Österreich hat nach der Statistik des Wirtschaftsministeriums bereits 62 Investitionsschutz-Abkommen mit den verschiedensten Ländern. Mehr als 1400 Verträge haben andere EU-Länder. Jetzt aber sehen die Grünen und ihre NGO-Lobbys plötzlich in Schiedsgerichten etwas Böses und haben nicht weniger als 150.000 Eingaben dagegen bei der EU gemacht (wenn auch meist gleichlautend).
Wieder einmal tritt ihnen trotz der eindeutigen Vorteile solcher Abkommen hierzulande niemand öffentlich entgegen, auch wenn alle Sachkundigen den Kopf schütteln. Oder haben Leser auch nur ein öffentliches Wort vom eigentlich zuständigen Wirtschafts- oder vom Justizminister oder vom Außenminister gefunden? Die haben offenbar andere Sorgen. Dabei liegt der Vorteil von Schiedsgerichten völlig auf der Hand und hat sich tausendfach bewährt.
Gewiss: Unglücklich sind immer die Unterlegenen. Nur macht es an ihrem Jammern absolut keinen Unterschied, ob sie vor einem staatlichen Gericht oder einem privaten Schiedsgericht unterliegen.
Schiedsgerichte werden in der Regel symmetrisch von beiden Seiten beschickt, die sich dann noch einen unabhängigen Richter suchen. Besonders in der Schweiz gibt es viele Schiedsgerichte, aber auch Wien ist ein gesuchter Platz. Die Vorteile dieser Schiedsgerichte in allen zivilrechtlichen Streitigkeiten sind vor allem für Arbeitssuchende und beide Vertragsseiten enorm:
- Die Entscheidung von Schiedsgerichten erfolgt im Schnitt deutlich rascher als die durch staatliche Gerichte. Bei diesen kann es über zehn Jahre dauern, bis endlich einmal ein Urteil in Rechtskraft erwächst. Andere Länder sind da noch viel langsamer als Österreich. In Italien etwa ist die lange Verfahrensdauer vor den staatlichen Gerichten von der Regierung jetzt sogar als oberstes Investitionshindernis erkanntworden.
- In etlichen Ländern haben die staatlichen Gerichte eine enorme nationale Schlagseite. Sie unterstützen ihr Land sogar bei willkürlichen Verstaatlichungen. Daher ist die meist internationale Zusammensetzung von privaten Schiedsgerichten ein Beitrag zur Objektivität. Selbst in manchen österreichischen (staatlichen) Provinzgerichten ist ja ein Vorteil für die jeweilige Heimmannschaft zu spüren, während aus einem anderen Teil Österreichs Kommende deutlich schlechtere Karten haben.
- Investoren lehnen es oft ab, Investitionen und damit Arbeitsplätze in jenen Ländern zu schaffen, wo es kein solches Abkommen gibt, wo man sich nicht auf ein Schiedsgericht einigen kann, das größere Objektivität und Schnelligkeit garantiert.
Warum sind dennoch die Grünen – aber auch etliche Sozialdemokraten und Rechte – gegen solche Schiedsgerichte? Vor allem ist es die Ahnungslosigkeit. Daneben sind es vor allem drei Gründe: Linke sind immer gegen jede auch noch so sinnvolle Privatisierung; sie sind gegen jede Maßnahme, die den Handel fördert; und sie wissen, dass sie bei Schiedsgerichten viel schlechter medial Druck ausüben können als bei staatlichen.
Es ist gelungen, solche Schiedsgerichte europaweit zu etwas Bösem zu machen. Daher werden die Abkommen mit Kanada und den USA vermutlich an den Grünen und ihren Vorfeldorganisationen scheitern.
Dabei würde allein in Deutschland ein Freihandels-Abkommen mit den USA nach Berechnung des Münchner ifo-Instituts in einem Jahrzehnt 3,5 Prozentpunkte Wachstum schaffen. Auch für Österreich würde das TTIP-Abkommen mit den USA gewaltige Vorteile bringen: Beamte des Wirtschaftsministeriums erwarten für Österreich 20.000 zusätzliche Jobs und eine Erhöhung des BIPs um 1,7 Prozent. Der Hauptgrund des Nutzens: Man kann für einen viel größeren Markt produzieren, ohne ständig die Einstellungen zu ändern, um sich den jeweiligen Regeln anzupassen.
Aber diese 20.000 sind ja offensichtlich egal, wenn man als Partei oder Zeitung den Menschen Angst machen kann, wenn man hofft, solcherart mehr Wähler beziehungsweise Käufer anzuziehen. Dabei wissen diese Menschen gar nicht, wovor sie eigentlich Angst haben. Amerikanische Chlor-Hühner können es ja nicht ernstlich sein: Sie haben ja zum Unterschied von unseren keine Salmonellen. Aber die Kampagne der europäischen Hühner-Erzeuger gegen die amerikanische Konkurrenz ist trotz der ohnedies klaren Kennzeichnungspflicht, trotz der eindeutig für die USA sprechenden Gesundheitsargumente sehr erfolgreich.
Wie wir sehen, sind den Grünen und manchen Zeitungen aber auch da die Menschen wurscht.
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Wir schätzten Herrn Dr. Unterbergers Artikel bereits, als er noch bei "Presse" oder "WZ" tätig war. Umso mehr jetzt als Blogmaster.
Dennoch: Die rührenden Versuche, dem militärischen und wirtschaftlichen US-Imperialismus medial Vorschub zu leisten, nerven weiterhin.
Aggression gegen Irak, Libyen, Syrien mit unzähligen Opfern? Kriegslüsterne Hetze gegen Rußland? Paßt alles! Artigen Gutmenschen gefällt halt Herr NATO-Rasmussen. Oder Hassmussen?
Den Ostküste-Konzernen Profite zuzuschanzen auf Kosten von Umwelt und sozialer Sicherheit? Auch klass! Drollige Hinweise auf Jobs und Wirtschaftswachstumsprozente erinnern peinlich an Glaskugeln, ägyptische Traumbücheln oder EU-Beitritts-Lügen. Und logo erfolgen Diktate der Amis in den TIPP-"Verhandlungen" heimlich, still und leise. Was intelligenten Menschen die Grausbirnen aufsteigen läßt. Doch offenkundig nicht allen.
Übrigens: Die Blackbox des über der Ukraine verunfallten Fliegers war von Malaysia (entgegen ausdrücklicher Zusagen) ausgerechnet den GB-Pudeln "zur Auswertung" ausgeliefert worden. Obs, diese Daten sind bis heute verschollen. Ist aber conchita.
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Wer's glaubt, wird selig!
Erinnert stark an den EU-Beitritt, was wurde uns da alles versprochen und jetzt steckt der ganze Karren mehr im Dreck, als uns jemals tatsächlich eingestanden wird. Kein Wunder, wenn dann die Mehrheit der Bevölkerung enttäuscht bzw. vorsichtig geworden ist und den Versprechungen bei neuen Abkommen nicht mehr vertraut.
Dass Abkommen und Schiedsgerichte generell kein schlechtes Instrument sind ist schon richtig. Das heißt aber keineswegs, dass ein konkretes Abkommen oder ein konkretes Schiedsgericht nicht doch schlecht sein können.
Es hängt halt alles von der Ausgestaltung ab. Wer etwa den von Darabos nachverhandelten Kaufvertrag für die Eurofighter kritisiert sagt damit ja nicht automatisch, dass Kaufverträge generell eine schlechte Idee sind. Dieser eine ist es aber schon.
Und genau da liegt (wie so oft bei der EU) des Pudels Kern. Inhaltlich beurteilen kann man es so schwer, weil die EU sich viel zu wenig in die Karten blicken lässt.
Dass die Kritik der Grünen oder irgendwelcher Globalisierungsgegner unsinnig ist, weil sie großteils mit unsinnigen Klischees argumentieren, ist schon richtig.
Das heißt aber eben noch nicht, dass das kritisierte Abkommen gut sein muss.
Wer also laut Überschrift erklären will, wieso das TTIP gut ist, der müsste doch irgendwie auf dessen konkrete Inhalte eingehen. Da findet sich aber in diesem Tagebucheintrag genau nichts.
Das passt zwar recht gut in die generell inhaltsleere Debatte zu diesem Thema, aber eine sachliche Argumentation ist so halt nicht möglich.
Und inzwischen bin ich - als grundsätzlicher Globalisierungsbefürworter - auch schon so weit, dass ich im Zweifel gegen solche internationalen Abkommen bin. Also wenn man die Inhalte nicht kennt und den Nutzen daher nicht beurteilen kann soll man die Finger davon lassen.
Der Grund ist ganz einfach: Man kriegt die Dinger so verteufelt schwer wieder weg, wenn man nachträglich draufkommt, dass sie nicht passen.
Aufgrund der derzeitigen Geldpolitik einschließlich der korrupten Verrottung in Ost und auch West erscheinen mir Geheimverhandlungen zu TTIP grob fahrlässig.
Irgendwie schon eigenartig, dass die meisten hier Dr. Unterberger zwar ganz massiv schätzen, gegen viele seiner Meinungen jedoch Sturm laufen.
Es hat fast den Anschein, man nähme einfach - weil man's einfach besser weiß - die oft vom Blog-Mainstream abweichenden Kommentare unseres Blogmasters nicht ganz ernst; man traue sich auch nicht wirklich, ihm unverblümt die Meinung zu sagen, dies schon deswegen, weil man ihn ja doch mag und überdies sein "Tagebuch" ja immerhin eines der wenigen Sprachrohre der verbleibenden und schrumpfenden bürgerlichen Gesellschaft ist.
Dass er in vielem bis manchem ja auch recht haben könne, was er da Konträres zur Mehrheits-Blogmeinung schreibt: das fällt hier wenigen ein!
Ich bewundere jedenfalls die Standfestigkeit Dr. Unterbergers, keinen Deut von seinen jeweiligen Standpunkten abzuweichen!
Meine ganz spezielle Hochachtung!
(mail to: gerhard@michler.at)
Warum TTIP und seine Schiedsgerichte etwas Schlechtes sind:
Wenn ein Staat auf seine Rechte verzichten soll via repräsentativer Demokratie kann mittels einiger bestochener Politiker ein ganzes Volk in die Knechtschaft kommen.
Investment ohne angemessenen Profit kann als "indirekte Enteignung" gewertet werden Walter Gröh 18.08.2014
Auswertung des geleakten Vertragstextes des CETA-Freihandelsabkommens EU-Kanada
Investitorensschutz
In der "Section 4: Investment Protection" (S. 158 - 161) garantiert CETA ausländischen Investoren des anderen CETA-Vertragspartners im einleitenden "Article X.9: Treatment of Investors and of Covered Investments", S. 158, eine "faire und angemessene Behandlung und vollen Schutz und Sicherheit" ("fair and equitable treatment and full protection and security").
Als mögliche Verletzungen dieser fairen Behandlung und der anerkannten "legitimate expectation" eines Investors (Art. X.9.4) werden nicht abschließend sechs Beispiele aufgeführt von "Denial of justice in criminal, civil or administrative proceedings" (Art. X.9.2(a)) bis "Abusive treatment of investors, such as coercion, duress and harassment" (Art. X.9.2(e)).
CETA kann von Kanada oder der EU einseitig mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt werden; aber der Investorenschutz bleibt nach einer Kündigung 20 Jahre lang bestehen:
It shall cease to be in force 6 months after the date of the notice. (…) the provisions of [Chapter X Investment] shall continue to be effective for a further period of 20 years.
Article X.08: Termination (S. 498)
Investor-Staat-Tribunale
CETA ermöglicht es ausländischen Konzernen, Staaten zu verklagen, wenn sie behaupten, Verluste erlitten zu haben,
weil ein Staat seine Verpflichtung gebrochen habe, sie nicht diskriminierend zu behandeln ("Section 3: Non-Discriminatory Treatment", S. 156 f)
oder wegen Verletzung des zugesicherten Investitionsschutzes.
Dieses Recht gilt nur in eine Richtung - Staaten können Unternehmen nicht vor diesen Investor-Staat-Schiedsstellen verklagen.
Solche Investorenklagen nach öffentlichem internationalem Recht sind zwar nicht Neues - die Unctad listete Ende 2012 genau 514 Fälle auf, die häufigsten aus den USA, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland - aber für den transatlantischen Handel ist diese umfassende Paralleljustiz neu.
Das Procedere, wie ausländische Investoren gegen Gesetze und staatliche Maßnahmen klagen anrufen können, wird detailliert in "Section 6: Investor-State Dispute Settlement" (ISDS) auf 22 Seiten (S. 164 - 185) sowie in drei 41 Seiten langen Anhängen (S. 454 - S. 494) beschrieben. In den ersten Artikeln (X.17 bis X.24, S. 164 - S. 170) wird aufgelistet, wie Investoren das vorgesehene Schiedsgerichtsverfahren in Gang bringen und ihre strittige Ansprüche bei einem Schiedsgericht einreichen können ("Article X.22: Submission of a Claim to Arbitration", S. 168).
In den folgenden Artikeln (X.25 bis X.35, S. 170 - 175) wird festgelegt, wie sich die streitenden Parteien auf die Benennung der (in der Regel drei) Mitglieder des Schiedsgerichts einigen können und wie dieses arbeiten soll. Generell sollen diese Schiedsstellenrichter, "Arbitrators", "auf der Basis von Objektivität, Vertrauenswürdigkeit und gesunder Urteilskraft" ("on the basis of objectivity, reliability and sound judgement") ausgewählt werden. (ARTICLE 19: DISPUTE SETTLEMENT, S. 265).
Damit diese Schiedsgerichten schnell arbeiten können, soll ein "Committee on Services and Investment" bis zum Inkrafttreten von CETA eine Liste von mindestens 15 Personen erarbeiten, die als dritter "neutraler unabhängiger" Schiedsrichter infrage kommen ("Article X.42: Committee", S. 180 - 182).
Nach vielfacher Kritik der bisher geheim tagenden Schiedsgerichte sieht CETA nun ein gewisses Maß an Transparenz vor ("Article X.33: Transparency of Proceedings", S. 174). Ein Kläger kann, muss aber nicht, seinen Anspruch nach den so genannten Uncitral-Transparenzregeln (der Handelsrechts-Kommission der UN) vorlegen ("Article X.22: Submission of a Claim to Arbitration", S. 168 f). Schiedsverfahren sollen grundsätzlich öffentlich stattfinden - es sei denn, die Richter schließen die Öffentlichkeit aus, um "vertrauliche oder geschützte Informationen zu schützen" (when "there is a need to protect confidential or protected information" (Article X.33.5., S. 174). Vor Verhandlungsbeginn sollen die wichtigsten Dokumente publiziert werden (Article X.33.4).
Mit seinem Schiedsspruch ("Article X.36: Final Award", S. 176) kann das Schiedsgericht finanzielle Entschädigungen verhängen für "monetary damages and any applicable interest" und für Enteignungen.
Gegen einen Schiedsspruch gibt es keine Einspruchsmöglichkeiten:
1. An award issued by a Tribunal pursuant to this Section shall be binding between the disputing parties and in respect of that particular case.
Article X.39: Enforcement of Awards, S. 177
Gegen diese Schiedsgerichtsverfahren hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 26. März 2014 an EU-Handelskommissar Karel de Gucht geschrieben, es "liegt beim Investitionsschutz ein sensibler Kernpunkt, der am Ende über die Zustimmung Deutschlands zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen entscheiden kann". Schiedsgerichtsverfahren unter "zivilisierten Ländern" seien "unnötig" - nicht aber prinzipiell abzulehnen.
Mit dem CETA-"Investor-State Dispute Settlement" (ISDS) würde ein Präjudiz für gleiche Regelungen bei TTIP geschaffen. Denn mit CETA könnten US- (oder auch EU-) Konzerne auch ohne TTIP über kanadische Tochterfirmen EU-Staaten verklagen.
http://www.heise.de/tp/artikel/42/42548/1.html
Was soll an diesem TTIP-Vertrag Gutes sein, wenn über die Köpfe der Bürger hinweg im Geheimen ausgemauschelt wird?
Die Schiedsgerichte im Nachhinein wird ein Bombengeschäft für die Anwälte, davon muss man ausgehen!