Es ist eine Lieblingsbeschäftigung der Politik und sogenannter Intellektueller, Denkmäler zu ersinnen, zu diskutieren und zu bauen. Schon wieder hat eine Kommission ein neues vorgeschlagen. Diesmal sogar für den Heldenplatz. In Wahrheit aber braucht diese Stadt, braucht eine demokratische Gesellschaft überhaupt keine Denkmäler. Wien hat längst schon viel zu viele davon. Und viel zu viele seltsame.
Der Bau von Denkmälern war eine Unsitte des 19. Jahrhunderts. Vorher hat man nur bisweilen – aus nachvollziehbarem Anlass Pestsäulen errichtet. Monarchen ließen sich in früheren Zeiten lediglich porträtieren. Im 19. Jahrhundert jedoch begannen sich nicht nur die Angehörigen der herrschenden Häuser mit Monumenten zu feiern, sondern es wurde auch fast für jeden, der einmal im Leben ein Buch geschrieben, ein Lied komponiert hat, ein solches errichtet. Das geschah nicht (nur) auf Friedhöfen, sondern auf möglichst auffälligen Plätzen der Stadt.
Seither geht man an zahllosen Figuren, Büsten, Reliefs vorbei – und hat oft nicht die geringste Ahnung, was diese eigentlich ehren sollen. Nur noch staubige Bücher können das beantworten.
Besonders intensiv wurde der Denkmalkult in totalitären Systemen betrieben. Dadurch hatte ab 1989 halb Europa das Problem: Wohin mit all diesen geballten Arbeiterfäusten, kämpferischen Lenins und bartrauschenden Marx-Darstellungen? Diese Grässlichkeiten stehen nun auf großen Abstellplätzen. Niemand will sie haben.
Immer wieder glaubt die Politik ernstlich, das, was sie tut, sei richtig, ja sei für die Ewigkeit. Und feiert sich pompös (teuer). Kurzzeitig prominente Personen sollten aber in Wahrheit schon froh sein, wenn ihre Erwähnung nicht später Entsetzen auslöst. Oder wenn sie bewusst totgeschwiegen werden. Nur ein Beispiel: In der SPÖ darf seit Jahren niemand Viktor Klima erwähnen, nicht einmal indirekt. Dabei hat er jahrelang diese Partei und die Regierung geführt.
Auch die Benennung von Straßen oder Gebäuden nach Menschen ist problematisch. Dabei müssten Gebäude ja gar nicht „getauft“ werden (ich hatte schon viele Wohnsitze, aber noch nie einen mit Namen). Wie muss sich heute jemand fühlen, der im „Karl-Marx-Hof“ wohnt? Und der weiß, dass im Namen von Karl Marx viele Millionen Menschen bestialisch ermordet worden sind. Dass dessen Wirtschaftstheorien viele Länder auf Jahrzehnte in bittere Armut gestürzt haben.
Wie in der Politik ist es auch im Kulturleben: Was wirklich wichtig ist, was bleibt, weiß man erst viel später. Man schaue nur auf die Spielpläne der Wiener Theater aus den 50er bis 80er Jahren: Viel von dem, was damals Theaterdirektoren und Kulturjournalisten in helle Begeisterung versetzt hat, wird heute und seit Jahren nirgendwo mehr auf der Welt gespielt.
Gewiss: Manches wird eines Tages wohl wiederentdeckt werden und dann bleiben. Nur weiß heute halt niemand, was und wer das sein wird. Vieles, das einst laut gerühmt worden ist, wird in Vergessenheit sinken. Ich glaube zum Beispiel, dass Thomas Bernhard, der jahrelang der größte Kulturaufreger Wiens war, in ein paar Jahrzehnten nur noch in Literaturgeschichten zu finden sein wird.
Noch ein Beispiel der kulturellen Vergänglichkeit: Wiens „Phantastische Realisten“ waren in den 60er und 70er Jahren in aller Munde. Sie waren gesucht und teuer. Es wurde der Eindruck verbreitet, dass sie der Malerei den entscheidenden Impuls versetzt hätten. Heute aber kräht kein Hahn mehr nach ihnen. Werden sie noch jemals als relevant wiederentdeckt werden? Das halte ich für eher wahrscheinlich als bei Bernhard, aber auch nicht sehr wahrscheinlich.
Triumphal wiederentdeckt wurde jedoch die Stadtarchitektur des Historismus. Zwei Generationen lang war ja dieser Stil als billiges Epigonentum verachtet. Heute triumphiert er in fast ganz Europa, wird gehegt und gegen Bauspekulanten geschützt. Das lässt hoffen, dass es nun nicht mehr allzu lang dauern wird, bis es auch in Wien so weit sein wird. Das Wiener Rathaus lässt ja derzeit noch immer reihenweise Gebäude der Epoche vor dem Ersten Weltkrieg abreißen oder durch dreistöckige Aufbauten lächerlich machen.
Längst eingestellt sind hingegen die einst mit viel Steuergeld subventionierten Rundfahrten „Modernes Wien“. Ihr Ziel waren die Gemeindebauten der Nachkriegszeit. Werden diese noch jemals als toll entdeckt werden? Wohl eher nicht. Niemand findet es jedenfalls falsch, dass in vielen Städten heute zu Tausenden die industriell gefertigten Plattenbauten weggerissen werden.
Zurück zum Unsinn von Denkmälern. Der Verstorbenen wird zu Recht auf Friedhöfen gedacht. Aber was ist, wenn die nicht mehr leben, die den Toten persönlich gekannt haben? Wenn niemand mehr dessen Werke liest, spielt, sieht? Wenn seine Politik als Irrweg entlarvt ist? Sollen dann sinnlose Denkmäler herumstehen?
Ein guter Vorschlag: Baut in einer reifen Demokratie überhaupt keine politischen Denkmäler mehr. Weder für Personen noch Institutionen. Was wichtig ist, entscheiden die Menschen, entscheidet jede Generation selber, und nicht Monumente. Benennt keine Wohnhäuser. Und wenn euch für Gassen nur Namen einfallen, dann nehmt nur solche von Künstlern, Denkern und Wissenschaftlern, die mindestens 50 Jahre tot und trotzdem noch bekannt sind.
PS.: Sollte der Bundespräsident einen Ort brauchen, wo er an National- und Staatsfeiertagen einen Kranz niederlegen will, dann soll er – statt dass jetzt am Heldenplatz ein neues Denkmal gebaut wird – einfach auf den Zentralfriedhof fahren. Dort kann er dann problemlos aller Österreicher gedenken, der vermeintlich wichtigen und der wirklich wichtigen (übrigens: auch die unwichtigen würden sich freuen).
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.
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Ein sehr guter Artikel des Dr. Unterberger!
Nicht unerwähnt sollte auch das Monument für den, gottlob schon verblichenen, Mehrfachmörder Ernesto Rafael Guevara de la Serna bleiben. Die rote Rathauskaste konnte sich vor Begeisterung für die bronzene Büste anlässlich ihrer Errichtung 2008 gar nicht einkriegen. Unendlich war die "öffentliche" Erregung, als bald darauf der Che seine Nase einbüßte und das Denkmal um teures (öffenliches?) Geld restauriert werden mußte.
In Erstaunen versetzt einen, nicht nur deswegen, immer wieder das Ergebnis von Wahlen in Wien ...
Denkmäler werden normalerweise "für die Ewigkeit" errichtet. Daß diese "Ewigkeiten" mitunter von kurzer Dauer sein können---aus diversen Gründen, die wir alle kennen---zeigt das Theater, das vor gar nicht allzu langer Zeit um den "Toten Soldaten" auf dem Heldenplatz aufgeführt worden ist.
Ausnahmsweise ist es mir einmal gelungen, etwas relativ schnell zu finden, was ich gesucht hatte, nämlich den TAGEBUCH-Eintrag zum "endgültigen" Tod des "Toten Soldaten" als Abschiedsgeschenk des scheidenden Verteidigungsministers und Wehrdienstverweigerers DARABOS.
Da mein Kommentar damals Gefallen gefunden hat, erlaube ich mir, ihn hier zu wiederholen:
"Darabos, der Bock, der zum Gärtner gemacht wurde, hat aber dennoch als vielfach unterschätzter Verteidigungsminister eine wirklich epochale Tat für die Sicherheit der gesamten Republik Österreich vollbracht: Er hat unter Aufbietung aller Kräfte auf dem Feld der Ehre, dem Heldenplatz, in einem wahrlich heldenhaften Einzel-Kampf gegen den gefürchteten TOTEN SOLDATEN den Sieg errungen und ihn anschließend entwaffnet. Die brandgefährliche Waffe, eine äußerst explosive KAPSEL, die der "Tote Soldat" bei (in) sich trug, wurde von unserem unbewaffneten (!) Verteidigungsminister eigenhändig entschärft; somit hat der lichtvolle Recke Darabos für alle österreichischen Bürger endlich den ersehnten Frieden erwirkt. An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen!"
http://www.andreas-unterberger.at/2013/03/darabos-der-leichte-abgang/
Weder weitere Denkmäler brauchen wir, noch die tausenden Selbstbeweihräucherungsfeiern u. Gedenktage der Politiker.
Die Denkmäler werden ja auch nur errichtet um dem jeweiligen Künstler finanziell unter die Arme zu greifen und dadurch wiederum Wählerstimmen zu kaufen.
Dem Bundesheer geht der Treibstoff aus, aber z. B. der Kanzler und seine 2200 roten Freunde feiern sich auf Steuerzahlerkosten. Und derer Beispiele sind beliebig zu ergänzen.
OT---aber bemerkenswert, wie im Allgemeinen ILLEGAL die Grenze Überschreitende in D und Ö hofiert werden; das beste scheint gerade einmal gut genug zu sein: Ein ****HOTEL:
"Einsatz im Asylquartier: Schutzwesten für Rettungskräfte"
http://www.unzensuriert.at/content/0016118-Einsatz-im-Asylquartier-Schutzwesten-f-r-Rettungskr-fte
Da erinnere ich mich an die "Unterkunft" einer 4-köpfigen Familie aus SIEBENBÜRGEN im Winter 1944/45. Sie "durften" in einem HEUBODEN hausen; das Stiegenhaus zu benützen erlaubte man nicht---manche "lieben" Österreicher beschimpften die Heimatvertriebenen als Habenichtse oder Zigeuner!--- sondern nur die "Hühnerleiter".
Der Familienvater war in SB Mühlenbesitzer gewesen; ganze 13 MONATE hatte die Familie das neue Haus bewohnt, als sie vertrieben wurden.
Nach 10 Jahren Dahinvegetierens im Heuboden konnten sie in ein eigenes, bescheidenes kleines Haus ziehen, das sie in der Zwischenzeit mit Nachbarschaftshilfe erbaut hatten.
Kann man sich vorstellen, daß die heutigen Zuwanderer zu solchen Leistungen befähigt wären? NEIN, denke ich, denn die werden von allem Anfang an zum Schmarotzen erzogen und nach Strich und Faden verhätschelt!
Die beiden Schwestern, damals 8 und 10 Jahre alt, hüteten regelmäßig die Kühe der Hausbesitzer, aber sie bekamen nicht einmal eine Jause dafür, sondern mußten mit knurrendem Magen zusehen, wie deren Kinder tüchtig futterten.
Übrigens hatte der Siebenbürger Müller nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern wie gewohnt fleißig in einer benachbarten Mühle gearbeitet.
Diese Schicksale sollte man NIE VERGESSEN---aber sie interessieren niemanden, da kein ZWANG besteht, sie anzuhören! Erinnert wird immer nur einseitig.....
Mein Vater sagte manchmal: "Die Sorgen und dem Rothschild sein Geld". Der Spruch war landläufig und stimmt auch für die Errichtung von Denkmälern. Ich stimme dem Artikel von AU zu und freue mich, die Genese dieses Kults erfahren zu haben.
Manche Denkmäler dienen zwar einer Orientierung, einem Ortshinweis, wie z.B. das Strauß-Denkmal oder auch der im weiteren Sinn als Denkmal zu erachtende Karl-Marx-Hof. Aber schon beim Schiller-Denkmal muss man - als mehrjäriger Wiener - nachdenken, wo es ist. Und Goethe am Ring beachtet man gar nicht. Und was ist mit "unserem" Grillparzer?
Die andere Seite der "Denkmalpflege" ist die penible und penetrante Suche nach Straßenbezeichnungen und Denkmälern derzeit verfemter Personen. Trifft nicht nur auf Lenin und den bärtigen Marx zu, selbst ein Wildgans wird getroffen.
Wäre doch ein geeigneter Platz fürs Einsparen öffentlicher Mittel.
Sahra trifft Ruth:
Wie geht es dir seit Kohn tot ist?
Ich hab Probleme mit dem Geld!
Wieso? Hat er dir nicht genug hinterlassen?
Schon, aber die Spesen, das Grab, die Beerdigung, der Gedenkstein...
Also alles was Recht ist, Kohn war nett, aber wofür einen Gedenkstein?
Die Freundin putzt ihren neuen Solitär und sagt: Gefällt er dir nicht?
Statt neuer Denkmäler sollte die Stadt Wien lieber eine Schuldenuhr aufstellen. Immerhin zahlt Wien laut Rechnungshof nur allein für Zinsen 508.794 Euro - PRO TAG!
Alternativ könnte man natürlich auch für die SPÖ- Finanzstadträtin Renate Brauner ein Denkmal aufstellen, in Form eines Schuldenturm beispielsweise. Immerhin hat ihr jeder einzelne Wiener (vom Säugling in der Wiege bis zum dementen Greis im Altersheim) den rasanten Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung von 872 Euro auf 2.518 Euro zu verdanken. Aber das dient natürlich alles nur "als Notwendigkeit im Kampf gegen die Krise"... ehschowissen.