FN 669: Alpbach und die Industriellenvereinigung
12. August 2014 00:10
2014-08-12 00:10:00
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 1:00
Es gibt durchaus auch erfreuliche Nachrichten: Die Industriellen-Vereinigung zieht sich aus Alpbach zurück.
Die unerfreuliche Nachricht folgt freilich auf den Fuß: Die (wie immer nie gefragten) Steuerzahler müssen das in die Krise gekommene Tiroler Projekt und seine nunmehrige bauliche Erweiterung mehr denn je stützen. Das einst von der Familie Molden ohne viel öffentliches Geld begonnene neoliberale Nachdenkprojekt ist zu einer engen großkoalitionär-gutmenschlichen Selbstdarstellung herabgesunken. Alpbach wird außerhalb der Grenzen kaum noch wahrgenommen. Die auf fremde Kosten massenweise in das Tiroler Bergdorf gekarrten Oststudenten lassen das Forum zwar als jung und gut besucht erscheinen, aber ein geistiger Input geht von dort schon lange nicht mehr aus. Der Vergleich macht sicher: Um in Davos und bei seinen spannenden Veranstaltungen zu sein, muss man viel Geld zahlen, in Alpbach wird man bezahlt. Und die paar Amtsträger reisen fast alle umgehend wieder ab, nachdem sie ihr Referat vorgelesen haben. Umso mehr ist die – hier auch oft gescholtene – Industriellenvereinigung für ihre neue Erkenntnis zu loben, dass Alpbach zwar noch immer schön ist, dass aber von dort keinerlei Impulse mehr ausgehen. Dass der Kaiser keine Kleider mehr anhat.
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Wann ist es in Alpbach am schönsten? Wenn das Forum vorbei ist!
Alpbach, worüber Journalisten kaum viel schreiben, weder kritisch noch mit Weihrauch, war früher einmal ein intelektuell impulsgebendes Ereignis. Jetzt ist es, scharf gesagt, ein marodes und fades Relikt. Aber es geht nicht ein!
Warum bei uns Firmen, Unternehmen, klein und groß, immer wieder untergehen, weil keine Steuermitteln gegeben werden - vielfach mit Recht -, "Institutionen" wie Alpbach aber eben durch Mittel der öffentlichen Hand weiter existieren, ist mir unverständlich. Die sind scheint's tabu und der Ewigkeit eingeschrieben. Sind es nur die obersten Organe, meist (Ex)Politiker mit ihren Netzwerken, die das Weiterbestehen sichern?
Eigentlich haben Busek und nun auch Fischler den Alpbacher Gesprächen einen Linksdrall verordnet und durch die Hereinnahme von der Arbeiter- sowie Wirtschaftskammer hat die Industriellenvereinigung den richtigen Entschluss für einen Rückzug gefasst. Die beiden neuen Sponsoren werden zusammen aber dreimal soviel Geld wie früher die IV einbringen und sicher das Programm auch in ihrem Sinn beeinflussen.
Ob die heurige Veranstaltung, welche zum Thema "At the crossroads" stattfindet, wirklich entscheidende Impulse für die Zukunft bringen wird, bleibt abzuwarten. Hier das Programm: http://www.alpbach.org/de/hauptveranstaltung/efa_2014/
Off Topic:
Für die ständigen Verweigerer einer Klimaveränderung - auch hier beim AU-Tagebuch - empfehle ich den interessanten Film (Dauer ca. 75 Minuten) aus Holland mit den Titel "Meat the truth" in englischer Sprache mit gleichzeitiger Auswahl von verschiedensprachigen Untertiteln. Dabei wird besonders die derzeitige Nutztierhaltung für einen großen Anteil der CO2-Emmissionen verantwortlich gemacht. Ob diese Kritiker aber bereit sind, dieses Video auch bis zum Ende zu verfolgen und ihre bisherige Meinung zu überdenken? Ich will damit niemand zum Vegetarier machen, aber nachdenkenswert ist das Ganze doch allemal.
https://www.youtube.com/watch?v=2uTJsZrX2wI&feature=youtu.be
Dass in Alpbach der Kaiser (und nicht nur er) nackt sind, und das schon seit Jahrzehnten, hat damit begonnen, dass die Edelsozialisten das, wie A.U. ja völlig richtig betont, ursprünglich neoliberale Treffen entdeckt und für sich erobert haben - das war so irgendwann nach Kreisky. Und seitdem ist das Niveau von Jahr zu Jahr zumindest in dem Ausmaß gesunken, in dem die Preise gestiegen sind. Die wahre Prominenz bleibt aus, oder sie liefert ihre Referate ab und verabschiedet sich. Wie hat ein prominenter Industrieller schon vor mehr als drei Jahrzehnten gesagt, als er gefragt wurde, ob man ihn denn in Alpbach treffen werde: Um Gottes Willen nein - niemand bringt mich in dieses Schmock- Kästchen der österreichischen Möchtegern- Prominenz. Und der, der es gesagt hat, war ein wirklich Prominenter.
Die ursprüngliche Idee, dass aus Alpbach neue Impulse für die Politik und Gesellschaft hervorgehen, hat sich überholt. Aus meiner Sicht kann es das Forum auch weiterhin, allerdings in "abgespeckter" Form geben, denn vielleicht gibt es wieder einmal neue Leute und neue Themen. Auch andere Jahrestreffen, wie z.B. die Bilderberger führen nun nur mehr ein bescheideneres Dasein.
Was das WWF (Weltwirtschaftsforum in Davos) betrifft, so ist es dort nur mehr zu einem "Sehen und gesehen werden" gekommen. In Wirklichkeit geht es dabei nur um Geld und nochmals um Geld. Die zuständige Organisation ist ein millionenschweres, steuerbefreites Unternehmen mit großer Verwaltungszentrale am Genfersee, welches zwar wichtige Probleme der Welt anschneidet, aber an der tatsächlichen Umsetzung zum Wohle der Menschheit kaum interessiert und auch nicht in der Lage ist.
Der Hausverstand der Industriellenvereinigung ist zu loben, nämlich dass sie nicht am Gender, Mainstream, internen linken Projekt den Aufputz bilden wollen.
Es kommt mir dieses heutige Alpbach Event vor , wo eine der bezahlten Parteikurorte für verdiente (und beschränkte) Funktionäre.
Alpbach sehe ich so wie den sommerlichen Festspielzirkus ...
Die überall gleiche Gesellschaft tourt von Ort zu Ort um dabei zu sein.