Das Tagebuch kommt kaum mehr nach mit dem Aufarbeiten der konzentrierten Blödheit in Politik und Medien. Dennoch braucht es auch bisweilen Tage zum Durchatmen, also der Konzentration auf positive Dinge. Bei der nötigen Suchanstrengung findet man diese Dinge immer noch. Nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Ob es nun um das Erwachen des indischen Mittelstandes geht, um neuerdings sogar Recht sprechende chinesische Gerichte, um die Suche der amerikanischen Armee nach Gerechtigkeit, um die Entlarvung des modischen Akademikerfimmels, um die wachsende Anerkennung für das differenzierte Schulsystem, um neuen Mut der Wiener Wirtschaftskammer, um tricksende Fluglinien, oder um lesbische Möchtegern-Pflegeeltern.
Da ist es zum Beispiel wirklich eindrucksvoll und bewundernswert, wie in Indien so viele Bürger aufstehen und protestieren, damit nicht weiterhin Vergewaltigungen, selbst die allerbrutalsten, von Polizei, Politik und Justiz unter den Teppich gekehrt werden können. In Indien hat sich in den letzten Jahren (durch das Aufblühen der nun erlaubten Marktwirtschaft!) ein breiter Mittelstand entwickelt, der solche atavistischen Bräuche nicht mehr hinzunehmen bereit ist. Das soll man ohne Hochmut anerkennen. Auch unsere Kultur hat ja vom mythologischen Raub der Sabinerinnen bis zum Ius primae noctis eine üble einschlägige Vergangenheit. Die Entwicklung in Indien ist umso wichtiger, als es bald das größte und jedenfalls heute schon das weitaus jüngste Land unter den Großen dieser Welt ist (dass die Dinge im ethnisch gleichen Pakistan so ganz anders sind, liegt an der dortigen Retro-Religion, deren Abgesandte gerade in Wien vom hiesigen Bischof begeistert betreut werden. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte, die heute nicht dazupasst).
Ebenfalls bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Aufruf des Vizegouverneurs von New Delhi, dass Besitzer legaler Waffen auf den Straßen patrouillieren sollten, um vor allem nächtens bedrohten Frauen beizustehen. Dieser Aufruf erfolgt genau zu dem Zeitpunkt, da in Amerika (und bei unseren papierenen und elektronischen Boulevardmedien) jeder Waffenbesitz medial zum Schwerverbrechen hochgeschrieben wird. Zumindest in Indien, aber auch bei der Mehrheit der Amerikaner sieht man hingegen eine eindeutige Schutzfunktion legaler Waffen.
Auch aus dem – noch – einwohnerreichsten Land dieses Globus gibt es Lobenswertes zu berichten. Nämlich einen Prozess. Vor einem chinesischen Gericht hat sich die deutsche Firma Kärcher gegen einen chinesischen(!) Konkurrenten voll durchgesetzt. Der Prozessverlierer hatte das gemacht, was in China bisher weitgehend straflose Folklore gewesen ist: Er hat interessante westliche Produkte hemmungslos plagiiert. Nun aber hat zumindest dieser Richter einen wichtigen Schritt in Richtung einer rechtsstaatlichen Zukunft Chinas gesetzt. Ein ebenso bedeutender Schritt war fast gleichzeitig, dass China Nordkorea vor der UNO seinen (Veto-)Schutz entzogen hat. Diesen Schritten müssen freilich noch viele weitere folgen: von der Herstellung der Meinungsfreiheit über eine effiziente Bekämpfung der Korruption, über eine Autonomie der Tibetaner und Uiguren, bis zu einer Verbesserung der Umwelt, wobei es insbesondere um einen raschen Ersatz der luftverpestenden Kohlekraftwerke durch die einzige funktionierende Alternative gehen müsste: noch deutlich mehr Kernkraftwerke.
Ebenso bemerkenswert ist eine Entscheidung des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Es hat John Allen, den Oberbefehlshaber in Afghanistan, von allen Vorwürfen eines unangemessenen E-Mail-Verkehrs mit einer Frau eines anderen reingewaschen. Das ist besonders lobenswert nach der grauslichen Medienkampagne, die monatelang gegen Allen und diese Frau gelaufen ist (die ganz der in Mitteleuropa laufenden Kampagne gegen den Spitzenkandidaten der deutschen Freidemokraten gleicht). Die USA haben bewiesen: Man kann dem Druck der Medien auch widerstehen. Die widerliche Verletzung der Privatsphäre der Betroffenen kann freilich nicht mehr rückgängig gemacht werden. Und sollte eigentlich spürbare Konsequenzen haben.
Ebenso interessant ist noch eine weitere Entwicklung in den amerikanischen Streitkräften. Dort dürfen Frauen erstmals auch an vorderster Front kämpfen. Das eröffnet ihnen in halbwegs friedlichen Zeiten – und die haben wir, trotz der in Afghanistan und Irak getöteten 130 US-Soldatinnen, – gute Karrierechancen ohne den Quotenschmäh. Das ist die logische Folge des Geburtenrückganges und der sehr negativ gewordenen sozialen Auslese in der US-Armee. Diese neuen Rechte für die Frauen bedeuten aber natürlich auch, dass für sie künftig die genau gleichen körperlichen Hürden vor einer Aufnahme in solche Kampfeinheiten gelten müssen; denn im Kampf ist jede Einheit so schwach wie ihr schwächstes Glied. Da kann es keine Rücksichten auf ein (einst so bezeichnetes) schwaches Geschlecht geben. Das „Frauen an die Front“ wird nach einiger Zeit interessante Erfahrungswerte ergeben. Dabei ist es freilich durchaus möglich, dass dann gerade auf Grund dieser Erfahrungen die volle Gleichberechtigung auch in solchen Extremsituationen kritisch hinterfragt werden könnte. Oder eben auch nicht.
Zurück nach Europa. Da hat eine Studie der EU-Institution Eurofound Spannendes herausgefunden: In vielen europäischen Ländern sind zahllose junge Universitätsabsolventen auch noch lange nach der Ausbildung ohne jede Chance auf einen Job. Das ist zwar betrüblich, aber für die völlig verquere österreichische Bildungsdebatte eine wertvolle Erkenntnis: Denn linke OECD-Experten, österreichische „Qualitäts“-Zeitungen, Gendarmen als Landeshauptmann-Darsteller und Rot-Grün versuchen uns ja einzureden, wie gut es wäre, wenn wir noch ein paar Tausend Politologen, Publizisten, Literatur-Absolventen und Ähnliches hätten. Die Fakten zeigen jedoch: Der in diesen Kreisen modische Akademikerfimmel führt in eine absolute Sackgasse. Hingegen ist die Lage der Jungen am Arbeitsmarkt in jenen Regionen, die ein differenziertes Schulsystem, also keine Gesamtschule haben, viel besser. In Italien beispielsweise ist die Arbeitslosenrate unter Akademikern doppelt so hoch wie in Österreich die Arbeitslosenrate unter Absolventen einer Lehre. Diese sind im Gegensatz zu den Italienern, Griechen oder Spaniern bisher ohne den Fluch einer Gesamtschule aufgewachsen. Und gehen daher zweifellos in ein glücklicheres Leben.
Besonders erfreulich (auch wenn von Frau Schmied und Herrn Androsch krampfhaft verschwiegen) ist im gleichen Zusammenhang: Österreich wird derzeit von ausländischen Delegationen gestürmt, die das hiesige System der auf der Hauptschule aufbauenden Facharbeiterausbildung studieren und übernehmen wollen. Das Problem: Diese Fact-Finding-Emissäre werden in jenem Ministerium wie auch bei den ideologisch deformierten Bildungs-„Experten“ von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung nicht wirklich die volle Wahrheit hören. Dazu müssten sie beispielsweise in Österreichs Vorzeigebundesland Oberösterreich fahren, wo noch keine weltfremden Ideologen sitzen.
In anderen Zusammenhängen verdient auch die Wirtschaftskammer Lob. Zum einen gilt das deren Sozialpolitik-Experten: Diese produzieren regelmäßig ganz ausgezeichnete Studien mit harten Fakten, die nur einen Nachteil haben: Sie werden von den Medien ignoriert, weil sie nicht in die gängigen Vorurteile passen.
Zum anderen gilt dieses Lob der Wiener Kammer-Präsidentin Jank. Sie hatte einst von ihrem Vorgänger einen Verein übernommen, der zum Schoßhund des Rathaus-Machtwerks degeneriert war. Jetzt stellt Jank den bis ins letzte Frage-Detail manipulativen Skandal-Befragungen durch das Wiener Rathaus mutig eine eigene unter den Unternehmern gegenüber. Jank will die Handelsbetriebe in Wiens größter Einkaufsgegend fragen, ob sie die von Grün-Rot (also einer weltfremden Griechin und einem groggy und desinteressiert in den Seilen hängenden Bürgermeister) geplante Lahmlegung der Mariahilferstraße für sinnvoll finden, die ja in eine Fußgängerzone verwandelt werden soll. Das dürfte für die dortigen Unternehmen zur Katastrophe werden, über die sich nur die niederösterreichischen Einkaufszentren freuen können. Dennoch fährt das Rathaus über den größten Handelsmagneten Wiens drüber. Es befragt die wirklich Betroffenen trotz der gerade modischen Umfrageflut kein einziges Mal. Eigentlich müsste angesichts des explodierenden Stadt-Defizits und der alle anderen Bundesländer weit überragenden Arbeitslosigkeit als erste die Wiener Finanzstadträtin gegen die Mariahilferstraßen-Katastrophe protestieren. Die aber isst und küsst sich nach dem Motto „Hallöchen“ sehr lustig, aber an Sachfragen völlig desinteressiert durch die Landschaft (offenbar ist das die beste Strategie, um vielleicht doch noch Bürgermeister-Darstellerin werden zu können). Umso lauter ist die tapfere Initiative von Jank zu loben. Sie befragt übrigens die Unternehmer nicht nur zur Mariahilferstraße, sondern auch zu den Parkpickerln. Denn längst haben immer mehr Gewerbetreibende gespürt, dass in den Bezirken 13, 18 und 19 zwar ihre burgenländischen Friseurinnen weiter einen ganztägigen Gratisparkplatz haben, dass aber immer mehr Kunden ausbleiben, wenn sie angesichts völlig überparkter Straßenzüge nicht mehr zufahren können.
Zu loben sind diesmal auch zwei Urteile von Höchstgerichten. Der OGH hat einen miesen Trick der AUA verboten: Diese hatte Passagiere bisher mit einer zusätzlichen Gebühr bestraft, wenn sie trotz Buchung von Hin- und Rückflug nur einen Flug beansprucht haben. Das darf künftig nicht mehr sein. Dieses Urteil ist übrigens von der Tiroler Arbeiterkammer erfochten worden, womit diese zum ersten Mal seit langem ihre Lebensberechtigung bestätigt hat.
Ebenso anerkennenswert ist ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs, der zuletzt ja einige eher merkwürdige Sprüche beschlossen hatte. Der VfGH hat die Beschwerde eines lesbischen Paares aus Niederösterreich abgelehnt, das kein Pflegekind bekommen hat. Grundlage der Entscheidung ist das Wohl des Kindes. Das muss immer wieder festgehalten werden. Dieses Kind wächst in der nicht gerade landesüblichen Atmosphäre eines lesbischen Paares alles andere als problemfrei auf. In Wien freilich bekommen solche Paare durchaus Pflegekinder. Warum geht das dort? Weil das Opfer, also das Kind, ja kein Klagerecht hat.
Womit noch einmal gezeigt ist: Viele dieser hier aufgelisteten Dinge sind nur deshalb lobenswert, weil sie im Kontrast zu anderen, recht üblen Erscheinungen stehen.
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Wenn jetzt noch die Wiener ÖVP auf den Zug aufspringt, den die Wirtschaftskammer unter Frau Jank soeben auf Schiene stellt, dann könnte die nächste positive Nachricht durchaus lauten, daß diese Partei endlich wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich gibt.
Die wichtigste Signalwirkung geht allerdings von diesem VfGH-Urteil aus, lesbischen Paaren Pflegekinder zu verwehren, weil den sehr oft bereits leidgeprüften Kindern nun die Chance auf ein Aufwachsen in natürlicher Familienatmosphäre erhalten bleibt. Das nennt man gute Zukunftsaussichten!
Es ist eine edle Tat unseres Dr. Unterberger, (meist) am Sonntag auch positive Aspekte und Entwicklungen im Lande und in der Welt vor uns auszubreiten.
Es ist ja wirklich nicht alles schlecht, was rund um uns geschieht.
Aus der langen Liste: im Interesse unserer Jugend für die Beibehaltung des differenzierten Schulsystems zu kämpfen, ist ganz, ganz wichtig!
Und auch in der Justiz rühren sich da und dort Kräfte, die Hoffnungen auf eine unabhängigere und die Abseitigkeiten unserer Zeit nicht noch fördernde Justiz aufkeimen lassen!
Nun aber, in meiner Sonntags-Lyrik-Ecke, ein Gedichtl aus Weinhebers Bauernkalender " O Mensch, gib acht!"
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FEBRUAR
Die Dohlen überm Baumschlag schrein.
Es fegt der Wind den Himmel rein.
Der Schlitten schellt, das Tannicht rauscht,
die Magd aus stiller Kammer lauscht.
Der Knecht fährt mit dem Holz zu Tal,
viel Narren hat der Karneval!
Schon färbt sich rost der Haselstrauch,
am Fenster friert der Atemhauch.
Was Matheis und Sankt Peter macht,
das bleibt noch so durch vierzig Nacht.
Der Riegel knirscht --- o Heimlichkeit!
Jetzt ist der Frühling nicht mehr weit.
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Einen schönen Sonntag wünscht Ihnen
der Wertkonservative!
(mail to: gerhard@michler.at)
Aus logischen Gründen muß die Mehrheit von dem, was Tag für Tag, passiert positiv sein – sonst wäre die Menschheit schon lange ausgestorben.
Nur in der Endphase einer Gesellschaft häufen sich die Negativmeldungen und zwar mit exponentieller Geschwindigkeit. Diesen Punkt dürften wir erreicht haben.
Dies heißt aber nicht, daß heute alles viel schlimmer wäre als früher. Vielmehr fühlen sich immer mehr Menschen nicht wohl und sind daher nicht mehr gewillt 'kleine Ausrutscher' zu tolerieren.
Unglücklicherweise für unsere 'Eliten' haben sie es mit einem 'Unwohlsein' UND einer handfesten wirtschaftlichen Problematik zu tun – das geht nie lange gut.
Dass der Fokus jeglicher medialer Berichterstattung zumeist auf den Katastophen, Missständen und Gräueltaten liegt, ist allseits bekannt. So etwas verkauft sich schlichtweg besser. Umso erfreulicher erscheint diese sonntägliche Auszeit von Negativberichten in diesem Tagebuch, wenngleich ich auch annehme, dass es einiges an Recherche gebraucht hat, eine doch ganz beachtliche Anzahl von positiven Meldungen zusammenzutragen. Hierfür darf ich dem Verfasser auch ein ausdrückliches Lob aussprechen.
Sigmund Freund sagte ja seinerzeit schon so treffend: "Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos."
In diesem Sinne Ihnen allen einen schönen Sonntag.
OT: ich erlaube mir, wieder herzlich einzuladen zum zweiten Teil des astronomischen Referats »Der Kosmische Maßstab«, den ich am Montag, den 4.2. halten werde. Siehe Tipp: http://www.andreas-unterberger.at/Tipps-und-Hinweise/Vortraege-Diskussionen/460
Loben kann man auch die Österreichische Industriellenvereinigung, die mit Ihrem neuen Präsidenten Georg Kapsch einen sehr durchdachten und ernst zu nehmenden Vorschlag zu einer Steuerreform gemacht hat.
Wie überhaupt in diesem Hause am Schwarzenbergplatz ein frischer Wind eingezogen ist.
Tadeln muß man aber dagegen jene, die, aus welchen Gründen auch immer, dieses ignorieren.
Ist doch positiv zu wissen, warum unsere Volksvertreter ihre Karrierchancen durch kritisches Denken nicht zerstören wollen.
http://www.bild.de/politik/ausland/europaeische-union/mehr-netto-als-brutto-solche-gehaelter-gibt-es-nur-bei-der-eu-28353518.bild.html