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Das neue Jahr und die wichtigsten Aufgaben eines Staates

Menschen töten Menschen. Weil dem Leben Gewalt droht, benötigt der Mensch Schutz. Diesen Lebensschutz sicherzustellen, ist die grundlegende, die erste Stufe der Toleranz. Bis in den heutigen Diskurs der Menschenrechte gilt als Minimalforderung das Verbot von Mord, Sklaverei, Folter und Genozid. Um dieser Mindestanforderung gerecht zu werden, bedarf es wiederum der Gewalt, nämlich der Gegengewalt, die der Unterdrückungs- und Tötungsabsicht entgegentritt. So sind Toleranz und Gewalt von vornherein ineinander verwoben.

Dieser erste Absatz stammt nicht aus meiner Tastatur, sondern im gesamten Wortlaut von dem großen deutschen Theologen, Philosophen und Historiker Arnold Angenendt (Toleranz und Gewalt: Das Christentum zwischen Bibel und Schwert). Ich habe ihn an die Spitze des neuen Jahres gestellt, weil er brillant und grundlegend herausarbeitet, was das Wichtigste für Staat und jede gesellschaftliche Struktur ist. Staatliche Gewalt ist nicht das Gegenteil der heute aus aller Munde tönenden Toleranz, sondern ihre zwingende Voraussetzung. Auch wenn das heute so dramatisch in Vergessenheit zu geraten droht.

Wenn ich einen Neujahrs-Wunsch für Österreich, für Europa habe, dann ist es zweifellos der, dass sich Politik, Medien, „Intellektuelle“ und Kirchenmänner dieses fundamentalen Gedankens wieder bewusst werden. Dass sie ihn unter den vielen Dingen wiederfinden, die sie in den letzten Jahrzehnten darüber angehäuft haben. Dass sie begreifen, auch alle anderen – guten, wie überflüssigen – staatlichen Leistungen werden unmöglich oder wirkungslos, wenn die Staaten ihre grundlegende Aufgabe nicht mehr erfüllen (einmal unabhängig davon, ob die vielen Leistungen des heutigen Staates über die Tagträume von Gutmenschen hinaus überhaupt ökonomisch nachhaltig lebensfähig sind).

Die wichtigste und oberste Aufgabe jedes Staates ist nicht der Sozialstaat, nicht der Datenschutz, nicht die Überbetonung (unverwirklichbarer) Menschenrechte wie des „Rechts auf Gesundheit“ (zu Lasten der wichtigen und verwirklichbaren), nicht der rollstuhlgerechte Zugang zu jedem Büro, nicht die unentgeltliche Grundsicherung für jedermann, nicht der Gratiskindergarten, nicht das Asylrecht á la carte, und schon gar nicht die Bestrafung von Meinungsäußerungen und unternehmerischen Risikos durch die Justiz. Und das sind auch nicht die tausend anderen Dinge, die da emsige Abgeordnete, Politiker, Richter und Beamte in österreichischen, europäischen wie globalen Gesetzen, Verträgen, Richtlinien, Verordnungen, Urteilen und Bescheiden zu regeln versucht haben.

Die grundlegende Aufgabe eines Staates (und theoretisch auch der Europäischen Union, sollte sie einmal wirklich die Staaten ersetzen) ist vielmehr: der Schutz der Bürger gegen alle Formen der physischen Gewalt. Das ist tausendmal wichtiger als all der Schutt, der seither darüber geleert worden ist.

Diese Schutzaufgabe richtet sich sowohl nach außen wie nach innen. Denn das Böse, das Bedrohliche ist sowohl im eigenen Land wie in der Außenwelt nie dauerhaft ausrottbar.

  • Nach außen heißt das: effektive Landesverteidigung. Diese kann im Zeitalter der modernen Technik und des globalen Terrorismus keineswegs erst an den Landesgrenzen beginnen. Sie kann nur noch in internationaler Kooperation gelingen (was die österreichische Schwarzfahrer-Mentalität namens „Neutralität“ zu einer äußerst unmoralischen Haltung macht). Sie umfasst auch die Abwehr ungewünschter Immigration.
  • Nach innen heißt das: ein funktionierender Rechtsstaat. Polizei und Justiz müssen jeden Bürger gegen Gewalt, gegen Mitmenschen, von denen Bedrohungen ausgehen, effizient zu schützen versuchen.

Um die Erfüllung beider zentraler Aufgaben ist es in Österreich und Europa jedoch zunehmend schlecht bestellt. Das liegt vor allem am Schwinden des Bewusstseins in der repräsentativen Politik, warum es überhaupt zur Bildung von Staaten gekommen ist. Dabei hält auch heute noch die große Mehrheit der Menschen selbst Staaten, funktionierende Staaten für notwendig und unersetzlich.

Versagen Staaten bei einer oder beider dieser Aufgaben, geben sie anderen Dingen Priorität, dann müssen sie zwangsläufig kollabieren – egal wie günstig das Pensionsantrittsalter oder das Gratisgesundheitssystem auch sein mögen. Diese (nicht nur) von Angenendt formulierte und begründete Notwendigkeit von Staatsgewalt ist der zentrale archimedische Punkt von aufgeklärtem Staatsdenken wie auch des christlichen Naturrechts. Dessen sollte man sich daher auch in den Kirchen – der katholischen wie der protestantischen – viel stärker bewusst werden. Denn wenn die Staatsgewalt kollabiert, dann kommt es unweigerlich zu Krieg, Chaos, Anomie und einer Diktatur des Faustrechts.

Dann ist null Platz mehr für die liebe Idee des Wohlfahrtsstaats, der fast die gesamte österreichische Politik derzeit so dominiert. Dann gibt es auch keinen Spielraum mehr für staatliche „Barmherzigkeit“, die neuerdings zum Universalvehikel aller christlichen Predigten geworden ist.

Aber nicht nur christliche und sozialistische Gutmenschen würden durch einen Zusammenbruch der Staatsgewalt aus ihren schönen Träumen gerissen. Das gilt auch für  einseitig denkende Wirtschaftsliberale. Ordnung, Sicherheit vor Gewalt und äußeren Bedrohungen, Rechtsstaat – also auch die Abwesenheit von Korruption – sind für jedes Wirtschaftssystem zentral. Sie sind wichtiger als die Fragen von Währung, Staatsquote, Privatisierung usw.

Um nicht missverstanden zu werden: Sämtliche empirische Evidenz beweist, dass nur eine liberale, global agierende Marktwirtschaft zusammen mit einer stabilen, jedem politischen Einfluss entzogenen Währung auf die Dauer funktionieren kann. Diese Faktoren sind damit selbst eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren eines Staates. Aber sie brauchen umgekehrt auch vor allem anderen das Funktionieren der Staatsgewalt. Marktwirtschaft und Staatsgewalt bedingen einander wechselseitig absolut unverzichtbar. Ein anarchischer Kapitalismus kann nicht funktionieren. Er kann das so wenig wie eine sozialistische Planwirtschaft.

Das konnten wir in Osteuropa in einer einmaligen historischen Evidenz sehen. Dort sind zuerst Sozialismus und Staatswirtschaft dramatisch gescheitert. Seither haben sich dort genau jene Staaten am besten entwickelt, wo die Staatsgewalt, die Sicherheit nach außen wie innen und der Rechtsstaat – also auch die Bekämpfung der Korruption! – am besten (wieder) aufgebaut werden konnten.

Die große Sorge für das heutige Österreich ist: Müssen die Menschen immer wieder neu durch die harte Schule der Geschichte gehen? Müssen sie immer wieder neu die absolute und alles andere überragende Wichtigkeit und Bedeutung von Rechtsstaat, Sicherheit und Marktwirtschaft begreifen lernen? Dann stehen dem Land nach den 70 fetten Jahren des ständigen Aufstiegs, die auf eine 30-jährige Periode voller Kriege, Krisen und Unruhen gefolgt waren, keine guten Jahre bevor.

Aber keine zukünftige Entwicklung ist schon von vornherein unveränderlich einzementiert. Es läge noch immer in unser aller Hand, sie in eine bessere Richtung hinzulenken. Nicht nur in jener „der Politiker“.

Wir können sie ebenso wie die Medien durchaus beeinflussen. Nicht nur durch unsere Stimmabgabe. Sondern auch durch ständige Meinungsäußerung im öffentlichen Raum; durch Briefe, Mails und Postings; durch kritische Fragen an Politiker, wo auch immer sie auftauchen; durch die Kündigung von Medien-Abos, wenn wir Verantwortungsloses lesen; durch organisierten Boykott von Firmen, die sich falsch positionieren.

 

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