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Hoeness, Strasser, die Heuchler und problematische Gesetze

Dreieinhalb Jahre Haft für den geständigen Bayern-München-Präsidenten Hoeneß in Deutschland. Dreieinhalb Jahre Haft für den nicht geständigen Ex-Politiker Ernst Strasser in Österreich. Beide Strafen sind trotz der seltsamen Gleichheit des Ausmaßes durchaus berechtigt. Wer seine Beziehungen und sein Mandat für heimlich zahlende Klienten nutzt, hat nichts anderes verdient. Wer tief in die zweistellige Millionenziffern gehende Beträge am Fiskus vorbeischummelt, ist ebenso zu bestrafen. Die beiden Fälle rücken aber auch viele andere Promis ins Scheinwerferlicht, die sich trotz ihres Gutmenschgeredes als kräftige Sünder erwiesen haben. Und sie machen auch ein Nachdenken über Kontrolle und Straf- wie auch Steuerrecht notwendig.

Das Hoeneß-Urteil hätte noch deutlicher ausfallen können, wäre da nicht seine Schuldeinsicht und seine – allerdings viel zu gering dimensionierte – Selbstanzeige miteinzubeziehen. Etwas, was Strasser nicht für sich in Anspruch nehmen konnte. Er und sein Anwalt haben das ja bis zuletzt für durchaus in Ordnung angesehen, was der EU-Abgeordnete da getan hat. Was total absurd ist.

Nur in einer einzigen Perspektive bringt den Beobachter Strassers Fall schon ins Zögern: Wie ist das mit Gewerkschaftern und Kammerfunktionären? Von denen sind ja die Parlamente voll! Auch sie fühlen sich so wie Strasser zweifellos nicht primär den Wählern verantwortlich, sondern jeweils ihren Mitgliedern und ihrer (oft gut bezahlten) Funktion bei diesen Verbänden. Also dem Geld. Aber das hat sie noch nie auf eine Anklagebank gebracht. In Österreich haben sie sich seit einigen Jahren sogar in der Verfassung abgesichert.

Hoeneß war zwar kein Politiker, aber der Bayern-München-Präsident und Ex-Spitzenspieler ist europaweit noch viel bekannter als Strasser. Er ist wohl in gewisser Hinsicht krank, sonst wäre seine letztlich verlustbringende Zockerei nicht so unvorstellbar intensiv ausgefallen. Zumindest moralisch sind ihm auch seine rund fünf Millionen Euro zugute zu halten, die Hoeneß insgesamt für wohltätige Zwecke gespendet hat (zumindest nach seinen eigenen Angaben, die sich freilich nicht wirklich überprüfen lassen).

Auch wenn jetzt viel debattiert werden wird, ob der einstige Minister und der Chef des derzeit erfolgreichsten europäischen Fußballklubs einen Promi-Bonus oder -Malus genossen haben, so scheint ihnen bei grober Betrachtung Recht zu geschehen. Diese Urteile rufen beim Ringen um eine objektive Beurteilung aber auch die vielen Gutmenschen in Erinnerung, die da in letzter Zeit als gar nicht so gut entlarvt worden sind

Schwarzer und Co: Die grauslichen Moralisierer

  • Da fällt einem etwa die feministische Ikone Alice Schwarzer ein. Sie war viele Jahre lang eine der penetrantesten Verteilerinnen von moralistischen Zensuren (und nicht nur Erzeuger von Würsten und Fußballerfolgen wie Hoeneß). Auch sie hat die vermeintliche Anonymität des Auslands für jede Menge steuerwidriger Geschäfte genutzt. Sie hat sich aber in ihren Reaktionen nur darüber geärgert, dass ihre Sauereien öffentlich bekannt geworden sind. Dabei hat sie im Gegensatz zu Hoeneß nicht einmal behauptet, auch Gutes getan zu haben. Zumindest sofern man darunter Ernsthafteres versteht als das Erteilen moralinsaurer Bewertungen (eine solche hat übrigens soeben auch in Österreich eine Feministinnen-Gruppe einem Kurier-Kolumnisten erteilt, was mich dazu veranlasst, diese Zeitung öfter zu lesen).
  • In diese Gruppe gehört auch eine evangelische Bischöfin, die nach einer alkoholisierten Autofahrt und offenbar engen Beziehungen zur SPD-Spitze zurücktreten musste. Die aber seltsamerweise seither von vielen Medien noch viel intensiver als moralische Instanz behandelt und ständig zu Auftritten geladen wird.
  • Das Gleiche gilt für einen inquisitorischen Fernseh-Moderator von N24, der trotz strafrechtlicher Probleme mit Kokain- und Zwangsprostituierten-Konsum ständig heuchlerisch moralisierend auftritt und der extrem überheblich jeden als Mist behandelt, der auch nur leicht rechts der Mitte steht.
  • Ein besonders arges Stück von grauslichem Gutmenschtum ist Ulrich Beck, lange Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. Er hat sich mehrfach für die Entkriminalisierung von sexuellen Akten mit Kindern ausgesprochen.
  • Extrem seltsames Interesse für nackte Kinder hatte auch der SPD-Abgeordnete Edathy, der sich bei einem U-Ausschuss im Bundestag besonders moralistisch hervortat. Dort ist übrigens auch sein Migrationshintergrund gerne als ethisches Argument gesehen worden.
  • Und nicht zu vergessen ist Günter Grass. Er lebte jahrzehntelang davon, der SPD dienlich zu sein und hinter jedem Busch einen Nazi zu sehen. Bis dann bekannt wurde, dass er selbst einst zur Waffen-SS gegangen war.
  • Ähnlich hatten auch in Österreich viele besonders lautstarke Nazi-Feinde in der eigenen Familie höchstrangige Angehörige des einstigen Verbrechensregimes. Statt beschämt zu schweigen, verdrängen sie jedoch ihre Familien-Vita und machen besonders laut Jagd gegen alles, was in ihren Augen rechts ist.
  • Vom Steuersünder Theo Sommer („Zeit“) bis zum Kinder-Liebhaber Daniel Cohn-Bendit (Grüne) ließe sich dieser Reigen linken Geredes und üblen Handelns noch lange fortsetzen.

Nun, es geht hier überhaupt nicht darum, den CSU-nahen Hoeneß, das einstige ÖVP-Mitglied Strasser gegen die rotgrünen Sünder aufzurechnen. Es geht aber schon um die Frage, ob linke und rechte Promi-Sünder in unseren Gesellschaften gleich behandelt werden. Und es geht darum, auf die Widersprüche zwischen dem unerträglichen und oft medial tausendfach vervielfältigten Moralisieren der Linken und ihrer eigenen Realität hinzuweisen. Solches Moralisieren war jedenfalls bei Hoeneß und Strasser keineswegs in diesen Dimensionen zu beobachten.

Das elektronische Überwachungsnetzwerk wird immer dichter

Viele der hier erwähnten Fälle hängen aber auch noch mit einem ganz anderen Phänomen zusammen. Dieses ist uns in all seinen Konsequenzen noch gar nicht wirklich bewusst geworden: Heute werden vor allem dank der Elektronik viel mehr – finanzielle wie verbale – Sünden aufgedeckt als einst. Zwar reden alle nur von der NSA. Aber in Wahrheit hängt kein einziger dieser Fälle mit der NSA oder den USA zusammen. Egal, welche Gesetze in EU- und nationalen Parlamenten beschlossen werden: Das elektronische Spionieren geht weiter. Und immer wird am Ende primär der normale Bürger durch solche Gesetze belastet. Aber die Internet-Spione kostet es nur ein Lachen, die staatlichen wie die halbstaatlichen.

Es bleibt jedenfalls viel weniger als früher geheim. Das ist an sich sehr erfreulich. Es hat zweifellos eine generalpräventive Wirkung, wenn alle Straftäter erwischt werden. Freilich halte ich es dennoch nie für positiv, erlaubt oder gar gut, wenn ein Staat selbst kriminell wird. Also wenn er beispielsweise Täter nur durch Packelei mit anderen Tätern findet, etwa durch den Kauf gestohlener CD oder durch Straffreiheit für Kronzeugen, die in Wahrheit die Haupttäter sind.

Dass die Kontrolle viel dichter geworden ist, ist jedenfalls Faktum. Umso mehr wäre es angebracht, die Rechtsregeln überhaupt zu überdenken. Die mörderisch-konfiskatorischen Steuersätze etwa (sie sind in Österreich noch weit schlimmer als in Deutschland) waren noch nie richtig. Aber die Gesetzgeber haben immer damit spekuliert, dass Steuern ja eh immer hinterzogen würden, und daher die Steuern gleich viel höher angesetzt. Das wird in einer Zeit konfiskatorisch, wo es weitestgehend unmöglich geworden ist, Geld an der Steuer vorbeizuschwindeln.

Steuer- und Strafrecht muss milder werden

Das Faktum wirksamer elektronischer Kontrollen aller Art muss daher zu einem kräftigen Ja zu vernünftigen, also deutlich niedrigeren Steuersätzen führen. Zumindest wenn man nicht will, dass alle kreativen Köpfe und Investitionen aus Österreich und Deutschland verschwinden. Was die Politik freilich intensiv versucht.

Ebenso dringend notwendig wäre es, jede Form von verbalen Delikten und „Diskriminierungsverboten“ wieder aus dem Bereich des Strafrechts zu entfernen. Deren Bestrafung ist eine massive Verletzung des einstigen Freiheitsprinzips.

Alleine die jüngste Statistik des Innenministeriums mit Anzeigen von Hunderten reinen Meinungsdelikten im Jahr zeigt, auf welch wahnsinnigem Weg Österreich da seit einigen Jahren unterwegs ist. Je dichter das Kontrollnetz, umso wichtiger wird die volle Wiederherstellung von Gedanken- und Meinungsfreiheit statt deren schrittweise Einschränkung, zu der es jedes Mal kommt, sobald jemand etwas Unerwünschtes sagt.

PS: Ein typisches Produkt der Absurdität des Überwachungsstaats im elektronischen Zeitalter findet sich übrigens auch im sexuellen Gebiet: Zwei Fünfzehnjährige dürfen zwar jede Art von Sex miteinander haben; sie machen sich aber strafbar, wenn sie sich elektronisch Nackt-Fotos senden. Das ist ziemlich absurd, vor allem weil solche Praktiken angeblich in der Generation der Teenager weit verbreitet sind. Aber die Politik ist nicht gewillt, das Strafrecht mit gesundem Menschenverstand zu reduzieren, statt es ständig noch mehr auszuweiten.

PPS: Das Verlangen nach einer Rücknahme rechtlicher Normen vom Steuer- bis zum Strafrecht und die kritische Frage nach Gewerkschaft & Co hat übrigens überhaupt nichts mit der Bestrafung von Hoeneß und Strasser zu tun. Für die beiden ist nur noch ein einziger Aspekt relevant: Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Was in diesen Fällen besonders gut ist, da Höchstgerichte ohne Promi-Bonus oder -Malus rechtskräftig zu befinden haben.

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