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Wiens hohe Wohnungspreise: Die Schuldigen sitzen im Rathaus

In Wien werden jedes Jahr 6000 bis 7000 Wohnungen gebaut. Benötigt würden aber 10.000. Das treibt die Preise für die wenigen noch am Markt befindlichen Wohnungen zwangsläufig gewaltig nach oben. Nun glaubt man im Rathaus, wie im Kommunismus diese Entwicklung durch noch mehr Reglungen und Mietpreisbremsen bekämpfen zu können. Das vertreibt aber nur noch mehr Wohnungen vom Markt. Außerdem sind jetzt schon rund 80 Prozent aller Wohnungen in irgendeiner Form durch die Politik preisreguliert. Das Naturgesetz von höheren Preisen als Folge von zu geringem Angebot wirkt immer, auch wenn man es als neoliberal oder sonst was beschimpft. Was aber ist die wirkliche Wurzel des Übels?

Das sind vor allem die massiven Regulierungen und Vorschriften für den Wohnbau. Und das ist die Aufhebung der Zweckbindung der Wohnbauförderungs-Gelder. Aus diesen Geldern, die von jedem Lohn abgezogen werden, bedienen sich in ganz Österreich seit einigen Jahren die Landesfürsten für alle möglichen Zwecke. Zur Wählerbestechung oder dazu, auch weiterhin nicht sparen zu müssen. Früher sind hingegen mit diesen Geldern die ärgsten Folgen der Regulierungen ausgeglichen worden, sodass ausreichend gebaut worden ist.

Gewiss muss man kritisch fragen, wieso überhaupt angesichts des dramatischen Geburtendefizits seit 1970 jedes Jahr noch 10.000 neue Wohnungen benötigt werden. Die Antwort ist klar: Das ist eine klare Folge des Zuzugs aus dem Ausland, der trotz der besonders in Wien explodierenden Arbeitslosigkeit ungebremst weitergeht. Neben der von vielen Wienern kritisch beäugten Entwicklung der Asylantenzahlen sind dabei die sogenannten Familienzusammenführungen quantitativ noch viel bedeutender. Diese haben vielen Großfamilien den Weg nach Wien ermöglicht. Dort warten zwar keine Arbeitsplätze auf sie, aber eines der großzügigsten Wohlfahrtssysteme der Welt. Dazu kommen die vielen Studenten, die vor dem deutschen Numerus clausus geflüchtet sind und hier gratis studieren (auch wenn - etwa die Mediziner - nicht daran denken, ihr Können dann auch in Österreich einzusetzen).

Da das alles politisch aber derzeit unabänderlich scheint, wird die Frage umso wichtiger, warum der Bau neuer Wohnungen in Wien eigentlich so teuer ist und in viel zu geringem Umfang erfolgt. Das führt einer der besten österreichischen Experten für Immobilienentwicklung (der freilich nur ungenannt die volle Wahrheit sagt) auf zwei Hauptfaktoren zurück: erstens auf die Dauer der Genehmigungsverfahren durch – sagen wir es vorsichtig: – meist unmotivierte Beamte; und zweitens auf die vielen überflüssigen Bauvorschriften, die von der Politik im Lauf der Jahre in Wien, Österreich oder Europa beschlossen worden sind.

Die da etwa sind:

  • Die immens teuren Vorschriften zur „Erdbebensicherheit“ – obwohl in Wien oder Österreich seit Jahrtausenden kein Erdbeben ernsthafte, über Mauerrisse hinausgehende Schäden verursacht hat (Hochwässer und Hangrutschungen sind in Österreich ja – außerhalb von Großstädten – viel gefährlicher, aber dennoch werden sie am Land bei Baugenehmigungen kaum beachtet);
  • Der Zwang, für jede Wohnung Kamine einzubauen, obwohl fast nur noch Häuser mit Haus-Zentralheizungen errichtet werden;
  • Die (als Folge einer PR-Kampagne des Aufzugskartells von der Wiener Politik dekretierte) Notwendigkeit, überall doppelte Lifttüren einzubauen, obwohl dadurch viele Aufzüge nicht nur teurer, sondern auch unbrauchbar eng geworden sind;
  • Der (unter dem Druck der Grünen vorgeschriebene) „Energieausweis“, der sich als völlig weltfremd und unverständlich erwiesen hat, der auch von jedem Wohnungskäufer und -mieter ignoriert wird, der jeden Wohnungserwerb um rund 400 Euro teurer macht, und von dem nur die Ausweis-ausstellenden Sachverständigen profitieren;
  • Das Vorhandensein von 9 unterschiedlichen Landesbauordnungen und 9 Landesbaugesetzen in Österreich (was alle bautechnischen Rationalisierungen behindert);
  • Die gerade in den einschlägigen Magistratsabteilungen Wiens fast ungehindert übliche Korruption.

Diese – hier nur beispielhaft aufgezählten – Faktoren führen dazu, dass in Wien laut Nationalbank die Immobilienpreise heute um mehr als 20 Prozent überhöht sind. Und dass die Quadratmeterpreise in Österreich um rund 25 Prozent höher sind als in Deutschland. Dort sind zwar die (weniger geregelten) Mieten etwas höher. Aber insgesamt gibt man in Deutschland jedenfalls einen geringeren Anteil des Einkommens fürs Wohnen aus.

Dazu kommt die Entwicklung der Bankzinsen: Die EZB sorgt ja dafür, dass man auf der Bank praktisch keine Zinsen für sein Geld bekommt. Daher wird noch mehr Geld in Beton angelegt – selbst wenn der dabei entstehende Wohnraum gar nicht fürs Wohnen genutzt wird.

Dazu kommt das Fluchtgeld aus Russland und der Ukraine, das man lieber in Wiener Wohnhäusern anlegt als in dortigen Banken oder Investitionen.

Dazu kommt, dass die Banken bei Wohnraumfinanzierung viel zurückhaltender geworden sind, dass sie nur noch einen deutlich kleiner gewordenen Prozentsatz des Wohnungswertes mit Krediten finanzieren. Das ist wieder eine Folge von politisch (vor allem auch durch das EU-Parlament) verordneten Finanzmarkt-Regulierungen, siehe Stresstests, siehe Basler Abkommen, siehe höhere Eigenkapitalquoten.

Dazu kommt, dass auch noch die Fehler der Vergangenheit zurückzuzahlen sind, als man im „sozialen Wohnbau“ mit Schwimmbädern auf dem Dach und anderem Luxus sehr teuer gebaut hat. Von diesem Luxus profitiert heute noch so mancher rathausnahen Prominente.

Wenn man nicht an all diesen Fronten massiv eingreift, wenn man nicht endlich begreift, dass die Marktmechanismen immer wirken, ob man sie mag oder nicht, dann wird das Wohnungsthema von Jahr zu Jahr mehr zu einem eminenten Sprengstoff werden.

Freilich: Man will es sich aber nicht mit den dahinterstehenden Lobbys und Korruptionisten verderben. Daher hat Wien nur in jenem Bereich alle Regeln beiseitegeschoben, wo es keine geldkräftige Gegen-Lobby gegen die gemeinsame Gier von Korruptionisten und den am Wohnbau verdienenden Unternehmen gibt. Das ist aber der einzige Bereich, wo man die zum Teil Jahrhunderte alten Regeln und Ordnungen unbedingt weiterbeachten hätte müssen: Beim Stadtbild, bei der Ästhetik, beim Denkmalschutz.

Da geht es ja „nur“ um kulturelle Werte, da geht es nur um die Schönheit der Kaiserstadt. Das aber ist seit einigen Jahren allen Parteien in Wien wurscht, ob sie nun an der Macht oder in Opposition sind. Sozialisten ist ja alles aus Monarchiezeiten sowieso zuwider. Und der von dieser Schönheit lebende Wien-Tourismus blüht ja noch.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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