres als den Datenschutz, nämlich um die "Demokratie". Auf Deutsch heißt diese Phrase: Gesetze mögen für die anderen gelten, wir stehen über diesen. Und begründen das notfalls mit irgendeiner Phrase wie "Demokratie".

Aber noch viel empörender als das Durchsickernlassen von Namen durch die Grünen ist der zweite Teil des Skandals: Die Identität der beiden an die Öffentlichkeit getragenen Namen. Der eine gehört nämlich ausgerechnet jenem Spekulanten, der das ihm selber dicken Gewinn versprechende, die Stadt aber furchtbar verschandelnde Hochhaus zwischen Konzerthaus und Stadtpark bauen will. Und der zweite Name gehört seiner PR-Agentin. Wobei man nur rätseln kann, ob sich nicht noch weitere Vertraute des Mannes bei den Grünen eingetragen haben, die nur deshalb nicht von irgendeinem Grünen an die Öffentlichkeit getragen werden, weil sie durch unbekannte Namen getarnt sind.

Zum Charakter des Herrn Tojner passt eine solche Aktion jedenfalls ganz perfekt. Sie bestätigt auch all die düsteren Gerüchte, wie der Mann eigentlich die Zustimmung von Rot und Blau zu seinem Projekt bekommen hat. Wer sogar vor einer solchen Aktion nicht zurückscheut, dem ist noch vieles andere zuzutrauen.

Andererseits macht diese Aktion auch noch Hoffnung. Denn offenbar ist doch noch nicht alles den Bach hinunter. Offenbar ist die schlimmste stadtplanerische Fehlentscheidung der letzten Jahre doch noch nicht irreversibel – wie heuchlerisch von allen Roten und Grünen im Rathaus beteuert wird. Denn wäre alles schon fix, würde Tojner nicht eine solche Wahnsinnsaktion setzen.

Freilich ist ziemlich unklar, gegen welchen Kandidaten sich die Tojner-Aktion richtet. Denn noch keiner der Kandidaten für die grüne Parteiführung hat ein bindendes Bekenntnis gegen den Hochhausbau abgelegt. Dabei könnte  – auch gegen die Stimmen der Trojanischen Pferde der Grünen – jeder Kandidat die Abstimmung gewinnen, der sagt: "Wenn ich gewählt werde, werde ich alles tun, um den Bau zu verhindern und um Wien den Status eines Weltkulturerbes noch zu retten. Und selbst wenn Tojner schon irgendeinen Rechtsanspruch erworben haben sollte, werden meine Beamten alles tun, dass er auch in 20 Jahren noch nicht mit dem Bau anfangen kann."

Wie, so etwas wäre nicht korrekt? Nun, jeder der in Wien jemals irgendetwas gebaut, irgendeine Genehmigung gebraucht hat, weiß, dass genau das ununterbrochen passiert, wenn die zuständigen Beamten nicht wohlwollend gestimmt sind. Beim Hochhaus würde also das bürokratische Schikanieren endlich einmal einem guten Zweck dienen.

Man kann übrigens viel Geld darauf verwetten, dass der plötzliche und nur dünn begründete Komplett-Rücktritt des grünen Urgesteins Christoph Chorherr – einst sogar Parteiobmann – ebenfalls mit dem parteiinternen Atomkrieg rund um das Hochhaus zusammenhängt. War Chorherr doch eindeutig hinter Vassilakou der treibende Geist für die Zustimmung der Grünen zum Bau. Wir werden nie erfahren, aus welchen Gründen immer er das getan hat – die ja weder Chorherr noch Vassilakou noch Häupl jemals ehrlich offengelegt haben.

Jetzt sind sie alle drei weg. Jetzt müssen sie nicht mehr Rede und Antwort stehen. Und die Nachfolger können sich wunderbar ausreden: "Wir täten ja gerne das alles verhindern, aber können leider die Sünden der drei nicht mehr rückgängig machen."

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, dass nicht bei den Grünen doch ein anständiger und durchsetzungsstarker Politiker auftritt, der zeigt, dass man sehr wohl noch alles verhindern kann, wenn man nur wollte.

PS: Wenn jemand darauf hinweist, dass die Grünen doch viel zu schwach wären, um auf europäischer Ebene allein die Datenschutzverordnung durchgeboxt zu haben, dann ist das natürlich richtig. Aber die roten EU-Politiker und die Juncker-Karas-Schwarzen in ihrer eigenen geistigen Ausdünnung folgen ja in vielen Fällen wie Hampelmänner den grün-medialen Aufträgen. So war es eben auch beim Datenschutz.

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