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Bitterer Zucker

Wenn zu viel produziert wird oder wenn zu wenig nachgefragt wird, sinken die Preise. Wird umgekehrt zu wenig produziert – als Folge von Fehldispositionen, Missernten oder einer zunehmenden Nachfrage – dann steigen hingegen die Preise. Nicht so in der EU. Da steigen die Preise auch oft aus anderen Gründen. Wie etwa das Beispiel des Zuckers eklatant zeigt.

Dessen Preis ist auf dem Weltmarkt binnen vier Jahren auf fast das Doppelte gestiegen. Otto Normalverbraucher kann sich zwar seinen süßen Löffel in den Kaffee noch immer leisten. Die einschlägige Lebensmittelindustrie ist jedoch enorm ins Schleudern geraten. Sie steckt in der Zwickmühle: zwischen rapide teurer werdenden Rohstoffen einerseits und dem mächtigen Handel andererseits, der Preiserhöhungen seiner Lieferanten oft nicht akzeptiert. Die Schwedenbomben sind nicht die letzten, die deshalb explodieren.

Der Zuckerpreis steigt, weil sich europäische Bürokraten und Politiker in den Markt eingemischt haben. Das führt langfristig immer zu katastrophalen Ergebnissen. Wenn staatliche Planer etwas regulieren, geht es schief. Das hat sich an den Fünfjahresplänen der Kommunisten genauso gezeigt wie eben in der EU-Agrarpolitik. Selbst kluge und voller guter Absichten steckende Planer wissen nur einen Promilleteil dessen, was Millionen Konsumenten und Produzenten in Summe wissen. Diese können noch dazu ihre Erfahrungen täglich erweitern, vermehren und dabei auch ändern. Das sind eben die unschlagbaren Vorteile des Marktes. Aber das verstehen Planungsfetischisten einfach nicht. Sei es, weil sie sich für klüger halten; sei es, weil sie einfach nicht das Scheitern aller sozialistischer Ideen zugeben wollen.

Der Zuckerpreis in Europa steigt, obwohl die Produktion in Europa um zehn bis zwanzig Prozent über dem Bedarf liegt. Da müsste normalerweise zu einem Sinken der Preise führen. Jedoch: In der EU darf nur zu 85 Prozent europäischer Zucker verwendet werden. Der Rest muss aus den Entwicklungsländern kommen. Dort aber wird nicht genug produziert. Ursachen ist die Nachfrage aus China ebenso wie die Lukrativität der Herstellung von Biosprit. Das katapultiert auf dem Weltmarkt die Zuckerpreise in die Höhe. Dennoch wird am Schluss die Arbeiterkammer die Gier der Lebensmittelindustrie attackieren.

Das alles ist ein typischer Fall von gut gemeint und ganz schlecht geglückt. Entwicklungshilfe durch Agrarquoten ist einfach dumm. In Wahrheit wäre für die Dritte Welt das Gegenteil hilfreich: der gänzliche Verzicht auf EU-Quoten, Handelsbeschränkungen und Landwirtschafts-Subventionen. Dann könnte die Landwirtschaft der Dritten Welt das produzieren und exportieren, was Europas Verbraucher jeweils wirklich wollen. Und diese müssten weniger für Lebensmittel und für Entwicklungshilfe zahlen.

Der Zuckerflop hält die EU dennoch nicht ab, sich weiterhin mit Regulierungen und Quoten in die normale – aber eben nie ganz vorhersehbare – Entwicklung von Angebot und Nachfrage einzumischen. Die Agrar-Quoten bleiben. Und am Arbeitsmarkt ist man sogar gerade dabei, sie einzuführen.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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