FN 749: Der schneeliebende Hauptbahnhof
08. April 2015 00:09
2015-04-08 00:09:00
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 1:00
Zum Glück ist jetzt die Zeit der Schneestürme für ein paar Monate wohl vorbei.
Dann werden bis Herbst die meisten Bahngäste vergessen haben, wie wenig sie der sogenannte Hauptbahnhof der sogenannten Hauptstadt bei Schnee und Wind schützt. Hauptsache, sie haben einen langen Weg von der (oder zur) U-Bahn zurückzulegen. Da wird ihnen eh ordentlich warm, hat man sich zweifellos bei den Planungen gedacht. Und außerdem ist er ein Symbol für die Gleichheit aller Bürger: Auf der ÖBB-Haltestelle Dürrwien ist man ja auch nicht besser geschützt – warum sollte es dann auf dem ÖBB-Bahnhof Wien anders sein?
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Der sogenannte "Hauptbahnhof" ist in Wirklichkeit ein Einkaufszentrum (mit überdimensionierter Haltestelle als Gleisanschluß). Das kann man auch z.B. am Zeitpunkt der offiziellen, festlichen Eröffnungsfeier erkennen: sie fand genau zu jenem Zeitpunkt statt, als die Geschäfte ihre Pforten öffneten, sich aber verkehrstechnisch überhaupt keine Änderungen ergaben.
Die Planungen wurden weniger von verkehrstechnischen Aspekten getrieben, als viel mehr von einer möglichst gewinnträchtigen Verwertung der Bahnliegenschaften.
Das bereits seit 1873 bestehende Gleisniveau im Untergrund, das einst den Bahnhof Favoriten der Stadtbahn/Verbindungsbahn beherbergte und ideal für ein unabhängiges Nahverkehrsniveau (Schnellbahn, aber auch Durchfahrtsgleise für den Güterverkehr über den Steudeltunnel etc.) mit kürzesten Umsteigewegen gewesen wäre, hat man jetzt beim Neubau aufgelassen, um Platz für das Einkaufszentrum zu schaffen.
Man bindet zwar in Meidling neben der Südbahn auch die Westbahn als Zulaufstrecke in das neue EKZ mit ein, Südbahn und Westbahn teilen sich aber in Meidling dasselbe Gleis, sodaß zu einem Zeitpunkt nur ENTWEDER ein Südbahnzug ODER ein Westbahnzug fahren kann. Hat ein Zug Verspätung und ist seine Trasse dann durch andere Züge besetzt, muß er auf offener Strecke warten. In Meidling gibt es nämlich für den gesamten Fernverkehr für West- und Südbahn nur einen einzigen Bahnsteig. Alle anderen Bahnsteige sind für Schnellbahn und Nahverkehr reserviert. In anderen Großstädten wie z.B. Zürich, München, Frankfurt teilen sich Zulaufstrecken nicht dasselbe Gleis, sondern werden getrennt bis in den Bahnsteigbereich geführt, sodaß auch mehrere Züge parallel ein- oder ausfahren können.
Hatte der alte Südbahnhof 18 Bahnsteiggleise, und hat der Westbahnhof 11 Bahnsteiggleise, so hat nun der Gleisanschluß des EKZ nur mehr 10 Bahnsteiggleise, obwohl man ja zusätzlich die Westbahnzüge dort einbinden will.
War früher die Autoverladung in den Bahnhof integriert, befindet sich diese nun fernab in der Nähe der Quellenstraße.
Errichtete man früher große Bahnhofshallen bzw. Bahnsteigdächer, die kaum Zwischenraum zum Waggon offen ließen, um die Fahrgäste vor Witterungseinflüssen möglichst zu schützen, schweben die Bahnsteigdächer nun in schwindelerregender Höhe, wo sie für die Fahrgäste kaum mehr Schutz vor Witterungseinflüssen bieten.
War früher ein Bahnhof ein für einen Fahrgast repräsentatives Gebäude, so ist es der neue, sogenannte "Hauptbahnhof" nur mehr für Vögel und Fluggäste, denn das architektonisch angeblich wertvolle Rautendach ist nur von der Luft aus zu "bewundern". Sonst ist er ein zwischen Hochhäusern eingezwängter Schlauch mit langen Gängen und Umsteigewegen.
Repräsentative Bahnhofsbauten sind: Budapest Ostbahnhof, Budapest Westbahnhof, München, Zürich, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, Dresden u.a. Mit dem sog. "Wiener Hauptbahnhof" besteht nicht die geringste Verwechslungsgefahr. Verwechslungsgefahr besteht eher zwischen dem EKZ "Wiener Hauptbahnhof" und dem G3 Shopping Resort Gerasdorf.
Natürlich sind Perrons, auf denen es wie in einem Vogelhäusl zieht, ein Ärgernis. Natürlich sind neugebaute Perrons, auf denen man vor in Österreich für Eisenbahner offensichtlich unerwarteten Schneefällen völlig ungeschützt ist, ein echtes Ärgernis. Aber die Klimahysteriker schreiben ohnehin eine Erderwärmung nach der anderen herbei - also bitte etwas Geduld. In 300 Jahren dürften die ärgsten Mängel nicht mehr gar so relevant sein.
Was mich jedoch heute schon maßlos ärgert: Kaum passiert irgendwo etwas im Bahnbetrieb (sei es daß eine Weiche einfriert und der Zugverkehr für Stunden unterbrochen ist), sie es, daß ein Kupferkabeldieb (= Kulturbereicherer) zuschlug und stundenlang auf Schienenersatzverkehr gewartet werden muß -> nie sieht man als normaler Bahnbenützer auch nur einen einzigen der 40.000(?), 45.000(?), 50.000(?) österreichischen Eisenbahner, der einem Auskunft gibt, ob an diesem Tag mit einem Weiterkommen gerechnet werden kann! Und daran ist kein Architekt, kein Klimatologe und auch kein Kriminologe Schuld, dies läge einzig in der Verantwortung des ÖBB-Managements. Und dafür zahlt der österreichische Steuerzahler wahrlich genug!!!
Unglücklicher weise ist die ganze Anlage dem Wind ausgesetzt.
Vorschlag:
Macht doch wenigstens an den Außenseiten Glaswände bis zum Boden und an den Frontseiten der Bahnsteige ebenso Windabdeckungen, das verringert die Zugluft und die Witterungseinflüsse ganz sicher bedeutend ! Oder reichen die Bahnsteiglängen auch nicht aus ?
Nicht alles 'sozialistisch Pompöse' ist auch wirklich brauchbar. Immerhin fahren viele Züge bis Wien Meidling pünktlich, um dann bis zu 15 Minuten auf die Einfahrt in den Hauptbahnhof zu warten.
Darum, nehme ich an, hat man die einzige Attraktion der Gegend, den 'Bahnorama Turm' geschlossen, weil dort wurden ja die Vorteile dieses Zentralbahnhofs und natürlich die Wiener Rathausbonzen 'ins rechte Licht gerückt', die Realität rückt sie halt wieder ins linke ...
Das Einkaufszentrum scheint zu funktionieren, es haben offenbar noch keine Geschäfte geschlossen.
auch beim Westbahnhof hat man (ÖBB-Architekten) die Bahnsteige offen, zugig und ungeschützt vor Regen, Wind und Schnee belassen. Hauptsache es wurde für den sehr bals nur noch als Regionalbahnhof dienendenWestbahnhof ein Einkaufs- und Bürotempel angebaut. Verdient man ja auch mehr damit, als mit einer Pendlerkarte nach Pressbaum ...
Dem ÖBB-Sprecher, der die Malaise am Südbahnhof damit verteidigte, dass der Südbahnhof ein Durchgangsbahnhof (und keine Kopfbahnhof) ist, und deshalb eine geschlossene Halle über den Gleisen nicht machbar wäre, kann ich nur empfehlen, sich z.B. einmal den Berliner Hauptbahnhof anzusehen ...
Es sieht so aus, als sei eher früher als später mit selbstfahrenden KFZ zu rechnen, zum gewaltigen Vorteil der Insassensicherheit; die Unfallhäufigkeit wird wohl drastisch sinken, und, auch die Leistungsfähigkeit der Straßen dürfte beträchtlich steigen. Welchen Nutzen die chronisch defizitäre Bahn - abseits von Hauptstrecken und für Massengüter - dann noch bringen kann, wird sich weisen. Realistische, bezügliche Modellberechnungen sollten sicherlich so bald wie möglich angestellt werden, um nicht weiter kostbares Steuergeld in ein moribundes Verkehrsmittel zu investieren. Ferner hoffe ich auf die Entwicklung eines per Alternativenergie zu generierenden, künstlichen Kraftstoffes, mit einer dem Erdöl vergleichbaren Energiedichte, damit der KFZ - Verkehr grundsätzlich elektrisch erfolgen kann, und, natürlich auch, das Speicherproblem, welches aktuell die Alternativenergie massiv behindert, gelöst wird. Viele andere - nicht zuletzt politische - Probleme, neben dem aktuell virulenten CO2 - Hype, gehörten dann der Vergangenheit an.
Es ist ja lustig, dass der Flughafenbus vom Westbahnhof weiterhin über den Meidlinger Bahnhof Meidling fährt, obwohl der Südbahnhof für Schnellzüge vom Süden schon im Betrieb ist. Dieser Schildbürgerstreich kostet zirka 15 Minuten an zusätzlicher Fahrzeit.