Das System Raiffeisen im Blindflug
24. Mai 2013 11:03
2013-05-24 11:03:00
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 2:00
Herbert Stepic geht. Und eigentlich wissen wir nicht genau warum. Aber es gibt viele Zusammenhänge.
Der mächtige Chef der obersten Raiffeisenbank RBI tritt ab, nachdem ausländische Konten in seinem Besitz bekannt geworden sind. Es gibt nicht einmal einen Nachfolger. Doch Stepic beteuert, alles was sich auf diesen Konten bewegt habe, seien korrekt versteuerte Gelder gewesen.
Wenn das richtig ist – dann setzt er sich gerade erst durch seinen Rücktritt optisch ins Unrecht. Denn so weit sind wir ja hoffentlich (noch?) nicht, dass der Besitz eines Kontos im Ausland ein Delikt ist, auch wenn eine Boulevard-Illustrierte das so darstellt. Also: Entweder sagt Stepic nicht die Wahrheit. Oder es gibt ganz andere Zusammenhänge.
Liegt der Grund etwa in der Verletzung vertraglicher oder Raiffeisen-interner Regeln? Dann ist der Rücktritt zwar verständlich, aber gerade dann sollten auch im Interesse der Bank die Zusammenhänge unbedingt klargelegt werden.
Fällt Stepic, weil er Mister Osteuropa war und ist? Ist doch die Expansion von Raiffeisen bis tief nach Russland hinein mit keinem anderen Namen wie dem seinen so eng verbunden. Das hat seinen triumphalen Aufstieg ausgelöst, dürfte aber zusammen mit der Krise ebenso auch seinen Abstieg eingeleitet haben. Alles, was aus diesen Zusammenhängen heraus mitgespielt hat (und das hat es jedenfalls!), wird freilich nie offengelegt werden. Denn Raiffeisen ist ja bis hin zu Allianzen mit Typen wie dem Konrad- und Putin-Freund Deripaska weiterhin untrennbar in Osteuropa vernetzt. Da kann man ja nicht zugeben, dass das ein Fehler ist.
Oder ist Stepic Opfer der bei allem christlich-bäuerlich-gutmenschlichen Gehabe oft sehr brutal ausgetragenen Machtkämpfe im extrem komplizierten Netzwerk Raiffeisen? Auch das dürfte wohl Teil einer Gesamterklärung sein. Kunden und Eigentümer des Raiffeisensystems werden diese aber wohl nie ganz erhalten. Tatsache ist jedenfalls, dass das mehr als gewichtige Alphatier Konrad nach der Methode „Divide et impera“ Diadochen hinterlassen hat, die seinem Schatten wohl noch lange nicht entkommen sollen. Und er wirft ja auch jetzt noch aus allen möglichen Kulissen heraus weiter seinen Schatten.
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Der Raiffeisensektor ist in Österreich eine Macht. Eine Großmacht, die sich u.a. auch eine Partei hält, die so springen muß, wie die Giebelkreuzler pfeifen. Die stellen dann und wann, wenn Not am Mann ist, der ÖVP auch gleich einen Parteivorsitzenden zur Verfügung, der dann, wenn's denn so gar nicht geht, in den Mutterschoß des "grünen (sic! und wenn sich die Vassilikuh noch so ärgert) Riesen" Raiffeisen zurückgenommen wird. Personifiziert wurde der Koloss zuletzt durch den Reichs- pardon: Landes- Jägermeister Konrad und seinen ewigen Rivalen Ludwig Scharinger (der sich u.a. mit dem Hannes Androsch "auf ein Packel zusammengehaut hatte", und ihm die Übernahme der Salinen und wohl auch der AT&S finanzierte). Nachdem sich Konrad und Scharinger nun aus der ersten Reihe zurückgezogen haben und nur mehr aus dem Hintergrund die Strippen ziehen, darf der biedere Herr Rothensteiner als Generalanwalt und AR-Präsident die Nummer Eins spielen, die de facto stärkste noch aktiv tätige Persönlichkeit im Sektor ist - ab jetzt muß man sagen: war - aber natürlich Stepic, der das Ostgeschäft sozusagen im Alleingang aufgebaut hatte. Für mich stellt sich die Frage, ob er die Gelegenheit, sich zurückzuziehen, in Voraussehung von auf die RZB-International zukommenden Problemen ergriffen hat oder ob er einfach darüber gekränkt war, daß nichts unternommen wurde, um gemeinsam mit der SPÖ (für welche Raiffeisen ein Garant für den Fortbestand der großen Koalition und daher ein überaus wichtiger Partner ist) das Thema abzuwürgen, was bei unseren gekauften Medien problemlos möglich gewesen wäre. Wie auch immer, ich wünsch' ihm jedenfalls geruhsame Tage in seinem Häuschen in Ottakring, dort, wo seinerzeit "vom Hügel schlicht kam der Hauer Sang, da die Stadt noch nicht grau ins Grüne drang."
Ich empfehle, sich mit dem Denken von Friedrich Willhelm Raiffeisen zu beschäftigen
Kann es sein, daß es sich um einen ganz simplen Machtkampf handelt, bei dem er Josef Pröll Platz machen muß?
Der sollte doch schon lange im Raiffeisenkonzern untergebracht werden.
Der Onkel wird's scho richten!
Naja, vielleicht war Stepics nicht oft genug mit Konrad in Mariazell wallfahren- wahrscheinlich war das sein Fehler. Oder es ist, weil er über UBS veranlagt hat und nicht über Raiffeisen - oder beides.
Jedenfalls hat Raiffeisen eine sehr gewöhnungsbedürftige Unternehmenskultur. Das vor allem sieht man an der Art dieses Abgangs.
2012 war das internationale Jahr der Genossenschaften. Ein Höhepunkt war die dreitägige Internationale genossenschaftswissenschaftliche Tagung mit internationalen Topreferenten und hat stattgefunden in der Universität Wien. Professor Gmür von der Universität Freiburg/Schweiz hielt ein leidenschaftliches, ein vielbeachtetes Referat. Er bringt den Sinn, den Geist der Genossenschaft aus seiner Sicht auf den Punkt. Er definiert unter anderem die Genossenschaft, als typisches Schweizer Kulturgut nämlich mit der Steuerung von unten, statt der Herrschaft von oben.
Er postuliert außerdem: Wenn wirtschaftlicher Erfolg lediglich zu Wachstum genutzt wird, bedeutet dies oft den Verlust der genossenschaftlichen Idee. Und er nennt den Grund: Die Genossenschaftsidee ist untrennbar mit sinnlicher Überschaubarkeit verknüpft (im Gegensatz zur intellektuellen Überschaubarkeit).
Mit Raiffeisen und Schulze-Delitzsch hat die internationale Expansion der beiden ursprünglichen Genossenschaftsbanken Raiffeisen Bank und Volksbank absolut nichts mehr zu tun. Die Folgen kennen wir.
Ich werde ja den Verdacht nicht los, aber ich denke um Stepic ist nicht schad.
Das System Raiffeisen ist nicht im Blindflug, es ist nur im Sozialismus angekommen; nachdem es zusammen mit dem System Schulze-Delitzsch eigentlich der Hauptgegner der Linken war.
Nicht mehr die kleinen Raikas am Lande haben das Sagen, sonder die Manager im fernen Wien. In dieser Zentrale hätte man eigentlich nur diverse Clearing-, Revisions-, Konsortial- und Beratungsaufgaben haben sollen. Nun lacht uns aus Wien ein Monster, mit Filialen bis weit in den Osten, entgegen.
Einfach die RI auflösen und die RZB zurückschrumpfen, aber so mächtig wie diese sozialistischen Gutmenschen dort sind, bleibt dies wohl ein Traum.